Neue Flüchtlingsvereinbarung: Frankreich einigt sich mit Großbritannien
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Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, hält im Elysee-Palast eine Rede.
© Quelle: Mohammed Badra/Pool EPA/dpa
Paris. Mit dem südlichen Nachbarn hat Paris sich heftig überworfen, kaum dass dort eine neue Ministerpräsidentin im Amt war. Mit der ebenfalls neuen Regierung im Norden, jenseits des Ärmelkanals, fand Frankreich nun nach Jahren des Streits eine vorläufige Einigung. In beiden Fällen ging es um dasselbe brisante Thema, nämlich den Umgang mit Flüchtlingen. Dass die Zahl der Flüchtlinge an allen Außengrenzen zunehmen und sich die EU auf keine gemeinsame Migrationspolitik einigen kann, führt auch zu bilateralen Verwerfungen.
Einerseits kam es zu einem Schlagabtausch zwischen der französischen und der italienischen Regierung, nachdem Ministerpräsidentin Giorgia Meloni dem im Mittelmeer herumirrenden Flüchtlingsschiff „Ocean Viking“ aus Libyen das Anlegen verweigert hatte. Andererseits trafen die Innenminister Frankreichs und Großbritanniens, Gérald Darmanin und Suella Braverman, am Montag eine Vereinbarung für ein gemeinsames Vorgehen gegen illegale Migration.
Großbritannien und Frankreich kommen sich in der Flüchtlingsdebatte näher
London und Paris schoben sich bislang gegenseitig die Verantwortung für die Menschen zu, die von Frankreich aus ins Vereinigte Königreich gelangen wollen. Laut britischer Regierung reisten seit Jahresbeginn 40.000 Migranten illegal ins Land ein – so viele wie nie zuvor. Seit 2014 verloren der Internationalen Organisation für Migration zufolge mehr als 200 Menschen ihr Leben im Ärmelkanal, davon 27 bei einem Schiffbruch vor einem Jahr.
Die neue Vereinbarung sieht eine Erhöhung des finanziellen Beitrags Großbritanniens für Kontrollen auf französischer Seite auf 72,2 Millionen Euro pro Jahr vor. Im Gegenzug stellt Frankreich 350 zusätzliche Einsatzkräfte zur Verfügung. Neue technologische Mittel wie Drohnen sollen zum Einsatz kommen. Erstmals schickt jedes Land eigene Teams ins jeweils andere, um „das gegenseitige Verständnis zu stärken“. Außerdem verpflichtet sich Paris, in Südfrankreich Aufnahmezentren zu errichten, um Flüchtlinge von der Weiterreise nach Calais mit dem Ziel Großbritannien abzuhalten und ihnen „sichere Alternativen anzubieten“.
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Wie lebt es sich als achtmilliardster Mensch auf der Erde?
Am 15. November werden acht Milliarden Menschen auf der Erde leben. So lautet die Prognose der UN. In was für eine Welt wird der achtmilliardste Mensch hineingeboren? Wie wird er aufwachsen, arbeiten, welche Herausforderungen kommen auf ihn zu? Vier Szenarien aus vier verschiedenen Ländern.
Zugleich erschwert die französische Regierung dort selbst Flüchtlingen die Einreise. Am Wochenende verstärkte sie die Kontrollen an der italienischen Grenze und provozierte damit lange Staus. Auch setzte Paris ein Solidaritätsabkommen mit Rom aus, das die Aufnahme von 3500 Flüchtlingen aus Italien bis Sommer 2023 vorsieht.
Retourkutsche aus Paris für Italiens Blockade
All dies ist die Retourkutsche für Melonis Entscheidung, weder die „Ocean Viking“ aufzunehmen noch zuvor Migranten weiterer Schiffe von Bord gehen zu lassen. Innenminister Darmanin nannte ihr Verhalten „inakzeptabel“ und drohte mit juristischen Folgen. Meloni wiederum klagte über die „aggressive“ Reaktion der Regierung in Paris. Diese erlaubte am Freitag das Anlegen des Flüchtlingsschiffs am Hafen von Toulon. Zur Aufnahme von zwei Drittel der 234 Passagiere erklärten sich laut Darmanin elf Länder, darunter Deutschland, Rumänien, Bulgarien und Irland, bereit. „Die europäische Solidarität ist ein Erfolg“ kommentierte der Innenminister, der als Hardliner gilt.
Tatsächlich tut sich die französische Regierung selbst schwer mit dem Thema. Sie ist unter Druck durch den rechtsextremen Rassemblement National, aber auch die konservativen Republikaner, die ihr einen laxen Umgang mit sich illegalen Flüchtlingen vorwerfen. 2018 hatte Macron dem Flüchtlingsschiff „Aquarius“ mit rund 600 Menschen an Bord einen Anlegehafen verweigert und damit für Irritation im linken Flügel seiner Partei gesorgt. Darmanin bereitet derzeit ein neues Gesetz vor, das einerseits eine vereinfachte Aufenthaltserlaubnis für Ausländer in Branchen mit Personalknappheit vorsieht, um dem Fachkräftemangel vorzubeugen. Andererseits wird die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern beschleunigt. „Wir legen eine härtere Gangart ein“, so Darmanin.