Papa-Blogger Heiner Fischer: „Wenn wir neue Väter fordern, müssen wir auch neue Mütter fordern“

Papa-Blogger Heiner Fischer ist selbst oft mit seinen Kindern auf dem Spielzplatz unterwegs.

Papa-Blogger Heiner Fischer ist selbst oft mit seinen Kindern auf dem Spielzplatz unterwegs.

Heutige Väter wollen sich mehr einbringen. Aber ihnen fehlen Vorbilder. Das ist einer der Gründe, die Coach Heiner Fischer nennt, die aktive Vaterschaft erschwert. Unter dem Hashtag #vaterschaftistmehr sammelt der Papa-Blogger Plädoyers von Männern, die sich zu gleichen Teilen ins Team Elternschaft einbringen. Im Interview erklärt der 37-Jährige, warum Väter heute mehr als Geldverdiener oder Spielplatzhelden sind und welche Vorteile sie als aktive Väter haben – auch für ihre eigene Gesundheit.

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Vaterschaft ist mehr, das ist der Titel Ihrer Vatertagsaktion. Worum geht es Ihnen genau?

Die Aktion soll aktive Väter sichtbarer zu machen. Denn Vaterschaft ist mehr, als für das Familieneinkommen verantwortlich zu sein. Es ist mehr, als am Wochenende ein paar Stunden Zeit mit den Kindern zu verbringen. Vater zu sein ist auch mehr als Bratwurst, Bier und Bollerwagen. Wir wollen die positiven Seiten von Vaterschaft sichtbar machen; und zwar als gleichberechtigten Teil von Elternschaft. Mütter und Frauen fordern ja zu Recht, dass sie mental Load abgeben, also die Zuständigkeit der Sorge- und Gefühlsarbeit. Und hier fordern wir Väter jetzt, dass wir die auch übernehmen dürfen.

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Was genau zeichnet den aktiven Vater aus?

Die innere Motivation: Ich habe mich ganz bewusst dafür entschieden, nicht einfach nur ein Anhängsel der Familie zu sein. Ich will nicht, dass meine Frau das Gefühl hat, neben ihren Kindern noch ein erwachsenes Kind zu haben. Weil der Partner keine Ahnung hat und nicht involviert ist in die Elternschaft.

Ich will nicht, dass meine Frau das Gefühl hat, neben ihren Kindern noch ein erwachsenes Kind zu haben.

Aktive Väter sind präsente Partner. Wir sind interessiert und verbringen selbstverständlich Zeit mit unseren Kindern. Wir kennen den Namen des Kinderarztes und die Namen der Freunde unserer Kinder. Wir können unsere Kinder emotional begleiten. Und wir sind gleichberechtigt im Team Eltern.

Fehlen heutigen Vätern die Vorbilder?

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Auf jeden Fall! Ich leite in Krefeld einen Gesprächskreis für Väter. Die meisten berichten, dass sie froh sind, endliche eine Gruppe zu haben, in der sie sich über ihre Vaterrolle austauschen können. Sie haben oft keine sichtbaren Vorbilder in ihrer Umgebung. Unsere eigenen Väter waren ja viel auf der Arbeit und zu Hause kaum sichtbar.

Was hindert Väter noch daran, sich einzubringen?

Das sind die Glaubenssätze, mit denen die Väter großgeworden sind. Also diese Männlichkeitsanforderungen stark zu sein, Karriere zu machen, in Competition zu gehen mit anderen Männern.

Viele reagieren dann so, wie sie es gelernt haben: nämlich mit Abwesenheit.

Wird ein Kind geboren, geraten Väter oft in eine Identitätskrise. Denn Männer wissen zunächst gar nicht, was Vatersein überhaupt ist. Sie sind auf einmal in einem inneren Kampf zwischen den gesellschaftlichen Anforderungen und denen, die die Frauen an sie stellen. Also einfühlsam zu sein, liebevoll zu sein, zu Hause zu sein, bei den Kindern zu sein, involviert zu sein.

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Viele reagieren dann so, wie sie es gelernt haben: nämlich mit Abwesenheit. Sie wollen zwar Zeit mit der Familie, fühlen sich aber auch nicht zuständig und ziehen sich dann auf die Arbeit zurück.

Wie sie sich als Vater verhalten, liegt also auch daran, wie Männer selbst aufgewachsen sind?

Ja, dieses Männlichkeitsideal spielt eine Rolle. Der Mann muss stark sein, muskelbepackt. Das sehen wir auch in der Musik, in der Kunst. Das fängt auf dem Schulhof an, dass Männer in ihre Rollenstereotype reingedrängt werden. Die ganze männliche Sozialisation ist auch sehr gewaltvoll. Etwa die Sprache: Du wirst als Schwuchtel bezeichnet, wenn du weinst, wenn du schwach bist. Solche Gefühle werden Frauen zugesprochen. Männer dürfen das nicht. Das Aufzubrechen ist unglaublich schwer.

Tradierte Geschlechtsnormen sollten in Frage gestellt werden, meint Prof. Dr. Michael Meuser.

Tradierte Geschlechtsnormen sollten in Frage gestellt werden, meint Prof. Dr. Michael Meuser.

Es heißt, viele Männer wollen mehr Zeit mit der Familie verbringen. Trotzdem gehen sie kaum in Elternzeit, trotzdem arbeiten sie mehr. Ist das Wollen an vielen Stellen noch nicht groß genug?

