Hohe Temperaturen und wenig Wasser

Klimawandel: Naher Osten leidet besonders unter den Auswirkungen

Die Temperaturen sind im Nahen Osten in den vergangenen drei Jahrzehnten bei weitem stärker angestiegen als im Weltdurchschnitt. Bild: Ein palästinensisches Kind nimmt während einer Hitzewelle im Lager Nahr al-Bared, Khan Yunis (Palästinensische Autonomiegebiete) ein Bad in einer Plastikschüssel vor einem Haus aus Blech.

Die Temperaturen sind im Nahen Osten in den vergangenen drei Jahrzehnten bei weitem stärker angestiegen als im Weltdurchschnitt. Bild: Ein palästinensisches Kind nimmt während einer Hitzewelle im Lager Nahr al-Bared, Khan Yunis (Palästinensische Autonomiegebiete) ein Bad in einer Plastikschüssel vor einem Haus aus Blech.

Kairo. Die Temperaturen sind im Nahen Osten in den vergangenen drei Jahrzehnten bei weitem stärker angestiegen als im Weltdurchschnitt. Die Niederschläge haben sich verringert, und Fachleute erwarten, dass Dürreperioden häufiger und ernster werden. Die Region zählt zu jenen auf der Erde, die der Klimawandel besonders hart trifft - und die Auswirkungen sind bereits sichtbar.

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Im Irak sind Sandstürme intensiver geworden, haben dieses Jahr wiederholt Städte erstickt, das Geschäftsleben lahmgelegt und Tausende Menschen ins Krankenhaus gebracht. Steigender Salzgehalt im Boden lässt wichtiges Agrarland in Ägyptens Nildelta schrumpfen. In Afghanistan hat die Dürre junge Leute dazu gebracht, ihre Dörfer zu verlassen und woanders Arbeit zu suchen. In den vergangenen Wochen ist die Temperatur in einigen Teilen der Region auf über 50 Grad gestiegen.

Initiativen für saubere Energien verstärken

So sind sich die Regierungen im Nahen Osten denn auch zunehmend der Gefahren des Klimawandels bewusst geworden - besonders der wirtschaftlichen Schäden, die er bereits angerichtet hat. „Wir haben die Auswirkungen direkt vor unseren Augen (...) Diese Folgen sind nicht etwas, das uns in neun oder zehn Jahren treffen wird“, sagt Lama El Hatow, eine auf Nahost und Nordafrika spezialisierte Beraterin auf dem Gebiet Klima und Umwelt. Immer mehr Staaten würden erkennen, dass es notwendig sei zu handeln.

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Ägypten, Marokko und andere Länder in der Region haben beispielsweise ihre Initiativen für saubere Energien verstärkt. Eine weitere Priorität hat es für sie, mehr internationale finanzielle Unterstützung zu erhalten, um mit den spürbaren Folgen des Klimawandels fertig zu werden. Impulse erhoffen sie sich von der diesjährigen UN-Klimakonferenz, bekannt als COP27, die im November in Ägypten stattfindet und die Region ins Rampenlicht rückt.

Arbeitsbeschaffung hat Vorrang vor Klimaschutz

Ein Grund für die besondere Verwundbarkeit des Nahen Ostens liegt darin, dass es dort einfach nicht genügend Spielräume gibt, um Millionen Menschen vor den Folgen der Klimaerwärmung zu schützen. In der Region sind die Temperaturen bereits unter normalen Bedingungen hoch und die Wasserressourcen begrenzt.

Nahost-Regierungen sind auch in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, sich den Herausforderungen anzupassen, wie der Internationale Währungsfonds unlängst in einem Bericht hervorhob. Wirtschaft und Infrastruktur sind schwach, Regulierungen werden oft nicht in der Praxis durchgesetzt. Es herrscht verbreitet Armut, und somit erhält die Arbeitsbeschaffung Vorrang vor dem Klimaschutz.

Studie über verursachte Schäden: Klimawandel kostet Deutschland jährlich Milliarden
Nach dem Jahrhunderthochwasser in der Eifel durch heftige Regenfälle und Dauerregen mit Überschwemmungen und Überflutungen haben die Aufräumarbeiten im Ahrtal begonnen. Einheiten von Polizei, THW, Bundeswehr und Feuerwehr mitsamt vielen freiwilligen Helfern räumen Straßen, entfernen Schutt und Schlamm und versorgen die Menschen. Im Bild Häuser und Treibgut in der Ortschaft Rech, in der die Flut viele Häuser zerstörte, 22.07.2021 *** After the flood of the century in the Eifel due to heavy rainfall and continuous rain with flooding, the clean-up work in the Ahr valley has begun Units of the police, THW, German Federal Armed Forces and fire brigade together with many volunteers clear roads, remove debris and mud and provide for the p Foto:xC.xHardtx/xFuturexImage

Der vom Menschen verursachte Klimawandel hat in Deutschland seit 2000 jährlich durchschnittliche Schäden von 6,6 Milliarden Euro verursacht.

