Fidschianische Insel Serua

In der „Klimastarre“: Ihre Heimat geht unter, trotzdem wollen sie bleiben

Fidschi hebt die Quarantänepflicht für zweifach geimpfte Urlauber auf.

Fidschis Hauptinsel Viti Levu.

In vielen Inselgruppen im Pazifik schlägt der Klimawandel schon heute zu: Kiribati, Tokelau oder die Fidschi-Inseln kämpfen gegen den steigenden Meeresspiegel. Auf Fidschi hat die Regierung rund 800 Gemeinden identifiziert, die wegen der Folgen des Klimawandels möglicherweise umziehen müssen. Sechs Gemeinden wurden bereits verlegt.

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Je weiter der Klimawandel voranschreitet, desto größer sind die Folgen. Selbst bei einem sofortigen Stopp des Ausstoßes von Treib­haus­gasen würde beispielsweise das Abschmelzen des Grön­ländischen Eisschilds den weltweiten Meeresspiegel noch um gut 27 Zentimeter steigen lassen, zeigte im vergangenen Jahr eine Studie. Der Mensch muss sich an diese Veränderungen anpassen. Reichen hohe Seemauern und andere Maßnahmen nicht mehr aus, bleibt notfalls nur die Umsiedlung.

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Kein Umzug trotz schwerer Klimaschäden

Doch Forscherinnen mehrerer australischer Universitäten haben im Rahmen einer Studie nun ein Phänomen identifiziert, das sie als sogenannte Voluntary Immobility bezeichnen, also als eine freiwillige Immobilität. Gemeint ist damit, dass Menschen selbst an Orten, an denen eine Umsiedlung als letztes Mittel vorgeschlagen wird, es möglicherweise vorziehen zu bleiben.

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Ein Beispiel ist das Dorf auf der fidschianischen Insel Serua: Küstenerosion und Überschwemmungen haben es in den vergangenen zwei Jahrzehnten schwer beschädigt. Häuser wurden unter Wasser gesetzt, Meerwasser hat die Nutzpflanzen verdorben, und der Deich wurde zerstört, wie die Forscherinnen in einem Artikel für „The Conversation“ beschreiben. Trotzdem hätten sich fast alle Bewohnerinnen und Bewohner der Insel Serua dafür entschieden zu bleiben.

Tief verwurzelte Verbindungen

Laut den Forscherinnen beruht ihre Entscheidung auf der „Vanua“, einem indigenen fidschianischen Wort, das sich auf die Vernetzung der natürlichen Umwelt, soziale Bindungen, Lebensweisen, Spiritualität und die Verwaltung des Ortes bezieht. „Vanua“ bindet lokale Gemeinschaften an ihr Land. „Die Bewohner der Insel entschieden, aufgrund ihrer tief verwurzelten Verbindungen zu bleiben“, schrieben die Forscherinnen. Sie wollen „als Wächter fungieren“ und damit einen „Ort von tiefgreifender kultureller Bedeutung erhalten“. Einen Bewohner zitierten die Wissenschaftlerinnen mit den Worten: „Unsere Vorfahren haben sich entschieden, auf der Insel zu leben, nur um unserem Häuptling nahe sein zu können.“

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Die Wissenschaftlerinnen fanden heraus, dass die Verbindung zu den Vorfahren ein wesentlicher Bestandteil des Lebens auf der Insel ist. So besitzt jede Familie einen Grundstein, auf dem ihre Vorfahren ihr Haus errichteten. Viele glauben, dass – sollte dieser Grundstein auf irgendeine Weise gestört werden – dies ihren Verwandten oder anderen Mitgliedern ihres Dorfes Unglück bringen könnte. Auch zum Ozean, der Serua Island von Fidschis Hauptinsel Viti Levu trennt, haben die Menschen eine enge Bindung. Der Ozean ist Nahrungs- und Einkommensquelle und ein Ort der Zugehörigkeit. Eine Frau sagte den Forscherinnen: „Der Ozean ist ein Teil von mir und hält mich aufrecht – wir messen, wann wir die Insel verlassen und wann wir zurückkehren, je nach den Gezeiten.“

Phänomen nicht auf Fidschi beschränkt

Die Inselbewohnerinnen und ‑bewohner von Serua fürchten laut den Forscherinnen, dass ein Umzug nach Viti Levu die Verbindung zu ihrem Häuptling, den heiligen Stätten und dem Ozean zerstören würde. „Sie befürchten, dass ein Umzug zum Verlust ihrer Identität, ihrer kulturellen Praktiken und ihrer Ortsbindung führen würde“, schrieben die australischen Wissenschaftlerinnen. Den Einheimischen sei bewusst, dass sich andere Menschen schwer damit tun, ihre Entscheidung nachzuvollziehen. So sagte ein Dorfbewohner: „Für einen Außenstehenden kann es schwierig sein, diesen Prozess zu verstehen, weil er viel mehr beinhaltet, als nur materielle Besitztümer aufzugeben.“

Das Phänomen der „freiwilligen Immobilität“ findet sich nicht nur auf Fidschi. Auf der ganzen Welt würden sich Haushalte und Gemeinden dafür entscheiden, an Orten zu verharren, obwohl die Klimarisiken zunehmen oder bereits hoch sind, erklärten die Wissenschaftlerinnen. Die Gründe dafür seien unter anderem soziale Bindungen oder unterschiedliche Risikowahrnehmungen.

Insgesamt werfe eine Umsiedlung „komplexe rechtliche, finanzielle und logistische Fragen“ auf. „Umsiedlung und Rückzug sind an gefährdeten Orten kein Allheilmittel für Klimarisiken“, schrieben die Forschenden. „In vielen Fällen ziehen es die Menschen vor, sich vor Ort anzupassen und gefährdete Gebiete zu schützen.“ Grundsätzlich dürfte die Entscheidung einer Umsiedlung nie ohne die Beteiligung der betroffenen Menschen und Gemeinschaften vor Ort beschlossen werden.

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