Tatsächlich wollen 80 Prozent der Männer mehr Zeit mit der Familie verbringen. Schaffen tun es aber nur 26 Prozent. Das zeigen die Statistiken aus dem Väterreport 2018 von der Bundesregierung. Ein Teil der Realität ist auch der, dass Männer auch diskriminiert werden aufgrund des Merkmales Elternschaft.

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Da muss ein großer Ruck durch Unternehmen gehen! Die meisten Männer sind ja nicht Führungskräfte geworden, weil sie viel zu Hause waren – oder weil sie sich um ihre Eltern oder ihre Kinder gekümmert haben.

Männer haben oft größere Hürden, Elternzeiten anzusprechen, weil Führungskräfte in den Unternehmen das Thema Familie immer noch mit Frauen gleichsetzen. Da muss ein großer Ruck durch Unternehmen gehen! Die meisten Männer sind ja nicht Führungskräfte geworden, weil sie viel zu Hause waren – oder weil sie sich um ihre Eltern oder ihre Kinder gekümmert haben. Jetzt kommt da ein Mann im gleichen Alter und will es plötzlich anders machen. Der will sich kümmern. Das ist Spiegelverhalten gegenüber der Führungskraft. Und das kann schmerzhaft sein.

Aktive Vaterschaft ist also auch mit Auseinandersetzungen verbunden. Trotzdem hat es vor allem Vorteile, ein aktiver Vater zu sein?

Unbedingt. Erst einmal schon wegen der Beziehung und der Bindung zu den eigenen Kindern. Dann die Fürsorgekompetenz: Also zu wissen, dass ich ein Kind emotional begleiten kann. Ich fühle mich darin kompetent, ich erlebe eine höhere Selbstwirksamkeit. Man ist als aktiver Vater auch gesünder.

Man ist als aktiver Vater auch gesünder.

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Der Hormonhaushalt ändert sich beim Mann genauso wie bei der Frau, wenn er bei den Kindern präsent ist. Der Testosteronspiegel sinkt und das führt zu einer höheren Gesundhaltung des Mannes. Denn er ist nicht mehr so gestresst. Männer, die involviert sind, leben glücklichere Beziehungen, die fühlen sich nicht als Anhängsel. Sie sind nicht Statist, sondern sie sind Hauptdarsteller in ihrem eigenen Leben.

Und wie steht es im Job: Überwiegen hier die Nachteile oder sehen Sie ebenso vor allem Vorteile?

Auch hier können aktive Väter viele neue Kompetenzen einbringen. Stresskompetenz etwa, Führungs- und Organisationskompetenz sowie Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden — das gelingt Männern besser, wenn sie sich in ihrer Vaterrolle einbringen. Aus Studien wissen wir, dass Menschen, die in Teilzeit arbeiten, effektiver arbeiten als in Vollzeit, weil sie sich in der knappen Zeit besser organisieren können.

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Aktive Vaterschaft geht also ohne Einbußen im Job?

Na ja, schauen wir erst einmal auf die Frauen: Die waren noch nie so gut ausgebildet und finanziell unabhängig wie heute. Erst mit der Geburt der Kinder rutschen sie in das traditionelle Ein-Verdiener-Modell der Sechziger Jahre zurück. Dabei wollen viele Frauen zurück in den Job. Das geht nur, wenn der Mann auch seinen Teil der Care-Arbeit übernimmt.

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Wer sich zu Hause einbringt, lernt, sich nicht so wichtig zu nehmen.

Und ja, für die Männer lohnt es sich eben auch, nur anders. Wer sich zu Hause einbringt, lernt, sich nicht so wichtig zu nehmen. Und das heißt auch, in Sachen Karriere vielleicht mal zurückzustecken, etwas von den Privilegien der Männer abgeben zu müssen. Das tut an einigen Stellen weh, finanziell und vom Status her. Aber das Gefühl unmännlich zu sein, weil man zu Hause ist, das müssen wir überwinden. Dazu braucht es aber auch die Partnerin, die diesen Schritt unterstützt. Wenn wir neue Väter fordern, dann müssen wir auch neue Mütter fordern.

Mütter müssen also mehr finanzielle Verantwortung übernehmen und Kompetenzen abgeben?

Ja, Frauen müssen etwas vom Mental Load und Männer etwas vom Financial Load abgeben.

Aber das Gefühl unmännlich zu sein, weil man zu Hause ist, das müssen wir überwinden.

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Sich alle Lasten zu teilen könnte aber auch sehr anstrengend werden.

Ja klar, aber fragen Sie doch mal die Frauen! Im Moment tragen sie ja allein die Hauptlast der Sorgearbeit. Wie schön wäre es, wenn die Männer einen Teil davon übernehmen und die Frauen dadurch entlastet werden. Und genau das macht die Elternschaft doch aus!

Was ärgert Sie mehr: Männer, die nichts mit aktiver Vaterschaft anfangen können, oder Väter, die sich als Superdads auf social Media inszenieren, aber inhaltlich überhaupt nichts beizutragen haben?

Das ist eine gute Frage … Es ist ja erst einmal eine positive Entwicklung, dass Väter in Elternzeit gehen und in ihrer Vaterschaft auch sichtbar sind. Wenn sich jetzt Väter nicht verantwortlich fühlen, dann steht mir das nicht zu, darüber zu urteilen. Ich kann sie höchstens ermutigen, die Vorteile aktiver Vaterschaft zu sehen. Es gibt aber die perfekte Vaterschaft genauso wenig, wie es die perfekte Mutterschaft gibt. Aktive Vaterschaft ist keine Schablone, die man einfach über Väter drüber stülpen kann.

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