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Nasa: Schlimmste Trockenheit seit 900 Jahren

Die Bedrohungen sind mehr als ernst. Mit zunehmender Erwärmung und Trockenheit könnten sich die Ernteerzeugnisse im Nahen Osten bis 2025 um 30 Prozent verringern, wie die UN warnen. Der Weltbank zufolge ist zu erwarten, dass die Region bis 2050 aufgrund von Wasserknappheit 6 bis 14 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts verlieren wird. In Ägypten hätten sich die Niederschläge in den vergangenen 30 Jahren bereits um 22 Prozent verringert.

Die östliche Mittelmeerregion hat laut der Nasa kürzlich die schlimmsten Trockenheit seit 900 Jahren erlebt, ein schwerer Schlag für Länder wie Syrien und den Libanon, deren Landwirtschaft vom Regen abhängt. Der Wasserbedarf in Jordanien und den Ländern am Persischen Golf strapaziert das Grundwasser auf das Äußerste, und im Irak hat die zunehmende Trockenheit zu mehr Sandstürmen geführt. Zugleich werden aufgrund der Wasser- und Lufterwärmung zerstörerische Wetterereignisse häufiger, so tödliche Überflutungen, wie sie der Sudan und Afghanistan wiederholt erlebten.

Spannungen durch Anstieg der Arbeitslosigkeit

Die Klimaschäden haben auch potenziell gefährliche soziale Auswirkungen. Viele der Menschen, die ihren Lebensunterhalt in der Landwirtschaft oder im Tourismus verdient haben und ihn dann verlieren, werden in die Städte ziehen, um einen Job zu suchen, wie Karim Elgendy von der britischen Denkfabrik Chatham House sagt. Das werde wahrscheinlich dort einen Anstieg der Arbeitslosigkeit verursachen und die sozialen Sicherungsnetze strapazieren, was wiederum zu verstärkten Spannungen führen könnte.

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Die Infrastruktur und die Wirtschaft so anzupassen, dass die Schäden bewältigt werden können, wird enorm teuer werden und Kosten verursachen, die in den nächsten zehn Jahren pro Jahr etwa 3,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes der Region entsprechen, wie der IWF schätzt. Die Ausgaben erstrecken sich auf viele Bereiche, von der Schaffung effizienterer Wassernutzungssysteme und neuer Anbaumethoden über Schutzmaßnahmen an den Küsten bis hin zur Verstärkung der sozialen Absicherung.

Klimakonferenz: Umsetzen von Verpflichtungen

Vor diesem Hintergrund wollen Entwicklungsländer nicht nur im Nahen Osten die USA, Europa und andere wohlhabende Staaten bei der diesjährigen UN-Klimakonferenz dazu drängen, ihre Langzeit-Versprechen einzulösen, ihnen mit Milliardensummen für Klimamaßnahmen unter die Arme zu greifen. Bislang ist das unzureichend geschehen. Hinzu kommt, dass das meiste Geld, das zur Verfügung gestellt wurde, an ärmere Länder ging, um diesen bei der Verringerung von Treibhausgas-Emissionen zu helfen - für „Mitigation“, wie es in der UN-Terminologie heißt, also Schadensminderung, anstatt von „Adaption“, Anpassung.

Insgesamt wird es bei der Klimakonferenz vorrangig um das Umsetzen von Verpflichtungen gehen, wie UN-Vertreter, die ägyptischen Gastgeber und Klima-Aktivisten sagen. So sollen Länder darlegen, wie sie ihre versprochenen Ziele zur Emissionsverringerungen erreichen wollen - und sich vielleicht auf sogar noch weitere Einschnitte festlegen.

Notwendigkeit von Emissionsverringerungen

Allerdings drohen jüngste Weltereignisse die Bemühungen um wesentliche Fortschritte zurückzuwerfen. So haben der globale Anstieg der Energiepreise und der Krieg in der Ukraine mit westlichen Sanktionen gegen den Öl-und Gaslieferanten Russland manche europäische Länder veranlasst, sich zumindest vorläufig wieder der Kohle zuzuwenden. Hartnäckige Inflation und die Möglichkeit einer Rezession könnten Topstaaten auch zögern lassen, finanzielle Verpflichtungen in Sachen Klima einzugehen.

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Internationale Vertreter betonen oft die Notwendigkeit von Emissionsverringerungen. Aber El Hatow sagt, man dürfe eines nicht vergessen: Staaten in Afrika, Nahost und andere Entwicklungsländer hätten nicht wesentlich zum Klimawandel beigetragen - aber am schwersten unter ihm zu leiden.

RND/AP

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