Arabischer Straßenname überklebt

Düsseldorfer Ratsherr fordert weitere Schilder: „Alles andere wäre eine Kapitulation vor den Rechten“

Über dem Straßenschild „Ellerstraße“ ist die arabische Version zu sehen. Das Schild in Oberbilk ist eins von dreien in einer anderen Sprache in Düsseldorf.

Über dem Straßenschild „Ellerstraße“ ist die arabische Version zu sehen. Das Schild in Oberbilk ist eins von dreien in einer anderen Sprache in Düsseldorf.

An der Ellerstraße in Düsseldorf hängt seit zwei Wochen über dem ursprünglichen Straßennamen ein weiterer in arabischer Schrift. Wenige Tage später wurde es mit rechtsradikalen Motiven überklebt. Der Staatsschutz ermittelt. Samy Charchira, Düsseldorfer Ratsherr und Grünen-Politiker, bekam eine halbe Stunde nach der Aktion eine Whatsapp-Nachricht. Er sieht sie in einer Reihe von rechtsextremen Taten in Deutschland.

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Herr Charchira, wo genau liegt die Ellerstraße, in der das arabische Straßenschild aufgehängt wurde?

Die Straße befindet sich unmittelbar in der Nähe des Hauptbahnhofs, im Stadtteil Oberbilk. Hier haben sich im Laufe der Sechzigerjahre viele ehemalige Gastarbeiter, aber auch viele Menschen aus anderen Herkunftsländern angesiedelt. Oberbilk ist bunt und repräsentiert die Vielfalt in unserer Stadt. Die maghrebinische Community, also marokkanische, tunesische und andere Menschen prägen diesen Stadtteil stark.

Warum gibt es in der Ellerstraße dieses Straßenschild?

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Die Stadt hat sich auf die Fahne geschrieben, ihre Vielfalt besser zu repräsentieren. Hier hat fast jeder Zweite einen Migrationshintergrund. Es besteht eine Verbindung zwischen dem Erfolg der Stadt und ihrer Internationalität. Also hat man sich überlegt, dort, wo sich die verschiedenen Communitys etabliert haben, als Zeichen der Anerkennung und Würdigung ein zusätzliches Straßenschild in ihrer Sprache aufzuhängen. Auf der Immermannstraße hängt beispielsweise ein zusätzliches Schild auf Japanisch. Und in Oberbilk an der Ellerstraße hängt eins in arabischer Schrift und spricht damit nicht nur die marokkanische und tunesische Menschen an, sondern auch Menschen aus über 25 Herkunftsstaaten, die allesamt die arabische Sprache verstehen und lesen können.

Wie waren die Reaktionen auf die Straßenschilder?

Sowohl das japanische Straßenschild, das wir seit über anderthalb Jahren haben, als auch das arabische Straßenschild wurden sehr positiv aufgefasst. In den sozialen Medien hat aber das arabische Straßenschild für heftigen Aufruhr gesorgt – vor allem im rechten Milieu. Es gab sehr viel Hassrede – die hatten wir übrigens nicht bei den japanischen und italienischen Straßenschildern. Das ist exklusiv bei dem arabischen Schild, weil es auf Ressentiments trifft. Wenn man sich die Argumente anschaut, die Aktionen, die dazu stattgefunden haben, dann ist das eindeutig antimuslimischer Rassismus.

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Mutmaßlich Rechtsextreme haben das Schild überklebt und mit fremdenfeindlichen Plakaten gegen die Aktion protestiert. Wann haben Sie davon erfahren?

