Klimaforscher: Klimawandel hat auch Deutschland fest im Griff – „Die Welt muss handeln“
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Laut Klimaforschern zeige die diesjährige Flutkatastrophe, dass der Klimawandel auch Deutschland fest im Griff habe. Bild: Autos stehen auf der überfluteten Bundesstraße 265 im Wasser (Erftstadt, Nordrhein-Westfalen).
© Quelle: Marius Becker/dpa
Hamburg. Der fortschreitende Klimawandel gefährdet Experten zufolge die Menschheit. „Wir verlassen gerade den klimatischen Wohlfühlbereich“, sagte der Kieler Klimaforscher Mojib Latif vor der Eröffnung des 11. Extrem-Wetter-Kongresses am Mittwoch in Hamburg. Er warnte vor einer „lebensfeindlichen Welt“, wenn die Menschen weiter auf eine globale Erwärmung von drei Grad zusteuerten. Der Hitzesommer 2018, der Temperaturrekord von 41,2 Celsius in 2019 und die diesjährige Flutkatastrophe zeigten, dass der Klimawandel auch Deutschland fest im Griff habe. „Die Welt muss handeln“, sagte Latif. Bis Freitag (24. September) diskutieren Wissenschaftlerinnen und Experten auf dem Kongress mit Vertreterinnen und Vertretern aus Gesellschaft, Medien, Kultur, Wirtschaft und Politik über die neuesten Erkenntnisse der Klimaforschung.
Folgen der Klimaveränderung dämpfen
Ein neues Faktenpapier des Deutschen Wetterdienstes belegt, dass die gegenwärtige globale Erwärmung in Deutschland sogar stärker wirkt als im globalen Mittel. Während die globale Temperatur im linearen Trend um etwa 1,1 Grad über der Zeit von 1881 bis 1910 liegt, sind es in Deutschland fast 1,6 Grad. Das Faktenpapier zeigt zudem, dass die Menge der Niederschläge beim Ahr-Hochwasser im Juli mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne Klimawandel deutlich geringer ausgefallen wäre. Ebenso sieht es eine Zunahme von Hitzewellen und Dürren. „Aber wir haben noch eine Chance, die drohenden Folgen der Klimaveränderung zumindest zu dämpfen“, sagte Tobias Fuchs vom Deutschen Wetterdienst.
Allein die rasche Reduktion von kurzlebigen, klimawirksamen Stoffen wie Methan und Ruß könne bis zum Ende des Jahrhunderts eine Erwärmung um 0,8 Grad verhindern, sagte die Vorstandsvorsitzende des Deutschen Klimakonsortium (DKK), Astrid Kiendler-Scharr. „Das würde entscheidend zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens beitragen und sich zudem positiv auf die Luftqualität auswirken.“ Natürlich sei aber auch eine deutliche Reduzierung des CO2-Ausstoßes notwendig.
Entwicklungen im Klimasystem angehen
Die Experten sind sich einig, dass der Mensch Treiber des Klimawandels ist. Klimawandel habe es zwar immer schon gegeben, aber nicht so schnell, sagte der Meteorologe und Fernsehmoderator Sven Plöger. „Wir erleben in 30 Jahren Veränderungen, für die die Natur allein 100 Jahre bräuchte“, so Plöger. Er plädiert allerdings dafür, die Berichterstattung über den Klimawandel positiver zu gestalten. „Die Klimakommunikation muss unsere Chancen voranstellen und nicht die Angst vor einer Apokalypse befeuern.“ Die Menschen würden sonst den Mut verlieren und glauben, nichts erreichen zu können, so Plöger.
Die zu erwartenden Entwicklungen im Klimasystem seien für die Menschheit beherrschbar, müssten nun aber dringend angegangen werden, sagte Frank Böttcher von der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft. Er sieht bei vielen Unternehmen bereits eine größere klima- und umweltfreundlichere Entwicklung als in der Politik. „Die neue Bundesregierung wird hier nicht nur aufholen müssen. Sie muss den Unternehmen, die den Transformationsprozess vorantreiben, auch die noch vorhandenen Wettbewerbsnachteile nehmen“, so Böttcher.
RND/epd