Kommentar

Böse Grüße von Xi Jinping

Die Grüße des chinesischen Präsidenten Xi Jinping sind keineswegs positiv zu deuten.

Die Grüße des chinesischen Präsidenten Xi Jinping sind keineswegs positiv zu deuten.

Ein chinesischer Ballon kann etwas Gutes sein: ein Symbol für Leichtigkeit und Freude, sogar Ausdruck bester Wünsche. Glücksballons mit dem Schriftzeichen Fu sollen den damit Beschenkten Glück, Wohlstand und ein langes Leben bringen.

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Der jetzt über Montana entdeckte chinesische Spionageballon indessen wurde nicht in freundlicher Absicht in Richtung USA getrieben. Offenbar wollte sich das Regime in Peking auf diese Art einmal mehr aus ungewöhnlicher Nähe ein Bild machen von strategisch bedeutsamen Einrichtungen der amerikanischen Luftwaffe. Der dünn besiedelte Norden der USA ist voll davon.

Peking spricht von einem abgedrifteten Wetterballon. Glitt er rein zufällig über das Allerheiligste der amerikanischen Abschreckung? In Montana gibt es Silos für Interkontinentalraketen vom Typ Minuteman III, dort stehen derzeit Modernisierungen an. Im benachbarten North Dakota sind schwere strategische Bomber aus der Weltuntergangsabteilung der amerikanischen Nuklearstreitkräfte stationiert. Die Regie über die Silos und Luftwaffenbasen führt das für die gesamte Erde zuständige „Global Strike Command“. Dessen langer Arm würde, wenn es zum Konflikt mit China käme, auch bis Peking reichen.

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Die USA und China waren schon mal weiter, sogar im düsteren Jahr 2022: Xi Jinping und Joe Biden Mitte November bei ihrem Treffen am Rande des G20-Gipfels in Bali.

Die USA und China waren schon mal weiter, sogar im düsteren Jahr 2022: Xi Jinping und Joe Biden Mitte November bei ihrem Treffen am Rande des G20-Gipfels in Bali.

Natürlich ist die Weltmacht USA an dieser Stelle auf Spionage eingestellt, sei es durch Satellitenüberflüge, Cyberattacken oder Bemühungen, Agenten in die Basen einzuschleusen. Chinas Ballon, groß wie drei Busse, erscheint im Verhältnis dazu als eher grobe und unelegante Spionagemethode mit begrenztem Erkenntnisgewinn und einem hohen Risiko des Entdecktwerdens. Warum wurde der Ballon dennoch eingesetzt? Und warum jetzt?

Der wahre Schaden liegt im Weltpolitischen

Anders als Satelliten können Ballons über sehr lange Zeiträume in der gleichen Gegend verweilen, als Spionagewerkzeuge sind sie daher prinzipiell durchaus interessant. Nach Angaben des Pentagons wäre es auch nicht das erste Mal, dass China zu dieser Methode greift. Wirklich sensible Daten und Informationen scheint Chinas Ballon in diesem Fall aber nicht abgegriffen zu haben. Der entspannte Tonfall, in dem US-Militärs über die Sache reden, spricht für sich.

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Der wahre Schaden liegt im Weltpolitischen. Der Ballon bringt böse Grüße von Xi Jinping. Die chinesische Botschaft an die USA lautet frei übersetzt: Hey, es mag sein, dass ihr unsere Erklärung nicht glaubt, einer unserer Wetterballons sei vom Kurs abgekommen. Aber inzwischen fühlen wir uns so groß und so stark, dass uns das ehrlich gesagt völlig egal ist.

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Das Timing der Ballonmission wenige Tage vor dem geplanten Besuch von US-Außenminister Antony Blinken in Peking spricht für eine gezielte Provokation. Offenbar wollte China schon vorab den Eindruck zerstreuen, eine amerikanisch-chinesische Wiederannäherung stünde bevor.

Der Gewinner heißt Wladimir Putin

Angesichts des Ukraine-Kriegs hätte darin eine Hoffnung für die ganze Welt gelegen. Die USA und China waren schon mal weiter, sogar im düsteren Jahr 2022. Nach langer Zeit der Funkstille hatten US-Präsident Joe Biden und Chinas Staatschef Xi Jinping Mitte November auf Bali erstmals wieder die diplomatischen Maschinerien auf beiden Seiten in Gang gesetzt und auch Treffen der Außenminister vereinbart.

Jetzt verschiebt Blinken wegen der Ballonaffäre seinen Besuch in Peking. Fröstelnd blickt die Weltgemeinschaft auf eine fortdauernde Eiszeit zwischen den beiden mächtigsten Staaten der Erde. Der Gewinner heißt Wladimir Putin. Denn unterm Strich befestigt die Ballonaffäre das russisch-chinesische Miteinander – in einer Phase, in der man Moskau eigentlich dringend isolieren müsste. Parallel dazu eskalieren die russischen Angriffe auf Ziele in der Ukraine, und die russischen Truppen formieren sich neu.

Dies alles macht Chinas Ballon über Montana zu einem wahrhaft schlechten Zeichen in schlechten Zeiten.

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