Warum die Verurteilung Trump nicht schaden wird – und wie es für ihn weitergeht
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Donald Trump, ehemaliger Präsident der USA, spricht 2022 bei einer Kundgebung in Wilkes-Barre, Pennsylvania. (Archivbild)
© Quelle: Mary Altaffer/AP/dpa
Es ist ein denkwürdiges Urteil. Zum ersten Mal ist mit Donald Trump ein ehemaliger US-Präsident wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden – und damit als Sexualtäter gebrandmarkt. Der frühere US-Präsident muss der Klägerin und Autorin E. Jean Carroll 5 Millionen Dollar Schadensersatz zahlen. Diese hatte ihm vorgeworfen, sie Mitte der 1990er-Jahre in einer Umkleidekabine eines New Yorker Nobelkaufhauses vergewaltigt zu haben.
Der Vorwurf der Vergewaltigung wurde in dem Zivilprozess zwar abgewiesen. Die Jury hielt es jedoch für erwiesen, dass Trump die Schriftstellerin verleumdet und sexuell missbraucht hat. Trump bestreitet das nach wie vor. Für Carroll ist das Urteil dagegen ein Erfolg. „Dieser Sieg ist nicht nur für mich, sondern für jede Frau, die gelitten hat, weil ihr nicht geglaubt wurde“, schrieb die 79‑Jährige in einer veröffentlichten Erklärung nach dem Urteil. Und tatsächlich ist es auch ein Sieg für die #MeToo-Bewegung. Es zeigt, dass selbst ein Mann wie Donald Trump nicht unantastbar ist. Dass sich sexueller Missbrauch nicht durch ungleiche Machtverhältnisse vertuschen lässt. Und dass sich ein einflussreicher Mann nicht ewig hinter seinen Verleumdungen verstecken kann – und damit durchkommt. Trumps Kritiker werten das als wichtiges Symbol.
Doch einiges spricht dafür, dass die Auswirkungen des Urteils erst mal nur ebendas bleiben: ein Symbol. Der in New York verhandelte Prozess war ein Zivilprozess. Die Hürden für eine Verurteilung sind darin geringer. Strafrechtlich sind die Taten verjährt. Trump gilt demnach nicht als „schuldig“, sondern als „haftbar“. Sein Anwalt hat angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Auf seine Ambitionen, 2024 noch einmal US-Präsident zu werden, hat das Urteil – zumindest rechtlich – ohnehin keine Auswirkungen. Trump kann weiterhin für die Republikaner kandidieren. Momentan ist er in Umfragen der Favorit, liegt vor seinem parteiinternen Konkurrenten Ron DeSantis.
Ob ihn die Verurteilung am Ende Wählerstimmen kosten wird, ist unklar. In der Vergangenheit hat es Trump verstanden, seine juristischen Probleme für sein Image zu nutzen. Das Urteil könnte daran erst mal wenig ändern. Auf seiner Plattform „Truth Social“ legte er am Dienstag im üblichen Jargon nach. Das Urteil sei eine „Schande“ und die „Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten“. Außerdem habe er überhaupt keine Ahnung, wer diese Frau sei. Sein Anwalt Tacopina erklärte im Schlussplädoyer, Trump glaube nicht, dass er im demokratisch geprägten New York überhaupt einen fairen Prozess bekomme.
Kann das Urteil Trump sogar nützen?
Trump-Fans, die dessen Verfehlungen bisher tolerierten oder gar glorifizierten, haben vermutlich keinen Grund, ihre Einstellung zum Ex-Präsidenten zu ändern. Trump hat aus seinem verstörenden Frauenbild nie einen Hehl gemacht. Als „Star“ sei er es gewohnt, dass er Frauen ungefragt küssen und begrapschen dürfe, hatte er in einem heimlich aufgenommenen und 2016 bekannt gewordenen Video erklärt. Im Zivilprozess auf dieses Video angesprochen deutete er an, dass er weiterhin zu dieser Aussage stehe.
Während es in Deutschland undenkbar ist, dass ein gebrandmarkter Sexualstraftäter sich auf eines der höchsten politischen Ämter bewirbt und möglicherweise sogar gewählt wird, scheint es in den USA möglich. Die New Yorker Ex-Staatsanwältin Annemarie McAvoy hält es für möglich, dass Trump von dem Urteil politisch profitieren könnte. „Die, die ihn unterstützen, das Ganze als Hexenjagd gegen ihn empfinden und die New Yorker Jury kritisch betrachten, könnten jetzt erst recht sagen: ‚Wir brauchen Trump, müssen ihn schützen‘“, sagte sie der ARD.
Anders könnte es bei Trumps restlichen juristischen Verstrickungen sein. Im März wurde Trump als erster Ex-Präsident der US-Geschichte strafrechtlich angeklagt. Die Staatsanwaltschaft von Manhattan wirft ihm im Zusammenhang mit einer Schweigegeldzahlung an die ehemalige Pornodarstellerin Stormy Daniels vor, Geschäftsdokumente in 34 Fällen gefälscht zu haben. Trump soll im Präsidentschaftswahlkampf versucht haben, schädliche Informationen zu vertuschen. Das sexuelle Verhältnis mit Daniels bestreitet Trump, nicht aber, dass Geld geflossen ist. Schweigegeldzahlungen sind in den USA nicht illegal.
Weiterer juristischer Ärger für Trump
Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen wurde in diesem Fall bereits zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Trump könnte ein ähnliches Urteil drohen. Auch im Falle einer Verurteilung könnte Trump rein rechtlich noch Präsident werden. Allerdings könnte der Prozess, der Anfang nächsten Jahres beginnen soll, die Kandidatur für Trump sehr schwierig machen – mindestens zeitlich.
Weiterer juristischer Ärger droht Trump im US-Bundesstaat Georgia. Dort leitete die Justiz Ermittlungen gegen Trump und seine Verbündeten ein. Sie sollen dort 2020 versucht haben, den Ausgang nach der Präsidentschaftswahl zu kippen. Ob und gegen wen Anklage erhoben werden könnte, ist aber noch unklar.
Auch im Zusammenhang mit der Kapitolerstürmung vom 6. Januar 2021 wird gegen Trump ermittelt. Ein vom Justizministerium ernannter Sonderermittler prüft seitdem, ob der damalige Präsident für den Angriff auf das US-Kapitol strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann.
Der gleiche Sonderermittler befasst sich auch mit Geheimdokumenten, die im August 2022 bei einer Razzia in Trumps Anwesen in Mar-a-Lago gefunden und beschlagnahmt wurden. Eigentlich hätte Trump die Dokumente zum Ende seiner Amtszeit dem Nationalarchiv übergeben müssen, das die Dokumente verwaltet.
Auch wenn die Verurteilung im Zivilprozess wegen sexuellen Missbrauchs zunächst eher nur eine symbolische Konsequenz hat. Das Urteil hat gezeigt, dass Urteile gegen ihn als Ex-Präsidenten überhaupt möglich sind. Sollte sich das fortsetzen, könnte es eng für ihn werden.