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Fragen und Antworten

Chinas Friedensinitiative zum Ukraine-Krieg: Was steckt dahinter und wie vertrauensvoll ist sie?

Wang Yi sagte, sein Land sei bereit, die strategische Zusammenarbeit mit Russland zu vertiefen.

Peking/Moskau. Die groß angekündigte Friedensinitiative Chinas im Ukraine-Konflikt stößt international auf Skepsis – noch bevor konkrete Details bekannt sind. Die Gründe: Seit Beginn der Invasion vor einem Jahr gibt China dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Rückendeckung. Auch sieht China den Konflikt allein durch die Brille seiner geopolitischen Rivalität mit den USA.

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+++ Alle Entwicklungen zum Krieg gegen die Ukraine im Liveblog +++

Bei einem Besuch in Russland wurde der leitende chinesische Außenpolitiker Wang Yi am Mittwoch von Putin höchstpersönlich empfangen. Wang Yi wollte in Moskau auch den Friedensplan zur Sprache bringen, hieß es vorab – offiziell drang zu dem Thema aber dann zunächst doch nichts nach außen. Was also beabsichtigt Peking? Im Folgenden einige wichtige Fragen und Antworten.

Wie steht China zu dem Krieg?

„Ich denke, dass China wirklich möchte, dass der Krieg endet“, sagt die China-Expertin Yun Sun von der US-Denkfabrik Stimson Center und fügt gleich hinzu: „Eine komplette Niederlage Russlands ist nicht in Chinas Interesse.“ Da der Krieg für Russland schlecht läuft und im Westen die Angst vor einer Eskalation wächst, sieht Peking eine Gelegenheit für Verhandlungen. Die Unterstützung für Putin schadet auch dem Ansehen Chinas in der Welt. Eine Friedensinitiative – egal wo sie hinführt – könnte das Image reparieren und China als verantwortliche Macht aussehen lassen.

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Wie steht China zu Russland?

Im „neuen Kalten Krieg“ mit den USA macht China gemeinsam Front mit Russland gegen eine amerikanisch geführte internationale Weltordnung. Peking glaubt, dass die USA China als aufstrebende asiatische Macht wirtschaftlich, politisch und militärisch eindämmen will. In dem Systemwettbewerb zwischen Autokratie und Demokratie ist Russland ein wichtiger Verbündeter, der aus Pekings Sicht nicht weiter geschwächt werden darf. „Wenn Russland fällt, ist China als nächstes dran“, ist ein Argument, das von Chinas Propaganda genährt wird und in Diskussionen in den zensierten sozialen Medien häufig zu finden ist.

Welche Vorbehalte gibt es gegen China als Vermittler?

China ist alles andere als neutral. Während Staats- und Parteichef Xi Jinping seit Beginn des Krieges nicht einmal mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert hat, hat er viermal mit Putin gesprochen. US-Präsident Joe Biden reist nach Kiew, während Xi Jinping im Frühjahr einen Besuch in Moskau plant. Bis heute hat China die Aggression Russlands nicht kritisiert. Vielmehr werden die USA und Nato beschuldigt. „Die USA sind diejenigen, die die Ukraine-Krise ausgelöst haben“, sagt Chinas Außenamtssprecherin Mao Ning. Auch seien sie „der größte Faktor, der die Krise anfacht“.

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Chinas Friedenspapier für die Ukraine: „Ein bisschen Frieden wird nicht ausreichen“

Kristina Dunz ist für das RedaktionsNetzwerk Deutschland bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Hier zieht sie ihr Fazit des letzten Tages.

Wie weit geht die Unterstützung Chinas für Russland?

Die Rückendeckung ist politisch, nicht militärisch. Allerdings gibt es auch wirtschaftliche Unterstützung, mit der Putin westliche Sanktionen abfangen kann. China kauft günstig Öl und Gas aus Russland. Auch wurden der Handel und der Einsatz der chinesischen Währung ausgeweitet. Nach US-Berichten liefert China zudem Halbleiter, Ersatzteile für Kampfjets, Schiffsausrüstung und Geräte, die sowohl zivil als auch militärisch eingesetzt werden können.

Über andere Länder gelangen demnach auch kommerzielle Drohnen aus China nach Russland, die zur Aufklärung in der Ukraine eingesetzt werden. Bisher hat sich China aber weitgehend an die internationalen Sanktionen gehalten, um nicht selber zum Ziel von Strafmaßnahmen zu werden. China ist eng mit der globalisierten Welt verbunden, so dass Sekundärsanktionen die zweitgrößte Volkswirtschaft treffen würden.

Was würden Waffenlieferungen aus China für den Krieg bedeuten?

