EU-Parlament: Alle Gebäude sollen bis 2050 klimaneutral sein
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Die energetische Sanierung von Gebäuden soll verpflichtend werden.
© Quelle: djd
Straßburg. Im Kampf gegen den Klimawandel will sich die EU den nächsten dicken Brocken vornehmen: In den kommenden Jahren sollen Millionen von Gebäuden in der EU renoviert werden. Bis 2050 sollen demnach sämtliche Gebäude in der EU klimaneutral sein, neue Häuser schon vom Jahr 2030 an. Das Europaparlament folgte am Dienstag mehrheitlich einem Vorschlag der EU-Kommission, neue Standards für die Energieeffizienz von Gebäuden einzuführen. Doch das Projekt ist umstritten. Kritiker und Kritikerinnen laufen Sturm. Sie fürchten, dass die Sanierungskosten für viele Menschen nicht bezahlbar sein könnten.
Gebäude gehören zu den größten Energiefressern in der EU. Nach Angaben der Brüsseler Kommission sind Gebäude für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich. Die Behörde von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will nun erreichen, dass sich Millionen von Europäerinnen und Europäern Solaranlagen aufs Dach ihres Eigenheims setzen und Gas- oder Ölheizungen durch Wärmepumpen ersetzen.
Selbst Kritiker zweifeln nicht an Notwendigkeit
Konkret sollen Wohngebäude bis 2030 mindestens die Energieeffizienzklasse „E“ und bis 2033 die Effizienzklasse „D“ erreichen. Ähnlich wie bei Haushaltsgeräten soll die Energieeffizienz auf einer Skala von „A“ bis „G“ angegeben werden.
Die geplante Gesetzesänderung ist Teil des Klimapakets „Fit for 55″, mit dem die Nettotreibhausgasemissionen in der EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden sollen. Um mehr Druck auf die Mitgliedsstaaten auszuüben, erhöhte das Europaparlament am Dienstag auch das CO₂-Einsparziel bis zum Jahr 2030 von 30 auf 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990. Betroffen davon sind der Gebäudesektor, der Verkehr und die Landwirtschaft, die zusammen etwa 60 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen ausmachen.
Selbst Kritikerinnen und Kritiker der geplanten Gebäudestandards zweifeln nicht an, dass der Energieverbrauch von Gebäuden nicht ohne grundlegende Sanierungen gesenkt werden kann. Die Geister scheiden sich jedoch, sobald es um die Frage der Finanzierung geht.
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„Kosten im Kampf gegen den Klimawandel nicht auf Omas Häuschen abwälzen“
„Bei allem Ehrgeiz, die Klimaziele möglichst rasch umzusetzen, muss auch die Frage beantwortet werden: Wer soll die Kosten tragen und wer führt angesichts des Fachkräftemangels eigentlich die Renovierungen durch. Bauen und Wohnen ist an vielen Stellen in Deutschland unbezahlbar geworden“, sagte der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke nach dem Votum des Parlaments in Straßburg: „Wir können die Kosten im Kampf gegen den Klimawandel nicht auf Omas Häuschen abwälzen.“
Dagegen sagte die Grünen-Europaabgeordnete Jutta Paulus, es sei Ziel, den Energieverbrauch von Gebäuden deutlich zu senken und so den Geldbeutel der Verbraucherinnen und Verbraucher zu schonen. „Die günstigste Energie ist die, die wir nicht verbrauchen“, sagte Paulus. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) schätze die Kosten für die Sanierungen in Deutschland auf bis zu 254 Milliarden Euro. Diese Summe werde aber auf viele Jahre verteilt. „Die Gaspreisbremse kostet allein 200 Milliarden Euro – und das in einem Jahr“, sagte Paulus.
Zudem soll es nationale Hilfen für Haushalte geben, die die Sanierungen finanziell nicht stemmen könnten. Wie genau diese Hilfen aussehen, ist allerdings noch unklar. Die EU-Kommission plant, bis 2030 bis zu 150 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zur Verfügung zu stellen. Der Vorschlag ist noch nicht endgültig beschlossen. Nun beginnen die Verhandlungen zwischen Europaparlament und EU-Staaten über die Details, die sich über Monate ziehen werden.
Deutsche Verbrennerblockade: EU-Partner sind frustriert
Die anhaltende deutsche Blockade des geplanten Aus für neue Verbrenner ab 2035 stößt bei europäischen Partnern auf Unverständnis und Entsetzen.
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Grund ist die Verärgerung über Deutschland. Die FDP kündigte vor wenigen Tagen ein Veto gegen das geplante Aus für Verbrennungsmotoren im Jahr 2035 an. Dabei hatten sich alle EU-Institutionen bereits vor Monaten auf das Verbrenneraus geeinigt.
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