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Direkt Sonntagnacht. Die Aktion geschah um Mitternacht und ich bin eine halbe Stunde später über Whatsapp von Menschen, die im Stadtteil wohnen, informiert worden. Ich habe die Gruppe, die sich dazu bekannt hat, relativ schnell im Internet gefunden. Die sogenannte Revolte Rheinland wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Sie hat Bilder der Aktion gepostet. Wenn man sich das genau anschaut, zeigt die Aktion antimuslimischen Rassismus in ihrer reinsten Form. Der Kriegsherr Karl Martell, auf den sich bei dem Straßennamen bezogen wird, ist eine Ikone in rechtsradikalen Milieus. Er wird von Rechtsradikalen, wie beispielsweise Anders Breivik, verherrlicht. Und das Bild, mit dem sie den anderen Straßennamen austauschten, zeigt einen vermeintlichen Ritter, der mit einer Lanze Menschen vor sich hertreibt und zu töten versucht. Das ist starker Tobak.

Was haben Sie gedacht, als Sie von dem Vorfall erfahren haben?

Ich bin von der Aktion nicht wirklich überrascht. Ich habe damit gerechnet, dass sich Menschen mit rechtsradikaler Gesinnung daran zu schaffen machen. Ich habe allerdings eher mit Schmierereien gerechnet oder dass das Schild gestohlen wird. Diese Umdeutung habe ich nicht erwartet. Wir haben in unserer Gesellschaft einen aufkeimenden rechten Rand, mit einem politischen Arm, der dazu beiträgt, dass sich die rechte Gesinnung in unserer Gesellschaft weiter verbreitet. Davon sind wir auch in Düsseldorf nicht befreit.

Was sind das für Menschen, die Angst vor einem Straßenschild haben?

Erst einmal vorne weg: Man kann diese Menschen nicht für voll nehmen, die sich ihrer Heimat beraubt fühlen, weil dort ein arabisches Straßenschild hängt. Oder wenn sie Ängste haben, dass wir alle „arabisiert“ werden. Das sind keine rationalen, nachvollziehbaren Gründe, sondern ist plumpe Gesinnung. Das ist Xenophobie, das ist Diskriminierung. Argumente spielen keine Rolle. Es geht nicht um vermeintliche besorgte Bürger, sondern um Menschen, die eine ganz handfeste rechtsradikale Ideologie haben. Es ist für sie nicht ausschlaggebend, dass es um ein Straßenschild geht.

Samy Charchira ist Grünen-Politiker und Ratsherr in Düsseldorf.

Samy Charchira ist Grünen-Politiker und Ratsherr in Düsseldorf.

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Die Stadt hat den Vorfall öffentlich verurteilt. Hängt das Schild aktuell wieder?

Am Montagmorgen um 5 Uhr war es wieder hergestellt. Jetzt müssen ganz bald weitere Schilder dazukommen. Alles andere wäre eine Kapitulation vor den Rechten. Das dürfen wir in einer Demokratie nicht zulassen.

Kann es eine Lösung sein, das Schild zu überwachen?

Ich kann nicht ausschließen, dass das Straßenschild wieder beschädigt wird. Ich bin selber im Stadtteil unterwegs und versuche die Menschen dafür zu sensibilisieren, dass sie wachsam sind, dass sie ihre Umgebung noch besser beobachten. Wenn sie Randalierer oder Vandalismus erkennen, dass sie sofort die Polizei alarmieren. Wenn das Schild noch einmal beschädigt wird, würde ich eine Spendenaktion starten.

Aktuell ermittelt der Staatsschutz wegen der Aktion. Fordern Sie weitere Konsequenzen?

Düsseldorf ist eine sehr offene, internationale Stadt und wir haben hier ein gutes Miteinander. Wir haben viel Achtung voreinander. Mein Appell an die Zivilgesellschaft, an die Verwaltung, an die Politik, an alle, die sich ja auch verantwortlich fühlen dürfen, ist, dass wir wirklich gemeinsam noch mehr gegen Rassismus vorgehen. Es ist unser aller Pflicht mehr zu tun gegen Diskriminierung und gegen Rassismus und für die Vielfalt in unserer Stadt. Wir müssen jetzt ein weiteres Straßenschild anbringen. Das ist genau die richtige Antwort auf rechte Ideologie.

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