Deutsche Pläne an mehreren Punkten angreifbar

„Extrem dünnes Eis“: Warum die Cannabislegalisierung an Brüssel scheitern könnte

Cannabispflanzen wachsen in einem Blüteraum eines Pharmaunternehmens.

Cannabispflanzen wachsen in einem Blüteraum eines Pharmaunternehmens.

Berlin. Für den CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger ist die Sache schon jetzt völlig klar: Mit der geplanten Legalisierung von Cannabis bewege sich die Ampelkoalition europarechtlich auf extrem dünnen Eis. „Ein nationaler Alleingang ist zum Scheitern verurteilt“, prognostiziert der Bundestagsabgeordnete, der als Hausarzt im Münchener Umland praktiziert und die Legalisierung leidenschaftlich bekämpft.

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Pilsinger trifft damit einen wunden Punkt. Tatsächlich ist das EU-Recht das Haupthindernis auf dem Weg zu Cannabisfreigabe. Schließlich gibt es mindestens zwei verbindliche Vorgaben in der EU, die ihr entgegenstehen. Da wäre zum einen der EU‑Rahmenbeschluss von 2004, der vorschreibt, dass Herstellung, Anbau, Verkauf, Transport oder Ein- und Ausfuhr von Drogen unter Strafe gestellt werden müssen. Cannabis ist dabei ausdrücklich eingeschlossen. Vorgegeben wird, dass jedes Mitgliedsland Verstöße mit „wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden strafrechtlichen Sanktionen“ ahnden müsse.

Zudem gibt es das sogenannte Schengen-Protokoll. Darin verpflichteten sich die Vertragsländer, zu denen auch Deutschland gehört, „die unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln aller Art einschließlich Cannabisprodukte sowie den Verkauf, die Verschaffung und die Abgabe dieser Mittel mit verwaltungs­rechtlichen und strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden“.

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Eine Hanfpflanze der Sorte Voluptas Island Sweet Skunk wächst in der Indoor-Plantage der Firma Aurora in Leuna.

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Legalisierungsvorhaben ist in mehreren Punkten angreifbar

Da sie diese Vorgaben nicht ändern kann, setzt die Bundesregierung trickreich auf eine neue Interpretation des EU- und des Völkerrechts: Nur durch eine Legalisierung könne der Jugend- und Gesundheitsschutz gewährleistet, der Schwarzmarkt trockengelegt und damit die internationale Drogenkriminalität bekämpft werden, heißt es in den gerade erst bekannt gewordenen Eckpunkten zur Cannabisfreigabe. Um die EU-Ebene nicht zusätzlich zu reizen, setzt die Regierung zudem ausschließlich auf den Anbau in Deutschland und plant keinen grenzüberschreitenden Handel.

Lauterbach legt erste Eckpunkte zur Legalisierung von Cannabis vor

In Deutschland soll künftig Kauf und Besitz von 20 Gramm Cannabis ab dem Alter von 18 Jahren grundsätzlich straffrei sein.

Ob das reicht, ist mehr als fraglich. Um einen „Morbus Scheuer“ zu verhindern – gemeint ist Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der mit der PKW-Maut auf EU-Ebene gescheitert war – will Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bereits die Eckpunkte der EU-Kommission vorlegen, um sich grünes Licht zu holen. Selbst wenn das gelingen sollte, ist der Weg aber nicht frei, weil Deutschland dann immer noch von einem anderen Mitgliedsstaat vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt werden kann. Am Ende könnte sich ausgerechnet das in guter Absicht geplante Importverbot als schädlich erweisen: Schließlich ist der freie Handel eines der Grundprinzipien der EU.

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