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Hier isst Europa spitze: Zu Gast im besten Restaurant des Kontinents

Starkoch Björn Frantzén

Starkoch Björn Frantzén

Die Erwartungen waren höher als das fingerbreite Häuflein aus schwarzen Trüffeln auf dem knusprigen Toast, das im Stockholmer Drei-Sterne-Restaurant Frantzén serviert wird. Eineinhalb Jahre hat es gedauert, um dort (in der Vor-Corona-Zeit) einen Tisch zu bekommen. Wer in einem internationalen Gourmetrestaurant speisen möchte, der braucht heutzutage einen schnellen Internetzugang und eine große Portion Glück, wenn der nächste Reservierungszeitraum freigeschaltet wird.

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Für das Frantzén gelten besonders hohe Hürden – denn es zählt zu den besten Restaurants der Welt und wurde diese Woche nach 2019 erneut auf den ersten Platz der Liste der besten europäischen Restaurants des Portals “Opinionated About Dining” (OAD) gesetzt. Küchenchef Björn Frantzén gilt gar als Superstar der europäischen Restaurantszene. Ob Gastrokritiker, Kulinariker oder renommierte Spitzenköche – ausnahmslos alle sind sich einig, dass das Frantzén herausragend ist. Warum? Die Begründungen sind vielfältig.

Zum einen zeichnet sich das Restaurant dadurch aus, dass dort weder eine experimentelle Laborküche gepflegt noch eine verrückte Show inszeniert wird, etwa mit multimedialer Dolby-Surround-Brandung zu Meeresfrüchten. Stattdessen erzähle das Frantzén die Geschichte des perfekten Geschmacks, loben Fans. Und das liegt vor allem am Küchenchef, dem selbst Konkurrenten bescheinigen, dass das Besondere seiner Kochkunst in der Einfachheit seiner Gerichte liege.

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Björn Frantzén, Jahrgang 1977, wollte ursprünglich Profifußballspieler werden. Doch bereits im Alter von 19 Jahren musste er seine Karriere wegen einer Verletzung beenden. Eher aus der Not heraus begann er eine Kochlehre in einem Stockholmer Sternerestaurant, wo er schnell sein Talent entdeckte.

Er absolvierte ein paar Stationen bei namhaften Küchenchefs. 2008 machte er sich selbstständig. Sein Kochstil war damals noch vorwiegend französisch geprägt. Eine Reise nach Japan brachte ihn in Kontakt mit der asiatischen Küche. Das trug zur Festigung seiner eigenen, besonderen Handschrift bei: das virtuose Arbeiten mit französischen, nordischen und japanischen Techniken, Ideen und Produkten.

2017 zog Frantzén mit seinem zu diesem Zeitpunkt bereits mit zwei Sternen ausgezeichneten Restaurant in ein Stadthaus im Zentrum der schwedischen Hauptstadt, nur ein Jahr später folgte der dritte Stern. Auf der Liste der 50 besten Restaurants der Welt rückte das Frantzén auf Platz 21 vor.

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Doch was wird im Frantzén geboten? Die Gäste erwartet auf drei Etagen eine regelrechte Performance, durchdacht vom ersten Augenblick an, wenn man in der Lobby mit einem freundlichen Small Talk in Empfang genommen wird.

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Mit dem Fahrstuhl geht es unter das Dach in eine Empfangslounge, die einem edlen Wohnzimmer gleicht: Sessel, Sofas, Teppichböden, hölzerne Wandvertäfelung, gekachelter Kamin. Und eine Kühlwanne voll edler Lebensmittel. Was während des Aperitifs geboten wird, ist nicht weniger als eine Leistungsschau der Waren, die im Laufe des Menüs serviert werden.

Es wird schwarz schillernden Kaviar aus China geben, spanische Trüffeln und schwedischen Damhirsch, außerdem Kaisergranat oder handgetauchte Jakobsmuscheln aus Norwegen, Dänemark oder Schottland – nur das Beste vom Besten.

Kreation von Starkoch Björn Frantzén

Kreation von Starkoch Björn Frantzén

Entsprechend kostspielig ist das Menü: 330 Euro. Die Weinbegleitung schlägt mit 240 Euro zu Buche. Dabei kommen Tropfen wie ein Corton-Charlemagne Grand Cru von Antonin Guyon oder ein Hermitage Le Petit Chapelle von Paul Jaboulet Aîné ins Glas. Und wer sich beim Aperitif zu einem Gläschen Prestige-Champagner Pol Roger Winston Churchill aus dem Jahr 2006 hinreißen lässt, bucht prompt noch einmal 90 Euro auf die Endrechnung drauf. Das ist happig. Doch immerhin wird vom Serviceteam beharrlich nachgeschenkt. Immer und immer wieder – bis man nicht mehr wegen des Preises schluckt, sondern wegen dieser großzügigen Verschwendungssucht.

Ein Stock tiefer sitzen die Gäste am Tresen um die offene Küche herum und bekommen alles andere als Experimental- oder Designfood vorgesetzt, wie es in manch anderem gehobenen Lokal der Fall ist. Frantzén holt mit seinen Kreationen seine Gäste ab. Seine Geschmacksbilder haben im Grundgerüst meist eine Süffigkeit, die schon beim ersten Bissen vereinnahmt, erst danach eröffnet sich ein hochkomplexes Spiel aus Zutaten, Texturen und Nuancen.

Zuträglich ist diesem Stil auch die Art und Weise des Anrichtens. Die Gerichte kommen nicht in vielen Komponenten auf den Teller, die der Gast sich nach eigenem Gusto zusammenbauen muss. Vielmehr stapeln die Köche die Zutaten gerne und arbeiten viel mit Löffelgerichten, sodass alles so im Mund landet, wie es der Gast will.

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Kreation von Starkoch Björn Frantzén

Kreation von Starkoch Björn Frantzén

Bei der Tranche Steinbutt in einer fein säuerlichen, buttrigen Soße und dazu einer üppigen Haube des Hausmarkenkaviars ist das Geschmacksbild zwar nicht neu, der Clou ist allerdings der trocken gereifte Edelfisch selbst. Aroma und Festigkeit haben sich etwas verdichtet, das Fleisch erinnert im Biss fast an zartes Kalbsfilet, muss also etwas länger gekaut werden und kann sich so auf magische Weise langsam neben dem Meeresaroma des Kaviars entfalten. Eine große Nocke Forellenkaviar bettet Frantzén in einen cremig-warmen japanischen Eierstich, dazu gibt es würzige Schweinebrühe, Stückchen vom Aal, warme Raucharomen. Jedes Gericht ist ein weiteres Übertrumpfen des vorangegangenen.

Den schwarzen Trüffel stapelt das Küchenteam drei Fingerbreit hoch auf den French Toast Grand Tradition 2008, und spätestens jetzt wird dem Gast klar: Nichts an den Lobeshymnen auf diese Küche war und ist gelogen, nichts übertrieben. Worüber man sich als Gast jedoch auch im Klaren sein muss, ist das leise Bedauern, das einen ereilt, wenn man nach sechs Stunden absoluter Genussfreude in diesem außergewöhnlichen Restaurant wieder auf der Straße steht und sich fragt, wie es noch eine Steigerung geben soll.

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