Kosovo-Konflikt: CSU-Politiker Schmidt warnt vor „martialischem Auftreten“
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Soldaten der Kosovo-Friedenstruppe KFOR bewachen das Verwaltungsgebäude der Gemeinde Zvecan nach Zusammenstößen mit militanten Serben.
© Quelle: Bojan Slavkovic/AP/dpa
Berlin. Der Hohe Repräsentant der UN für Bosnien-Herzegowina, Christian Schmidt (CSU), hat serbische und kosovarische Politikerinnen und Politiker aufgefordert, sich für eine friedliche Lösung des Konflikts im Kosovo einzusetzen. „Am wichtigsten sind jetzt Frieden und Stabilität. Es ist in der Verantwortung der Vertreter Serbiens und des Kosovos, im Dialog Probleme zu überwinden“, sagte Schmidt dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) und fügte hinzu: „Deswegen ist martialisches Auftreten einer Seite nicht zielführend, sondern kann eskalatorisch wirken. So ein Fall liegt jetzt vor“, sagte Schmidt weiter, „bedauerlicherweise auf Kosten von KFOR-Soldaten, denen unser Mitgefühl gilt.“
Seit zwei Tagen gibt es im mehrheitlich von Serbinnen und Serben bewohnten Nordkosovo schwere Ausschreitungen, bei denen bislang etwa 90 Menschen verletzt wurden, darunter 41 KFOR-Angehörige. Der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti machte dafür das Nachbarland Serbien verantwortlich. Bei den Demonstrierenden handele es sich um „einen Haufen Extremisten unter Anleitung des offiziellen Belgrads“, sagte Kurti.
Schmidt hält die Probleme für lösbar
Schmidt, der seit knapp zwei Jahren für die ehemalige jugoslawische Teilrepublik Bosnien-Herzegowina zuständig ist, sagte, das Kosovo liege zwar nicht in seiner Zuständigkeit, aber er denke, die Streitpunkte sollten mithilfe der EU und der USA lösbar sein.
„Wichtig ist mir zu betonen, dass international klar ist, dass man die Situation des Kosovos nicht mit Bosnien-Herzegowina vergleichen kann“, sagte Schmidt und warnte davor, „bewusst die bosnische Entität Republika Srpska in die Kosovo-Thematik hineinzuziehen“. „Das wird nicht gelingen und wird auch von der internationalen Gemeinschaft und mir unterbunden werden“, betonte der CSU-Politiker.
Hintergrund sind die Spannungen, die es in Bosnien-Herzegowina mit der dortigen serbischen Teilrepublik Srpska gibt. Deren Präsident, Milorad Dodik, lässt immer wieder erkennen, dass er mehr von Moskau als von Brüssel hält, obwohl das Land seit Dezember 2022 EU-Beitrittskandidat ist. „Die Situation in ganz Bosnien-Herzegowina ist stabil, es gibt jetzt wieder funktionierende Institutionen und die Menschen kommen im Alltag sehr gut miteinander aus“, sagte Schmidt dazu. „Die politischen Geplänkel sind hier ein bedauerliches Hintergrundrauschen, aber nichts, was besonderen Anlass zur Sorge gibt.“
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Auch am Dienstag weiter Demonstrationen gegen neu gewählte Bürgermeister
Die benachbarte ehemalige serbische Provinz Kosovo kommt dagegen nicht zur Ruhe. Nach den blutigen Zusammenstößen mit den unter Führung der Nato stehenden KFOR-Soldaten demonstrierten militante Serben im Norden des Kosovos auch am Dienstag in drei Gemeinden weiter gegen neu gewählte albanische Bürgermeister, die wiederum wegen eines serbischen Wahlboykotts in ihre Ämter gekommen sind. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 3,5 Prozent.
Der Westbalkanexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Thomas Hacker, sagte dazu: „Die derzeitige Lage im Norden des Kosovos hat sich die Srpska Lista selbst zuzuschreiben. Hätte die aus Belgrad gesteuerte Partei sich dazu entschieden, an den Lokalwahlen in den vier mehrheitlich von Kosovo-Serben bewohnten Gemeinden teilzunehmen, wären uns diese unschönen Bilder erspart geblieben.“
Der jüngste Angriff auf die Schutztruppe KFOR durch militante Serben sei beispiellos und aufs Schärfste zu verurteilen, sagte Hacker. Die Täter müssten zur Verantwortung gezogen werden. „Serbien und Kosovo sollten schnell auf die Implementierung des Normalisierungsprozesses hinarbeiten, sonst droht dieser ins Leere zu laufen und zum Spielball beider Seiten zu werden.“
Knochenbrüche und Verbrennungen bei KFOR-Soldaten
Am Montagnachmittag hatten sich militante Serben in Zvecan Straßenschlachten mit einer Einheit der KFOR geliefert. KFOR-Soldaten, unter ihnen Ungarn und Italiener, erlitten Verletzungen, darunter Knochenbrüche und Verbrennungen, wie die Schutztruppe am Dienstag in Pristina mitteilte. „Die KFOR hat (...) auf die unprovozierten Angriffe einer gewalttätigen und gefährlichen Menge reagiert“, hieß es in der Erklärung. Laut dem Krankenhaus in der nahen Stadt Mitrovica wurden 53 Serben verletzt.
Zu den Zusammenstößen in Zvecan kam es, als die KFOR-Truppe eine gewalttätig gewordene Menge unter Einsatz von Tränengas auflöste. Die militanten Serben bewarfen die internationalen Ordnungskräfte mit Brandsätzen, Steinen und Flaschen. Im Nordkosovo leben fast ausschließlich christliche Serbinnen und Serben, im Rest des Landes fast ausschließlich muslimische Albanerinnen und Albaner. Bereits am letzten Freitag war es in Zvecan zu Unruhen gekommen, als die kosovarische Polizei den neuen Bürgermeister ins Gemeindeamt eskortierte.
Die Konflikte im Nordkosovo ziehen sich seit Jahren hin, seitdem das Kosovo 2008 seine Unabhängigkeit erklärt hatte. Serbien hat diesen Schritt bis heute nicht anerkannt und verlangt das Land zurück. Die KFOR wurde 1999 von den UN damit beauftragt, für die Sicherheit im Kosovo zu sorgen. Sie hat heute noch etwa 3800 Soldatinnen und Soldaten dort stationiert, unter ihnen knapp 70 Deutsche.