Ist ein Kompromiss möglich?

Wie die FDP im Streit um das Heizungsgesetz agiert

Finanzminister Christian Lindner (FDP, links) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im April im Bundestag.

Finanzminister Christian Lindner (FDP, links) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im April im Bundestag.

Berlin. Es geht einiges drunter und drüber in der Koalition gerade – da ist es nicht weiter verwunderlich, dass Olaf Scholz kurzfristig einen neuen Sprecher bekommt. Am Montag dieser Woche ist das so, da übernimmt FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai die Rolle. Gerade haben die Spitzengremien der Liberalen getagt, Djir-Sarai schimpft vor den Kameras über das Heizungsgesetz: Ineffizient sei das, es überfordere und verunsichere. Kurz: „eine große Baustelle“. Der Streit zwischen FDP und Grünen läuft da schon einige Wochen. Und der Kanzler? Es sei vergebens zu erwarten, dass der sich in diesem Streit inhaltlich positionieren werde, sagt Djir-Sarai selbstbewusst: „Das wird er nicht tun.“

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Und tatsächlich: Der richtige Regierungssprecher Steffen Hebestreit sitzt zeitgleich ein paar Hundert Meter weiter in einer Pressekonferenz und übermittelt lediglich ein grundsätzliches Interesse des Kanzlers an dem Gesetz. Der sei zuversichtlich „dass die Kernbestandteile des Gebäudeenergiegesetzes auch verabschiedet werden“. Gebäudeenergiegesetz (GEG), so heißt das Heizungsgesetz offiziell.

FDP, die Blockadepartei?

Am nächsten Tag zieht die FDP die Bremse. Sie verhindert, dass der Bundestag die Beratungen über den Entwurf aus dem Bundeswirtschafts- und dem Bauministerium aufnimmt. Erst vor zwei Monaten hatte die FDP in letzter Minute einem EU-Kommissions-Beschluss zum Aus des Kfz-Verbrennermotors die Zustimmung verweigert.

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Es zeigt sich ein Muster, es verfestigt sich ein Ruf: der von einer Blockadepartei. Zumindest die Koalitionspartner sehen das so. Die ohnehin von der FDP genervten Grünen bekommen nun Beistand von der SPD, etwas weniger grob im Ton allerdings.

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100 Fragen an Habeck

Auf die Frage, wie nun ein Kompromiss aussehen könne, antwortet SPD-Chef Lars Klingbeil im „Spiegel“: „Das muss die FDP jetzt beantworten.“ Es hat sich etwas verschoben. Erst war vor allem Wirtschaftsminister Robert Habeck in der Bredouille, mit einem Gesetz, das das Klima schützen soll, aber Kritik und Ängste auslöst. Mit einer Debatte über die Unabhängigkeit des für das Gesetz zuständigen Staatssekretärs bei Personalentscheidungen obendrein. Nun aber ist die FDP mit in den Fokus gerückt, als Kampagnenpartei.

Dazu trägt bei, dass Djir-Sarai vor einigen Tagen über die „Bild-Zeitung“ angekündigt hatte, seine Fraktion habe „noch rund 100 Fragen an Robert Habeck“. Es kursierte schnell ein 100-Fragen-Katalog, von dem sich die Fraktionsspitze halb distanzierte. Das Wirtschaftsministerium erklärte, der Katalog sei nicht eingegangen. Fragen der Koalitionsfachleute habe man aber sehr wohl bekommen und bereits beantwortet.

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FDP wirft selbst Fragen auf

Einige Fragen wirft die FDP aber selbst auf: Mehr Technologieoffenheit müsse noch ins Gesetz, fordert Fraktionschef Christian Dürr im Deutschlandfunk. „Sie ist jetzt aber im Gesetz noch nicht ausreichend abgebildet.“

Prof. Dr. Helge Braun, (CDU/CSU) aufgenommen fuer den RND im Paul Loebe Haus in Berlin, 27.04.2023.

Die Verwandlung des Helge Braun

Helge Braun war bis Ende 2021 Kanzleramtsminister unter Angela Merkel. Nach dem Ausscheiden aus der Bundesregierung macht der studierte Arzt zwar weiter Politik – aber lebt ein vollkommen neues Leben.

Das von Parteichef Christian Lindner geführte Finanzministerium hatte allerdings kurz vor der Kabinettsentscheidung Mitte April stolz verkündet: Man habe mittlerweile in dem Gesetz „echte Technologieoffenheit“ durchgesetzt.

Der FDP-Wirtschaftspolitiker Reinhard Houben findet das nicht relevant: „Die Diskussion darüber, wer wann was gesagt hat, hilft uns nicht, die inhaltlichen Fragen zu klären“, sagte er dem RND. Und ohnehin liege es „in der Natur dieses Gesetzes: Je tiefer man eindringt, desto mehr Fragen tun sich auf“. Es lässt offen, wie sehr sich Lindner in das Gesetz vertieft hat.

Christian Lindner: FDP mit Bedenken bei Heizungsgesetz nicht allein

In der Auseinandersetzung um das Heizungsgesetz hat FDP-Chef Lindner auf kritische Stimmen auch in Reihen der Koalitionspartner SPD und Grüne verwiesen.

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„Das GEG steht im Koalitionsvertrag, daran werden wir nicht rütteln“

Dass die FDP das übliche Verfahren blockiert, in dem Streitpunkte nach der ersten Lesung im Bundestag geklärt werden, bleibt ungewöhnlich. Es kann sein, das sie den Druck erhöhen will, auch darauf, das Klimaschutzgesetz zu verabschieden, das den Handlungsbedarf im FDP-geführten Verkehrsministerium reduziert.

Aber der Preis, selbst als unzuverlässig dazustehen, ist hoch. Im Koalitionsausschuss hatte sich die FDP im April darauf festlegen lassen, das Heizungsgesetz bis zur Sommerpause zu verabschieden. In der FDP-Fraktion kursiert als Begründung auch diese: Ein Gesetz, das bereits in den Bundestag eingebracht ist, lässt sich schlechter zurückziehen.

Offiziell wird ein solches Szenario sehr entschlossen zurückgewiesen. „Das GEG steht im Koalitionsvertrag, daran werden wir nicht rütteln“, sagt Houben. Nur besser müsse es halt werden.


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