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Syrien-Hilfe: Wo bleibt die Menschlichkeit?

Wer hilft den Opfern? Kinder füllen in einem provisorischen Lager für Flüchtlingsfamilien aus der Region Idlib Behälter mit Wasser auf.

Wer hilft den Opfern? Kinder füllen in einem provisorischen Lager für Flüchtlingsfamilien aus der Region Idlib Behälter mit Wasser auf.

Auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie in Deutschland wuchs so manche Hoffnung: Die Welt danach könne doch nur eine bessere werden. Eine Welt mit mehr Rücksicht, mit mehr Willen zur Verständigung und mit mehr Menschlichkeit. Aus diesem Traum gibt es nun ein böses Erwachen. Ausgerechnet das Gremium, das eine weltweite Verständigung bei elementaren Fragen ermöglichen soll, hat genauso versagt wie in den Zeiten, als die Welt das Wort Corona noch nicht kannte: Der UN-Sicherheitsrat musste sich im tagelangen Tauziehen um Hilfslieferungen für Syrien der Haltung Russlands und Chinas beugen. Fast drei Millionen Menschen, die unter erbärmlichen Bedingungen im Norden Syriens leben, können künftig nur noch über einen Grenzübergang versorgt werden.

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Dass manche die Abstimmung im Sicherheitsrat gestern gleichwohl als Erfolg verkünden wollten, ist blanker Zynismus. Ja, ein Übergang ist besser als keiner. Aber Hunger und Not werden internationale Hilfsorganisationen auf diesem Weg kaum bekämpfen können. Bei dem Ringen im Sicherheitsrat ging es wohlgemerkt nie um militärische Optionen in Syrien, sondern allein um Hilfe für die Opfer des Krieges. Die Treue Russlands zu Syriens Herrscher Assad aber lässt Kategorien wie Menschlichkeit nicht zu.

UN-Botschafter Heusgen lässt diplomatische Zurückhaltung fallen

Selbst der ansonsten so besonnene deutsche UN-Botschafter Christoph Heusgen ließ da die diplomatische Zurückhaltung fallen: Er gab den anderen UN-Botschaftern die Frage mit auf den Weg, ob die Verantwortlichen in China und Russland, “die die Anweisung gegeben haben, 500.000 Kindern die Hilfe zu entziehen, morgen noch in den Spiegel schauen können”. Sie können es wohl leider recht gut, weil ihre Politik andere Ziele verfolgt, als Menschen zu helfen. Sie haben neben der Stabilisierung Assads ein Interesse an einer weiteren Eskalation des Flüchtlingsproblems, weil damit auch die Probleme für Europa wachsen.

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Es rächt sich jetzt bitter, dass die EU für die Flüchtlingsfrage in den vergangenen Jahren keine politische Lösung gefunden hat. Die Asylfrage ist wegen Corona in den Hintergrund gerückt – dabei wirkt die Pandemie praktisch wie ein Problemkatalysator. Corona stürzt ganze Weltregionen in wirtschaftliche Katastrophen, die Flüchtlingswellen werden unweigerlich wachsen. Die Boote, die am Wochenende die italienische Insel Lampedusa erreichten, sind ein erstes Anzeichen dafür. Zu den Armutsmigranten aus Afrika werden jene Menschen hinzukommen, die Hunger und Not in den Flüchtlingslagern in Nordsyrien entkommen. Die Folgen davon wird Europa unter der deutschen Ratspräsidentschaft zu spüren bekommen. Besonders bitter ist es daher, dass ausgerechnet Deutschland im UN-Sicherheitsrat mit seinem Syrien-Antrag gescheitert ist.

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