Habecks großer Energieaufschlag – und seine Abrechnung mit der Union
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Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, spricht im Plenarsaal im Deutschen Bundestag.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Berlin. Spitzen gegen die Vorgängerregierungen kann sich Klimaminister Robert Habeck nicht verkneifen. „Hätten wir diese Energiegesetzpakete vor zehn Jahren durchgezogen, würden wir heute ganz anders dastehen“, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag bei der Bundestagsdebatte zum Ampel-Gesetzespaket für den Ausbau Erneuerbarer Energien. „Wenn man aus allen möglichen Dingen aussteigt, zu Recht, aber vergisst, dass man dafür eine Infrastruktur aufbauen muss. Wenn man klimapolitische Beschlüsse fasst, sie aber nicht mit Maßnahmen hinterlegt, dann lässt man Deutschland im Regen stehen“, kritisierte Habeck.
Was er meint: Die Energiemisere haben nicht die Grünen zu verantworten, sondern vor allem die Union. Als Kritik an SPD und FDP lässt sich seine Rede aber auch interpretieren, sie haben in den letzten zehn Jahren ebenso mitregiert.
Fünf Gesetzentwürfe und mehrere Anträge beschlossen
Nun wollen Grüne, SPD und FDP Versäumnisse aus der Vergangenheit nachholen – und zwar mit einem großen Gesetzesaufschlag. Dafür hat der Bundestag am Donnerstag fünf Gesetzentwürfe und mehrere Anträge beschlossen, mit denen der Ausbau erneuerbarer Energien deutlich beschleunigt werden soll. Die Gesetzesvorhaben müssen noch den Bundesrat passieren. Der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Stromverbrauch soll bis 2030 auf mindestens 80 Prozent gesteigert werden, derzeit liegt er bei knapp unter 50 Prozent. Künftig soll 2 Prozent der Bundesfläche für die Windenergie zur Verfügung stehen. Für die einzelnen Länder sollen unterschiedliche Ziele gelten, weil es unterschiedliche Voraussetzungen für den Ausbau der Windenergie gibt. Geregelt wird in dem Paket auch die Vereinbarkeit von Windkraft mit dem Artenschutz. Es ist ein Leuchtturmprojekt der Ampel.
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Union: „Wo ist der Klimakanzler?“
Das Fehlen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Bundestagsdebatte ist der Union ein Dorn im Auge. „Wo ist der Klimakanzler?“, fragte CDU-Klimapolitiker Andreas Jung und zeigte auf die Regierungsbank. „Der Platz des Klimakanzlers ist leer.“ Die Unionsbundestagsfraktion sieht große Schwächen bei den Gesetzen. Ein Paket der verpassten Chancen, nannte Jung es. Habeck habe nicht den Dialog mit der Union gesucht und auch keinen Runden Tisch mit den Ländern organisiert, kritisierte er. Stattdessen regiere die Ampel nun von oben durch. Dass aber etwa Bayerns Regierungschef Markus Söder von der CSU beim Ausbau von Windkraft seit Jahren auf der Bremse steht, ließ er außen vor.
Nicht nur der Klimawandel erhöht den Druck auf die Koalition, insbesondere der Krieg in der Ukraine erfordert eine schnellere Energiewende. Die Ampel wollte russisches Gas eigentlich als Übergangstechnologie nutzen. Das ist wegen des Angriffskriegs Russlands jetzt langfristig keine Option mehr, deswegen braucht Deutschland mehr Wind- und Solarkraft.
CDU zettelt Atomkraftdebatte an
Das sieht auch die Union so, will aber übergangsweise noch die Atomkraft als dritte Säule erhalten. Am Donnerstag stellten CDU/CSU einen Änderungsantrag zur Abstimmung, indem die Fraktion unter anderem die Laufzeitverlängerung der drei verbliebenen Kernkraftwerke in Deutschland fordert. Dies würde die Versorgungssicherheit stärken, meint die Union. Fraktionsvize Jens Spahn sagte kürzlich, die Grünen seien mehr eine Anti-Atomkraft-Partei als eine Klimapartei. „Dieser Debatte müssen sie sich stellen.“ Die Union zielte mit dem Antrag aber auch auf die FDP ab, dessen Parteichef Christian Lindner kürzlich eine Debatte zur Kernkraft forderte und damit einen Streit mit den Grünen riskierte. Die Oppositionspartei hofft, den Zwist in der Ampel zu vergrößern.
Doch die Ökopartei will sich gar nicht erst auf die Debatte einlassen. Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatten bereits vor Wochen von längeren Laufzeiten abgeraten, seither gehen sie kaum noch auf Fragen dazu ein. Das müssen sie auch nicht, denn sie haben Rückendeckung von Kanzler Scholz, der die Verlängerung ebenfalls skeptisch sieht. Die Brennstäbe reichten bis Ende 2022 und bislang gebe es von Expertenseite keine Aussagen dazu, wie die Laufzeit der Atomkraftwerke verlängert werden könnte, sagte Scholz noch Anfang der Woche.
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