Vietnamesischer Hersteller Vinfast auf Teslas Spuren
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Am Design hat Pininfarina mitgearbeitet.
© Quelle: Thomas Geiger/dpa-tmn
Hannover. Jenseits von Vietnam kennt kaum jemand den Autohersteller Vinfast, doch in ihren Plänen ist die Marke schon auf dem Weltmarkt unterwegs – Fabriken in Europa und den USA inklusive. Während Tesla gerade die erste neue Autofabrik seit Jahrzehnten in Deutschland fertigstellt, will Vinfast folgen: Die Germany Trade & Invest (GTAI), die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik, soll einen Fabrikstandort suchen.
Mecklenburg-Vorpommern hat bereits Interesse angemeldet und erste Kontakte geknüpft, aber weitere dürften folgen. „Wir freuen uns, Vinfast bei der Suche und Etablierung eines idealen Standorts in Deutschland zu helfen“, sagt GTAI-Chef Robert Hermann.
Der neue Chef ging schnell
Erst seit vier Jahren ist die Vingroup im Autogeschäft aktiv, und einen ersten Dämpfer hat sie bereits hinter sich: Der frühere Opel-Chef Michael Lohscheller, erst im vergangenen Herbst als Aushängeschild geholt, räumte seinen Chefsessel bei Vinfast kurz nach Weihnachten schon wieder – „aus persönlichen Gründen“. Für ihn ist Le Thi Thu Thuy an die Spitze gerückt, die schon lange eine Schlüsselrolle im Unternehmen spielt.
An den ehrgeizigen Plänen hat sich aber nichts geändert. Auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas präsentiert Vinfast gerade fünf neue Elektroautos, die zum Teil auch nach Europa kommen sollen. Die bisherigen Modelle mit Verbrennungsmotor werden eingestellt. „Vinfast will qualitativ hochwertige E-Fahrzeuge und eine besondere Kundenerfahrung zu erschwinglichen Preisen anbieten“, wird Thuy in einer Unternehmensmitteilung zitiert.
Ein Selfmademan an der Spitze
Bisher ist die Marke bestenfalls eine regionale Größe, die ihr Know-how einkauft. Hinter der Vingroup steht Pham Nhat Vuong, ein Selfmademan aus kleinen Verhältnissen, der um 1990 mit einem Stipendium zum Studium nach Moskau kam. Seine ersten Millionen machte er danach mit der Herstellung dehydrierter Lebensmittel in der Ukraine. Heute lenkt der 53-Jährige einen Mischkonzern mit rund 40.000 Mitarbeitern, der im Immobiliengeschäft aktiv ist und in der Hotellerie, im Einzelhandel und im Gesundheitswesen, in der Landwirtschaft – und seit wenigen Jahren im Fahrzeugbau.
Start auf BMW-Basis
In Haiphong steht die moderne, aber bisher einzige Vinfast-Fabrik, aus der 2019 die ersten Autos rollten. Das Know-how holt sich Vinfast aus Europa: Die bisherigen Fahrzeuge basieren auf älteren BMW-Modellen. Als Entwicklungspartner ist die österreichisch-kanadische Magna-Gruppe an Bord, und am Design der neuen Autos hat Pininfarina mitgearbeitet.
Sie sollen sich vor allem durch komplette Vernetzung und umfangreiche Assistenzsysteme von der Konkurrenz unterscheiden – zu geplanten Preisen ab 36.000 Euro.
Die Ära, in der man Autos weltweit mit dem Schiff transportiert, ist vorüber.
Le Thi Thu Thuy
CEO Vinfast Global
Erfolg in Europa und den USA ist dabei fest eingeplant, deshalb sollen auch auf beiden Kontinenten Fabriken entstehen. „Die Ära, in der man Autos weltweit mit dem Schiff transportiert, ist vorüber, besonders seit es Covid-19 gibt. Man muss die Fabriken in Nähe der Märkte haben, um die Kunden wirklich zu gewinnen“, sagt Thuy. Über Standorte und andere Details mag man noch nichts sagen, Ankündigungen zur Produktionsstrategie „werden folgen“.
Deutschland jedenfalls, wo der Konzern bisher nur ein Büro in Frankfurt unterhält, ist erste Wahl in Europa: „Wir gratulieren Vinfast zu dem Entschluss, in Europas größte Wirtschaft und das automobile Herz des Kontinents zu kommen“, sagt GTAI-Chef Hermann.