Ron DeSantis kopiert Trump – und will Kapitolstürmer begnadigen
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Floridas Gouverneur Ron DeSantis spricht während einer Festveranstaltung an der Liberty University.
© Quelle: Paige Dingler/The News & Advance
Washington. Der Vorsitzende wählte klare Worte. „Sie sind eine anhaltende Bedrohung und Gefahr für dieses Land, diese Republik und den Bestand der Demokratie“, sagte der Washingtoner Bezirksrichter Amit Mehta, nachdem er den Anführer der rechtsextremen US-Miliz „Oath Keepers“, Stewart Rhodes, wegen dessen Beteiligung an dem Putschversuch vom Januar 2021 zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt hatte. „Sie sind kein politischer Gefangener“, schrieb Mehta dem Straftäter eindringlich ins Stammbuch: „Sie sind hier wegen Ihrer Taten!“
Wegen „aufrührerischer Verschwörung“ wurde Rhodes am Donnerstag die bislang längste Haftstrafe im Zusammenhang mit dem Kapitolsturm auferlegt. Der Rechtsextreme mit der markanten Augenklappe reiht sich ein in die wachsende Zahl der Trump-Anhänger, die mit zeitlicher Verzögerung die Folgen ihres Versuches zu spüren bekommen, den Amtsantritt von Joe Biden zu verhindern. Am Donnerstag wurde auch Richard Barnett, der sich demonstrativ respektlos mit dem Fuß auf dem Schreibtisch im Büro der damaligen Repräsentantenhauschefin Nancy Pelosi hatte ablichten lassen, zu vier Jahren Haft verurteilt. Insgesamt haben die Behörden mehr als 1000 Strafverfahren eingeleitet, rund 600 Personen wurde inzwischen verurteilt, knapp 300 davon zu Haftstrafen.
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Trump findet die Bestrafung des rechten Mobs „schlimm“
Doch die klare Botschaft der Justiz wird im anstehenden Präsidentschaftswahlkampf von den Republikanern massiv konterkariert. Nachdem Ex-Präsident Donald Trump die Bestrafung der „Patrioten“ schon „schlimm“ genannt und eine Revision der Urteile angekündigt hat, stellte am Donnerstag auch sein innerparteilicher Gegenspieler Ron DeSantis eine Begnadigung von Kapitolstürmern in Aussicht.
Einen Tag, nachdem der Gouverneur von Florida offiziell seine Bewerbung für das Weiße Haus eingereicht hatte, ließ er sich von einem rechten Talk-Radiosender interviewen. Im Amt werde er sein Begnadigungsrecht „offensiv“ nutzen, kündigte DeSantis da an: „Vom ersten Tag an werde ich alle diese Fälle untersuchen lassen: Wer sind die Leute, wer ist Opfer einer Kampagne und einer politischen Attacke?“ Selbst eine mögliche Begnadigung seines Rivalen Trump im Falle von dessen Verurteilung schloss DeSantis nicht aus.
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Mit den Äußerungen untergräbt der ultrarechte Präsidentschaftskandidat nicht nur weiter das Vertrauen in den Rechtstaat und bedient das verschwörungsideologische Narrativ von einer politisch geleiteten Justiz in den USA. Nach Einschätzung von Experten behindert DeSantis auch deren Arbeit bei der Ahndung des Umsturzversuches. Die Aussicht auf Straffreiheit könnte nämlich viele Angeklagte davon abhalten, ein Schuldbekenntnis abzugeben. Stattdessen dürften sie versuchen, die Verfahren in die Länge zu ziehen. Zudem könnte die Hemmschwelle zur erneuten Anwendung von Gewalt sinken.
Nur die geschasste Republikanerin Liz Cheney protestiert
Nicht nur demokratische Politiker sind deshalb über die Äußerungen des Gouverneurs, der einst an der Elite-Universität Harvard Jura studiert hatte, entsetzt. „Ein Kandidat, der erklärt, er werde die Angeklagten des 6. Januar begnadigen, disqualifiziert sich als Präsident“, twitterte die republikanische Ex-Abgeordnete Liz Cheney, deren Familienname bei den Konservativen einst einen ehernen Klang hatte. Doch die Mehrheiten haben sich radikal verschoben. Politisch spielt Cheney keine Rolle mehr.
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Seit langem schon arbeitet Ex-Präsident Trump an der Verharmlosung des Putschversuches. Er hatte sich am 6. Januar 2021 geweigert, den gewaltbereiten Mob am Parlamentsgebäude zurückzurufen. Inzwischen lässt er bei Wahlkampfauftritten eine bizarre Version der Nationalhymne abspielen, die von einem „6.-Januar-Gefangenenchor“ gesungen wird. Vor zwei Wochen kündigte er in einem CNN-Interview an, er werde „einen großen Teil“ der im Zusammenhang mit dem Aufruhr Verurteilten begnadigen.
Da will der von optimistischen Beobachtern als „vernünftige Alternative“ zu Trump eingeschätzte DeSantis offenbar nicht zurückstehen. In dem Interview der „Clay Travis & Buck Sexton Show“ insinuierte er, dass linksradikale und rechte Gewalttäter von den Gerichten ungleich behandelt werden: „Wenn es drei Leute gibt, die das Gleiche in einem anderen Kontext tun und nicht bestraft werden, ist das eine ungleiche Anwendung des Rechts. Wir werden dafür sorgen, dass das nicht passiert, und unser Begnadigungsrecht nutzen.“
Der rechtsextreme Oath Keeper Stewart Rhodes hat die Signale der Republikaner-Führer offenbar vernommen. Doch er scheint eher dem Original als der Kopie zu vertrauen: „Ich hoffe, dass Trump 2024 gewinnt“, gab er vor Gericht zu Protokoll.