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Kommentar zum Koalitionsvertrag

Berlin hat einen zweifelhaften Ruf zu verlieren

Franziska Giffey (SPD), noch Regierende Bürgermeisterin von Berlin, und der Berliner CDU-Vorsitzende Kai Wegner bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Koalitionsvertrags von SPD und CDU.

Franziska Giffey (SPD), noch Regierende Bürgermeisterin von Berlin, und der Berliner CDU-Vorsitzende Kai Wegner bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Koalitionsvertrags von SPD und CDU.

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Berlin. Eine Nummer kleiner ging es offenbar nicht: „Das Beste für Berlin“ ist der Koalitionsvertrag überschrieben, den CDU und SPD für die Hauptstadt ausgehandelt haben. 135 Seiten, 24 Kapitel und – wie die bisherige Regierende Bürgermeisterin, eigentliche Wahlverliererin und voraussichtlich künftige Senatorin für irgendwas Franziska Giffey mitteilte – „über 1000 Einzelvorhaben“. 1000 beste und sicher auch allerbeste Ideen also, mit so plakativen Botschaften sollen auch die Zweiflerinnen und Zweifler in Giffeys SPD, die die Groko schon aus Prinzip ablehnen, überzeugt werden.

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Giffey braucht schließlich deren Stimmen noch für das Mitgliedervotum, das entscheiden wird, ob aus den 135 Seiten tatsächlich eine Regierung wird. Dass die Gewerkschaften, unter anderem auch angesichts einer angedrohten Abgabe für nicht ausbildende Betriebe, erst einmal positiv reagierten, wird da helfen.

SPD und CDU bemühen die neu gefundene Gemeinsamkeit

Die CDU wird nicht das Problem werden – schließlich bekäme sie erstmals seit 22 Jahren wieder den Chefposten der Stadt, und eine Helmut-Kohl-Straße obendrein.

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Bemerkenswert ist, wie sehr Giffey und ihr potenzieller CDU-Nachfolger Kai Wegner nach einem Wahlkampf, in dem sich alle Parteien mit Ideologievorwürfen überzogen, die angeblich neu gefundene Gemeinsamkeit bemühen – und auch darum, das nicht geringe Grünen-Klientel der Stadt mitzunehmen: CDU-Mann Wegner sprach lang und breit über S-Bahn-Takt und ÖPNV-Ausbau – und statt übers Auto lieber über den „Individualverkehr“. Und in der chronisch finanzschwachen Stadt soll es 5 Milliarden Euro für den Klimaschutz geben. Die kreative Haushaltsführung durch Sondervermögen hat man sich dabei beim Bund abgeschaut.

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Sollte die Koalition tatsächlich zustande kommen, muss sie sich an ihre Erzählung von Gemeinsamkeit und Pragmatismus erinnern. Die Stadt hat schließlich einen Ruf zu verlieren: den einer Chaosmetropole, in der nichts klappt außer ständige Mietsteigerungen. Es wäre eine wirklich gute Idee, wenn sich das umdrehen würde.

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