Nach Zerstörung Mariupols: Übergibt Putin Tschetschenien-Führer Kadyrow die Kontrolle?
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12.05.22: Russische Mitarbeiter des Rettungsdienstes räumen Trümmer eines zerstörten Wohnhauses in Mariupol beiseite, das zuvor von mutmaßlich russischen Truppen zerstört worden war. Russland plant bereits den Wiederaufbau der Stadt im Südosten der Ukraine.
© Quelle: IMAGO/ITAR-TASS
Nachdem die russischen Streitkräfte die ukrainische Hafenstadt Mariupol im Angriffskrieg auf das Land fast vollständig zerstört haben, plant Moskau nun offenbar den Wiederaufbau der Metropole. Die Restaurierungsarbeiten überlässt die russische Führung allerdings nicht irgendwem: Die „Aufseher“ der Bauarbeiten sollen künftig von tschetschenischen Kampftruppen gestellt werden. Das berichtet am Dienstag die ukrainische Zeitung „Ukrajinska Prawda“ unter Berufung auf den Berater des Bürgermeisters von Mariupol. Überprüfen lässt sich dies nicht.
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Laut dem Berater des Bürgermeisters habe sich die Hafenstadt im Osten für die russische Armee als „zu unfreundlich und nationalistisch“ bewiesen. „Um einen Widerstand einzuschüchtern und zu unterdrücken, wird Mariupol daher den Kadyrowzy übergeben.“ Dabei handelt es sich um eine paramilitärische Truppe, die vom tschetschenischen Machthaber Ramsan Kadyrow befehligt wird und Russland beim Angriffskrieg auf die Ukraine schon länger unterstützt. Kadyrow war Medienberichten zufolge Ende März persönlich nach Mariupol geschickt worden, „um den Kampfgeist unserer Kämpfer zu steigern“. Der Tschetschenenführer gilt als enger Verbündeter Wladimir Putins.
Ukraine gibt mit Stahlwerk letzte Bastion in Mariupol auf
Das ukrainische Militär kündigte am Dienstag an, eine komplette Evakuierung des Azovstal-Werks anzustreben.
© Quelle: reuters
Die Kampftruppen unter Kadyrow werden als besonders brutal und grausam beschrieben. Augenzeugen berichten von einem aggressiven Umgang der Soldaten mit Zivilisten während der Besatzung weiter Gebiete in der Ukraine. Die Tschetschenen sollen auch an Kriegsverbrechen beteiligt sein. So berichtete die „New York Times“ zuletzt, dass die Truppen Kadyrows auch im Kiewer Vorort Butscha eingesetzt worden seien. Anfang April gingen zahlreiche Berichte über besonders grausame Kriegsverbrechen in der ukrainischen Kleinstadt um die Welt.
Nun soll die Kadyrowzy-Garde nach Berichten der „Ukrajinska Prawda“ aus Mariupol in der Stadt für Angst und Schrecken sorgen, während die Stadt wieder aufgebaut wird. Allerdings hätten die Russen und Tschetschenen auch wirtschaftliche Ziele für die Hafenstadt. Kadyrow habe bereits Anspruch auf den Hafen und das „Recht auf Beute“ geltend gemacht.
Russland will aus Wirtschaftsstandort Mariupol Erholungsort machen
Der Leiter der Volksrepublik Donezk, Denis Pushilin, erklärte, „dass 60 Prozent der Gebäude in Mariupol so stark zerstört wurden, dass sie nicht wieder aufgebaut werden könnten. Die Stadt war wochenlang von russischen Truppen belagert und befeuert worden. Die humanitäre Lage unter der russischen Besatzung galt lange als Katastrophe. Nun plant Russland aus dem Wirtschaftsstandort im Südosten der Ukraine ein Zentrum für Tourismus und Freizeit zu schaffen, wie das renommierte „Institute for the Study of War“ berichtet.
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Mariupol, 08.05.22: Das Stahlwerk Azovstal ist nach der russischen Belagerung und dem anhaltenden Beschuss massiv beschädigt worden. Nun hat Moskau neue Pläne für den Wirtschaftsstandort. Dazu solle auch das Stahlwerk künftig weichen. Nach der Eroberung wollen die russischen Truppen das Kraftwerk dem Erdboden gleichmachen.
© Quelle: IMAGO/ITAR-TASS
Dazu wolle Russland auch das Stahlwerk Azovstal nahe der Metropole dem Erdboden gleichmachen, nachdem die Eroberung abgeschlossen sei, so Pushilin. In den vergangenen Wochen hatten russische Truppen Mariupol weitestgehend erobert. Die Stadt, die durch die Produktion von Stahl und Eisen als Wirtschaftszentrum der Ukraine gilt, solle künftig ein „Erholungsort“ werden, so der Diplomat der Volksrepublik.
Experten des „Institute for the Study of War“ zeigten sich zuletzt verwundert, über die russische Strategie: „Russland braucht keinen weiteren Ferienort am Schwarzen Meer. Es braucht die Art von harter Währung, die ein Werk wie Azovstal erwirtschaftet hat.“ 10.000 Arbeitsplätze hätten in Azovstal vor dem russischen Angriffskrieg Milliarden von Dollar an Deviseneinnahmen und Steuern erwirtschaftet.
Zuletzt hatten sich ukrainische Verteidiger – darunter Mitglieder des nationalistischen Asow – wochenlang im Stahlwerk verschanzt. Nach einer langwierigen Belagerung und dem Einsatz von Brandbomben ergaben sich zuletzt knapp 1730 ukrainische Kämpfer den russischen Truppen. Den ukrainischen Kämpfern droht nun Kriegsgefangenschaft, mit Blick auf die von Russland als „Nationalsozialisten“ bezeichneten Asow-Kämpfer ist sogar die Todesstrafe im Gespräch.
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