Ampel lehnt Forderung nach Flüchtlingsobergrenze ab – „de facto in einer neuen Migrationskrise“
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/4FACHOG2DNABHGZV4Y5ZQHRQWA.jpeg)
Migranten kommen am Hafen der Insel Lampedusa an.
© Quelle: Cecilia Fabiano/LaPresse/AP/dpa
Berlin. Die Bundesregierung hat der Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) nach einer Obergrenze für den Zuzug von Flüchtlingen eine Absage erteilt. „Eine Obergrenze löst das Problem nicht“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner am Montag vor Journalisten in Berlin. „Die einzige vernünftige Möglichkeit, bei diesem komplexen Thema Migration voranzukommen, ist eine dauerhafte Steuerung und Ordnung im europäischen Rahmen.“
Söder hatte sich in der „Bild am Sonntag“ für eine „Integrationsgrenze“ von höchstens 200.000 Migranten im Jahr ausgesprochen und dafür Kritik geerntet. Politiker von SPD und FDP wiesen darauf hin, dass dies rechtlich gar nicht gehe. Denn das Asylrecht sei ein individuelles Grundrecht, das man nicht einfach so zahlenmäßig begrenzen könne.
Deutschland will vorerst keine Flüchtlinge aus Italien aufnehmen
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums verwies am Montag zudem auf ein ganzes Bündel von Maßnahmen seines Hauses gegen den anhaltenden Zuzug von Flüchtlingen. Dazu gehörten das Anfang Juni im Prinzip vereinbarte Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS), über das jetzt zwischen den verschiedenen Institutionen der Europäischen Union weiterverhandelt wird. Es sieht im Kern Asylverfahren für Menschen mit geringer Bleibeperspektive an den Außengrenzen der EU vor. Weiter nannte er den Kampf gegen Schleusungskriminalität, die Einstufung Georgiens und Moldaus als sichere Herkunftsstaaten, die Arbeit an Migrationsabkommen sowie polizeiliche Maßnahmen an allen deutschen Außengrenzen.
Zugleich sagte der Sprecher, dass Deutschland freiwillig vorerst keine weiteren Flüchtlinge aus Italien mehr aufnehmen werde, weil Italien seinerseits Flüchtlinge nicht zurücknehme, die unrechtmäßig von dort nach Deutschland gekommen seien. Asylanträge müssen nach europäischem Recht dort gestellt und bearbeitet werden, wo ein Flüchtling erstmals den Boden der EU betritt. Italien lässt viele Flüchtlinge gleichwohl einfach weiterreisen.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/EZHJQQG67RD4LOGG3ATC7MQUTQ.jpg)
Hauptstadt-Radar
Persönliche Eindrücke und Hintergründe aus dem Berliner Regierungsviertel. Immer dienstags, donnerstags und samstags.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Wegen der Situation auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa, wo immer mehr Flüchtlinge ankommen, gibt es nach Angaben des Bundesinnenministeriums nun Gespräche zwischen Deutschland, Italien, Spanien, Frankreich und der EU-Kommission. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen war am Wochenende mit der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni dorthin gereist, indes ohne eine Lösung für das Problem gefunden zu haben.
Strack-Zimmermann fordert von der Leyen zum Handeln auf
Die Spitzenkandidatin der FDP bei der Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, forderte von der Leyen daher zum Handeln auf. „Es wird Zeit, dass die Kommissionspräsidentin endlich reagiert, weil wir das Problem europäisch lösen müssen“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Frau von der Leyen muss endlich ins Tun kommen. Die europäischen Außengrenzen gehören geschützt.“ In den Herkunftsländern müsse bereits geklärt werden, ob die Frage auf Asyl positiv beschieden werden könne oder ob ein Schutzgrund nach der Genfer Flüchtlingskonvention im Einzelfall vorliege. „Wir müssen dagegen Flüchtlinge, die aus sicheren Herkunftsländern stammen, sofort zurückschicken. All das muss jetzt und sofort passieren.“
Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber (CSU), mahnte ebenfalls eine Begrenzung an. „Europa ist de facto in einer neuen Migrationskrise“, sagte er dem RND. „Die kann nicht durch Nichtstun bewältigt werden, sondern nur mit entschlossenem Handeln. Der Kanzler und die Innenministerin müssen ihre Verweigerungshaltung aufgeben. Neben Humanität braucht es endlich strikte Steuerung und Begrenzung.“
Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, warnte unterdessen vor nachlassender Zustimmung zum Zuzug von Asylsuchenden nach Deutschland. „Bund und Länder müssen sehr bewusst mit der Akzeptanz der Menschen umgehen“, sagte er. „Der Bund muss deshalb das Signal senden, dass die Zuwanderung, so gut es geht, begrenzt wird und in geordneten Bahnen verläuft. Wichtig ist darüber hinaus, dass die Bundesländer nur Menschen auf die Kommunen weiterverteilen, die eine Bleibeperspektive haben.“