Wie zu Ostblockzeiten: Ausreiseverbot für Putins Topleute
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Der Flughafen Moskau-Scheremetjewo (Archivfoto).
© Quelle: IMAGO/ITAR-TASS
Hochrangige russische Beamte – darunter Gesetzgeber, Gouverneure und leitende Manager von Staatsunternehmen – unterliegen zunehmend strengen Ausreisebeschränkungen. Das berichtet die unabhängige russische Zeitung „Moscow Times“. Damit sollen Überläufer und Ausreisewillige am Verlassen des Landes gehindert werden. Zudem solle es ausländischen Geheimdiensten erschwert werden, Russen zu befragen.
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Recherchen in den Statistiken von Russlands Nachbarländern sowie Daten der europäischen Grenzbehörde Frontex legen nahe, dass allein im vergangenen Jahr fast 500.000 Russen dauerhaft das Land verlassen haben. Bereits seit Kriegsbeginn hat der Kreml deshalb ein striktes System zur Kontrolle von Reisen etabliert.
Zehn aktive oder ehemalige Mitarbeiter aus dem Umfeld des Kreml, darunter offenbar ein sehr naher Berater des Präsidenten, bestätigten der „Moscow Times“ das beschriebene Kontrollsystem, allerdings baten alle um Anonymität.
„Niemand kann ohne individuelle Erlaubnis irgendwo hingehen“, wird ein hochrangiger Regierungsbeamter zitiert. Diese Maßnahmen seien der Versuch, „zu verhindern, dass Beamte überlaufen“, bestätigt der Kremlkritiker Gennadi Gudkow, ein ehemaliger sowjetischer KGB-Offizier und ehemaliger Staatsduma-Abgeordneter, dem Medium.
Einbehaltung der Reisepässe
Um die Ausreisesperre durchzusetzen, bedient sich die russische Führung verschiedener Strategien: Eine davon ist die Einbehaltung der Pässe ausgewählter Beamter und Angestellter staatlicher Unternehmen durch den Inlandsgeheimdienst FSB. Ein langjähriger Kremlbeamter bestätigte das der „Moscow Times“.
Darüber hinaus werden Beamte, Gouverneure und andere Staatsangestellte, die eine Erlaubnis für Auslandsreisen beantragen müssen, beim FSB in speziellen Datenbanken gelistet. Unter jedem Eintrag findet sich ein Kästchen, das abgehakt sein muss, damit die Person überhaupt verreisen kann.
Vor dem Krieg reichte die Genehmigung des Vorgesetzten
Vor dem Angriffskrieg gegen die Ukraine reichte es, eine Erlaubnis beim direkten Vorgesetzten einzuholen. Jetzt sei sogar eine „doppelte Genehmigung“ nötig – vom direkten Chef und vom obersten Behördenchef. Was bedeute, dass die Angelegenheiten oft beim Kremlstabschef oder sogar bei Präsident Wladimir Putin persönlich landen. Es sei schon vorgekommen, dass Regierungsbeamte direkt auf dem Flughafen zurückgeschickt wurden – „Ausreise abgelehnt“ – obwohl vom Vorgesetzten eine Genehmigung vorlag, heißt es in dem Bericht.
Es gibt wieder einen Eisernen Vorhang, zumindest für jene, die mit dem Staat verbunden sind.
Ein Regierungsbeamter
„Formell sind die Grenzen offen, aber Beamte werden unter Druck gesetzt. Einer beträchtlichen Anzahl von Menschen wurde bereits die Einreise ins Ausland verboten“, wird ein hochrangiger russischer Regierungsbeamte zitiert. „Es gibt wieder einen Eisernen Vorhang, zumindest für jene, die mit dem Staat verbunden sind.“
RND/stu