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Handelsriese als Dauerpatient

Galeria Karstadt Kaufhof: Warenhauskonzern steht schon wieder am Rande des Ruins

In der Innenstadt von Saarbrücken ist der Schriftzug von Galeria Karstadt Kaufhof zu sehen. (Symbolbild)

In der Innenstadt von Saarbrücken ist der Schriftzug von Galeria Karstadt Kaufhof zu sehen. (Symbolbild)

Frankfurt am Main. Kann das noch gut gehen? Deutschlands letzter Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) will nach nur neun Monaten erneut einen Antrag auf Staatshilfe stellen. Um wie viel Geld es diesmal geht, war zunächst nicht zu erfahren.

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Konzernchef Miguel Müllenbach hatte erst vor einigen Tagen in einem Brief an die Beschäftigten gewarnt, das Unternehmen befinde sich „erneut in bedrohlicher Lage“. Zuvor hatte das Management den Sanierungs­tarifvertrag für das Unternehmen mit noch 131 Kaufhäusern aufgekündigt.

Mühlenbach macht nun den Krieg in der Ukraine, die hohe Inflation und die gesunkene Kauflaune für die erneute Schieflage verantwortlich. Dadurch seien viel versprechende Sanierungs­bemühungen stark beeinträchtigt worden. Allerdings zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes, dass der Umsatz im gesamten hiesigen Einzelhandel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren – das entspricht dem Kernsortiment von GKK – Ende des vorigen Jahres und in den ersten sechs Monaten von 2022 jeweils im Vergleich zum Vorjahr noch spürbar zulegte.

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Dauerkrise seit fast zwei Jahrzehnten

Das könnte darauf hindeuten, dass die Geschäfte der Warenhauskette schlechter als die der Konkurrenz gelaufen sind und dass das Unternehmen an heftigen strukturellen Problemen laboriert. Und das ist keineswegs neu. Seit fast zwei Jahrzehnten torkelt der Konzern von einer Krise in die nächste. Bevor Sanierungs­programme ausgelaufen waren, wurden neue aufgesetzt. Handelsexperten werfen dem Management – das seit Jahren unter hoher Fluktuation leidet – vor, nicht rechtzeitig auf die Veränderungen im Einzelhandel reagiert zu haben.

Insbesondere beim Ausbau des Online­handels, aber auch bei einer Neujustierung der Sortimente. Ferner kursiert seit geraumer Zeit unter Branchen­kennern die Vermutung, dass der Galeria-Besitzer, der österreichische Investor René Benko, vor allem an den Immobilien und weniger am Kerngeschäft interessiert ist und dass deshalb eine nachhaltige Sanierung immer wieder verschleppt wurde.

Verdi: Probleme nicht auf Beschäftigte abwälzen

Wie die finanzielle Lage aktuell ist, lässt sich auch von Gewerkschaftern, die es seit Jahren mit GKK zu tun haben, kaum einschätzen. Deshalb will die Bundes­tarif­kommission Galeria der Dienstleistungs­gewerkschaft Verdi mit Fach­leuten, die sie selbst aussucht, „Zahlen, Daten und Fakten des Unternehmens unabhängig von der vorliegenden Datenlage der Galeria-Unternehmens­leitung bewerten“. Was zeigt, wie groß das Misstrauen der Verdi-Leute ist, die keine akzeptable Lösung darin sehen, „Probleme auf die Beschäftigten abzuwälzen“.

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Der neue Hilferuf nach Geld vom Staat, der der Deutschen Presse-Agentur aus Regierungs­kreisen bestätigt wurde, ist der dritte in knapp zwei Jahren. Das Wirtschafts­ministerium hielt sich auf RND-Anfrage bedeckt. Zu dem konkreten Fall gab es keine Stellungnahme ab. Grundsätzlich sei allerdings möglich, dass sich der Wirtschafts­stabilisierungs­fonds (WSF) nochmals an bereits stabilisierten Unternehmen beteilige, sagte ein Sprecher. Allerdings bedürfte das einer Genehmigung durch die Europäische Kommission.

Bereits Anfang 2021 und dann noch einmal Anfang 2022 hatte der Konzern wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie um Unterstützung gebeten – die staatlichen Restriktionen hatten die Umsätze massiv gedrückt.

680 Millionen Euro waren nicht genug

Vom Wirtschafts­stabilisierungs­fonds wurden für das Traditions­unternehmen in zwei Hilfsaktionen insgesamt 680 Millionen Euro lockergemacht. Wobei es sich (Stand von Januar) um Darlehen in Höhe von 430 Millionen Euro und sogenannte stille Einlagen von 250 Millionen Euro handelte. Politische Erwägungen sollen bei der Gewährung der Hilfen eine große Rolle gespielt haben. Denn mit einer Pleite von GKK wären mutmaßlich mehrere Tausend Beschäftigte auf einen Schlag arbeitslos geworden – was zu großer Aufregung geführt hätte.

Doch auch innerhalb der Ampel­koalition gab es schon seinerzeit massive Zweifel an der Angemessenheit der staatlichen Unterstützung. Sie dürften jetzt noch größer werden. Zumal der WSF nun zu einem Instrument für die Gaspreis­bremse umgebaut werden soll.

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Zu den Befürwortern der Hilfspakete zählten unter anderem den Handels­verband Deutschland (HDE), der seine Unterstützung für das zweite Hilfspaket mit der Bedeutung des Konzerns für die Anziehungskraft vieler Stadtzentren begründete.

Doch auch dies wurde von Experten schon mehrfach in Zweifel gezogen. Sie verweisen auf schwindende Kunden­frequenzen in den Galeria-Häusern und darauf, dass längst gastronomische Angebote und große Modeketten wie Zara oder H&M zu den Kunden­magneten in den Innenstädten geworden seien.

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