Telefonische Krankschreibung läuft aus: Hausärzte fordern dauerhafte Beibehaltung
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Die Regelung zum Attest per Telefon läuft aus.
© Quelle: Karl-Josef Hildenbrand/dpa/dpa-t
Berlin. Die Hausärzte fordern eine dauerhafte Verlängerung der am Freitag auslaufenden Möglichkeit zur telefonischen Krankschreibung und warnen andernfalls vor einer massiven Verschlechterung der medizinischen Versorgung. „Um es klar zu sagen: Ohne die telefonische Krankschreibung geht es nicht mehr“, sagte die Vizechefin des Deutschen Hausärzteverbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Das gelte insbesondere in den akuten Infektwellen, wie es sie im vergangenen Winter gegeben habe. „Wer der telefonischen Krankschreibung jetzt den Stecker zieht, gefährdet die Versorgung und nimmt in Kauf, dass die Hausarztpraxen immer weiter unter Druck geraten“, betonte sie. Die telefonische Krankschreibung müsse daher dauerhaft etabliert werden, ohne die bisherige Beschränkung auf leichte Atemwegserkrankungen, verlangte die Medizinerin.
Streichung wäre „schlichtweg nicht nachvollziehbar“
„Warum eine Regelung, die die vergangenen Jahre hervorragend funktioniert hat, jetzt ohne Not gestrichen werden soll, ist schlichtweg nicht nachvollziehbar“, beklagte die Vizechefin des Verbandes. Es gelte, die knappen ärztlichen Ressourcen möglichst effizient einzusetzen, sonst fehle die Zeit an anderer Stelle, mahnte sie. „Wir Hausärztinnen und Hausärzte kennen unsere Patientinnen und Patienten und können am besten einschätzen, wann eine telefonische Krankschreibung sinnvoll ist und wann nicht“, argumentierte der Verband.
Ohne die bisherige Beschränkung auf Atemwegserkrankungen könnte auch Patientinnen und Patienten, die beispielsweise an einem leichten Magen-Darm-Infekt litten und keiner medizinischen Behandlung vor Ort bedürften, der Weg in die Praxen erspart bleiben, sagte Buhlinger-Göpfarth.
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Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) forderte eine Beibehaltung. Politik und Fachleute seien sich einig gewesen, aus der Corona-Pandemie lernen zu müssen und Bewährtes zu bewahren, sagte der Gesundheitsexperte des Verbandes, Thomas Moormann, dem RND. „Bei der telefonischen Krankschreibung, die sehr erfolgreich praktiziert wurde und die man durchaus als Innovation bezeichnen könnte, zeigt sich das nun leider nicht“, beklagte er. Dabei wäre die dauerhafte Möglichkeit zur telefonischen Krankschreibung für Arztpraxen wie für Patientinnen und Patienten eine große Entlastung. Er forderte die Ampelkoalition auf, die Beibehaltung gesetzlich zu regeln.
Grüne schließen sich Forderung an
Auch aus Sicht der Grünen sollten die telefonischen Krankschreibungen ohne Praxisbesuch möglich bleiben. Der gesundheitspolitische Sprecher Janosch Dahmen sagte am Freitag der Deutschen Presse-Agentur, dies sei eine wichtige Entlastung für Patienten und Ärzte, die sich bewährt habe. „Wir sollten die Regelung nicht nur fortsetzen, sondern auch jenseits von Atemwegserkrankungen auf weitere akute Beschwerden ausweiten.“
Dahmen sagte: „Eltern, die schon kranke Kinder zu Hause haben, sollten die telefonische Krankschreibung standardmäßig nutzen können. Auch auf zusätzliche akute Erkrankungen wie beispielsweise einen Magen-Darm-Infekt oder Endometriose-Patientinnen sollte die Regelung ausgeweitet werden.“ Die Ampel-Koalition sollte daher eine schnelle und pragmatische Fortsetzung beschließen. „Haus- und Kinderärzte kennen ihre Patienten“, erläuterte der Gesundheitsexperte. Sie könnten telefonisch über eine Krankschreibung entscheiden.
Bis zu sieben Tage Krankschreibung
Die in der Corona-Pandemie eingeführte Sonderregelung, die unnötige Kontakte reduzieren und Corona-Infektionen vermeiden sollte, läuft am Freitag aus. Bei leichten Erkältungsbeschwerden war es seit Frühjahr 2020 möglich, sich telefonisch bis zu sieben Tage krankschreiben zu lassen. Das Attest durfte einmalig um diesen Zeitraum verlängert werden. Die Regelung wurde mehrfach durch den zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen verlängert.
Ausschuss-Chef Josef Hecken erklärte, die Krankschreibung per Telefon habe ihre Funktion während der Pandemie erfüllt – als „einfach umsetzbare Möglichkeit, leichte und schwere Krankheitsfälle voneinander abzugrenzen und volle Wartezimmer zu vermeiden“. Angesichts der aktuellen Risikobewertung des Robert Koch-Instituts (RKI) laufe sie nun aus. Man behalte sie aber im Auge und könne sie bei Bedarf sehr schnell wieder aktivieren, machte Hecken deutlich.