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Trotz Menschenrechtsbedenken

Premier Modi wie ein Rockstar gefeiert: Indien und Australien rücken näher zusammen

Zwei, die sich nahestehen: Der indische Premierminister Narendra Modi (rechts) wird von seinem australischen Amtskollegen Anthony Albanese empfangen.

Zwei, die sich nahestehen: Der indische Premierminister Narendra Modi (rechts) wird von seinem australischen Amtskollegen Anthony Albanese empfangen.

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Sydney. Eigentlich hätte am Mittwoch das Meeting der Quad-Gruppe in Sydney stattfinden sollen. Dies hätte die Staats- und Regierungschefs der USA, Australiens, Indiens und Japans zusammengebracht. Doch die Absage von US‑Präsident Joe Biden, der nach wie vor mit der US‑Haushaltskrise ringt, machte dem Treffen einen Strich durch die Rechnung.

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Indiens Premierminister Narendra Modi reiste nun trotzdem an – es ist das sechste Mal innerhalb eines Jahres, dass Australiens Regierungschef Anthony Albanese und er zusammenkommen. Vor einem bilateralen Meeting mit Albanese am Mittwoch traf Modi australische Wirtschaftsführer, darunter die Bergbaumilliardäre Gina Rinehart und Andrew Forrest, und hielt eine Rede vor Tausenden Mitgliedern der indischen Gemeinde Australiens.

Die Asiendirektorin von Human Rights Watch, Elaine Pearson, hatte Australien eigentlich dazu aufgefordert, nicht die gleichen Fehler zu wiederholen, die es gegenüber der chinesischen Regierung begangen habe, indem es ein intensiveres Handelsengagement anstrebte und dabei Menschenrechtsbedenken außer Acht ließ. Auf Twitter schrieb sie, dass Muslime und Christen in Indien „Diskriminierung, Drohungen und gewalttätigen Angriffen ausgesetzt“ seien. „Regelmäßig werden drakonische Gesetze gegen Journalisten, zivilgesellschaftliche Gruppen und Regierungskritiker eingesetzt.“ Deswegen sollte es beim Besuch Modis „keine leeren Klischees“ geben, die Indien einfach als „die größte Demokratie der Welt“ bejubeln. Denn mit diesem Titel gehe die Verantwortung einher, den demokratischen Werten gerecht zu werden. Indien hat zudem Russlands Angriffskrieg in der Ukraine nicht öffentlich verurteilt.

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Kritische Stimmen ausgeblendet

Doch Kritikerinnen und Kritiker und Demonstrierende wurden weitestgehend von den Tausenden Anhängern Modis übertönt, die sich am Dienstagabend im Sydney Olympic Park versammelt hatten, um eine Rede des indischen Premierministers zu hören. Fans des Politikers reisten aus dem ganzen Land an, unter anderem mit einem Charterflug aus Melbourne. „Für unsere indische Diaspora in Australien ist es wie ein vorgezogenes Weihnachtsfest und Diwali“, sagte Sachin Dahiya, der den Flug organisierte, dem Fernsehsender Nine. Australiens indische Bevölkerung umfasst rund 750.000 Menschen.

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Zwar äußerten einige Kommentatoren Unbehagen über den populistischen Beigeschmack der Veranstaltung, doch Albanese selbst war zu keiner Kritik bereit. Es sei nicht seine Aufgabe, sich zur Innenpolitik Indiens zu äußern, meinte er. Wenige Stunden zuvor hatte er vor dem Parlament in Canberra bereits gesagt, dass die Beziehung zu Indien eine sei, „in die wir investieren müssen“. Premierminister Modi sei „ein sehr willkommener Besucher“.

Wunsch auf „offenen und freien Indopazifik“

Auf Modis Rockstarauftritt am Dienstagabend folgte ein offizielles bilaterales Treffen am Mittwoch, bei dem Verteidigung, Handel, erneuerbare Energien und Wirtschaft auf der Tagesordnung standen. In einem Interview mit der Tageszeitung „The Australian“ hatte Modi vorab bereits gesagt, dass es ihm bei dem Treffen darum ginge, die Beziehung auf ein „nächstes Level“ zu heben und dabei auch die Verteidigungs- und Sicherheitskooperation zwischen den Ländern auszubauen. Hintergrund dafür sei der gemeinsame Wunsch eines „offenen und freien Indopazifiks“.

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In Australien wie ein Rockstar gefeiert: der indische Premierminister Narendra Modi.

In Australien wie ein Rockstar gefeiert: der indische Premierminister Narendra Modi.

Fast neun Jahre nach seinem letzten Besuch in Australien reiste der indische Premierminister in einer deutlich gestärkten Position an: Indien steht als G20‑Vorsitz im Mittelpunkt der weltweiten Aufmerksamkeit, die Wirtschaft des Landes wächst rasant. Doch auch Neu-Delhi macht sich inzwischen wie Australien zunehmend Sorgen über Pekings wachsende Ambitionen. Letzteres ließ einst auch den Dialog der Quad-Gruppe wiederaufleben, an der auch die USA und Japan beteiligt sind.

Neue Wasserstoff-Taskforce

Australien und Indien kooperieren bereits seit Längerem: Seit 2009 verbindet die beiden Länder ein Sicherheitsabkommen. Wenig später hob Australien ein Verbot von Uranverkäufen nach Indien auf und „beseitigte damit einen seit Langem bestehenden Ärger in der Beziehung“, wie Ian Hall, ein Asienexperte der australischen Griffith University, in einem Beitrag für das akademische Magazin „The Conversation“ schrieb. Eine wirklich enge Partnerschaft bauten die beiden Länder allerdings erst nach dem „Schock über die Wahl von Donald Trump zum US‑Präsidenten“ auf, wie Hall es formulierte. „Die Aussicht, dass Trump ‚Amerika an erste Stelle‘ setzen würde, und die Möglichkeit, dass die USA im Falle einer Krise möglicherweise nicht wie erwartet handeln würden, führten Ende 2017 zu einer Flut diplomatischer Aktivitäten Australiens und Indiens und zur erneuten Zusammenkunft des Quad.“

Seitdem hat sich die Beziehung zwischen den Ländern trotz der Pandemie weiter vertieft. Es gibt jährliche Gipfeltreffen, auch die Außen- und Verteidigungsminister kommen regelmäßig für Gespräche zusammen. Die Armeen der Länder, Luftwaffe, Marine und auch Spezialeinheiten trainieren regelmäßig gemeinsam. Und künftig soll die Zusammenarbeit nun noch enger werden – in Bezug auf Sicherheit und Verteidigung, aber auch beim Handel sowie beim Thema erneuerbare Energien. Unter anderem vereinbarte das Duo eine australisch-indische Taskforce zum Thema grüner Wasserstoff.


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