Unterstützung mit Rüstungsgütern aus China wäre eine massive Eskalation, die genau solche Sanktionen auslösen und auch den Beziehungen zu Europa schweren Schaden zufügen würden. Selenskyj warnte in dem Fall sogar vor einem dritten Weltkrieg. Die Amerikaner und die Europäer sähen damit auf jeden Fall „eine rote Linie“ überschritten. China beteuert aber, bisher keine Waffen geliefert zu haben – und es auch nicht vorzuhaben.

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ARCHIV - 25.02.2021, Berlin: Bruno Kahl, Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), blickt am Rande eines Interviews mit einem Journalisten der Deutschen Presse-Agentur in die Kamera des Fotografen. (zu dpa "BND-Chef fordert: Unsere Warnungen nicht mehr als «Panikmache» abtun") Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Nachrichtendienst-Chef: „Es ist ein sehr grausamer, brutaler Abnutzungskrieg“

Der Chef des Bundesnachrichtendienstes Bruno Kahl spricht im RND-Exklusivinterview über die Erkenntnisse des BND zu Putins Plänen und über die Spionagefahr aus China. Kahl schildert auch, warum er am Tag des russischen Überfalls in Kiew war und wie er aus der Stadt entkommen ist.

Wie könnte ein chinesischer Friedensplan aussehen?

Im Mittelpunkt dürfte nicht nur ein Waffenstillstand, sondern auch ein Ende der westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine stehen. Auch könnte er einen Aufruf beinhalten, vom Einsatz von Atomwaffen oder der Drohung damit abzusehen und nukleare Einrichtungen schützen zu wollen. Ohne einen Rückzug der russischen Truppen, wie auch von Außenministerin Annalena Baerbock gefordert, würden damit aber erstmal die Geländegewinne Russlands zementiert. Auch könnten sich die russischen Streitkräfte sammeln und Nachschub organisieren.

China will zudem „die legitimen Sicherheitsinteressen“ aller Beteiligten gewahrt sehen, was Diplomaten als „Codewort“ für Russlands Argumentation sehen, von der Ukraine und Nato bedroht zu werden und sich eigentlich nur zu verteidigen. China pocht zudem auf seiner außenpolitischen Kernthese vom Schutz der „Souveränität und territorialen Integrität“, die zwar von Russland verletzt worden sind, aber jetzt für die annektierten Gebiete gelten könnten.

Könnte ein chinesischer Plan jetzt Erfolg haben?

Xi Jinping könnte die Initiative in einer Rede zum Jahrestag des Krieges am Freitag vorstellen. Nur nach Frieden zu rufen, sei aber „einfach und billig“, findet China-Expertin Yun Sun. „China wird eine politische Lösung vorschlagen – Gespräche, Frieden und Beilegung.“ Aber Gespräche an sich seien kein Erfolg. Es werde schwierig: „Ich bezweifle, dass irgendwer, einschließlich die Chinesen, weiß, wie eine angemessene Lösung für beide Seiten aussieht.“ Auch habe der Westen andere Vorstellungen davon, wie ein Erfolg aussehen müsste.

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Hat China Erfahrungen als Vermittler?

Im Ringen um das nordkoreanische Atomwaffenprogramm hat China einmal eine längere Vermittlungsmission ohne großen Erfolg unternommen. Die Sechs-Parteien-Gespräche mit Nordkorea, den USA, Russland, Südkorea, Japan unter Führung Chinas scheiterten, als sich Nordkorea 2008 zurückzog und Peking keinen wirtschaftlichen Druck auf seinen Verbündeten ausüben wollte. Darauf folgte eine Eskalation, die bis heute mit ständigen nordkoreanischen Raketentests andauert – unter Verletzung von UN-Resolutionen.

Würde die Friedensinitiative zumindest etwas Bewegung bringen?

Chinas Friedensvorschlag werde auf beiden Seiten nicht viel ändern, glaubt Professor Shi Yinhong von der Volksuniversität in Peking, der entgegen der chinesischen Propaganda von einem „barbarischen aggressiven Krieg“ Putins spricht. Pekings Politik entspreche nicht dem, was sich Russland wünsche, und werde zugleich von den USA, EU-Mächten und deren Verbündeten fast immer empört zurückgewiesen.

„Peking muss sich bewusst sein, dass sich beide Seiten mit zunehmendem Elan auf den Krieg einlassen und der Substanz seines Vorschlags keine Achtung schenken werden“, sagte der außenpolitische Experte. „Sie werden China keine zentrale Vermittlungsrolle in möglichen Verhandlungen in der Zukunft spielen lassen.“

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RND/dpa

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