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„Müssten keine Arbeitskräfte mehr anwerben“

Ramelow will Asylbewerber pauschal anerkennen – unter Bedingungen

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow.

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Berlin. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) schlägt vor, alle Asylbewerberinnen und Asylbewerber, die 2015 oder später nach Deutschland gekommen sind und mindestens drei Jahre ohne Beanstandungen hier gelebt haben, pauschal anzuerkennen, um das Asylsystem zu entlasten. „Menschen, die länger als drei Jahre bei uns leben und währenddessen nicht auffällig geworden sind, sollte man eine Bleibeperspektive geben, statt alle Asylverfahren zu Ende zu führen“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) anlässlich der aktuellen Diskussionen über die Flüchtlingspolitik. „Dann könnten wir uns die ganze Bürokratie und die Abschiebedebatten sparen. Dann müssten wir auch keine Arbeitskräfte mehr anwerben.“ Asylverfahren dauern derzeit im Schnitt 7,7 Monate, sich anschließende Gerichtsverfahren jedoch 29 Monate – und manche auch deutlich länger.

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Der Linken-Politiker betonte überdies, dass der Bund Ländern und Kommunen helfen müsse, um die finanziellen Lasten, die sich aus dem Zuzug von rund einer Million Ukrainerinnen und Ukrainer und monatlich aktuell etwa 20.000 weiteren Geflüchteten aus anderen Ländern ergeben, schultern zu können. „Der Bund muss finanziell helfen. Und er sollte nicht mit dem Finger auf uns zeigen“, sagte er. Denn über die Freizügigkeit innerhalb Europas, die den Zuzug ermögliche, hätten weder Länder noch Kommunen entschieden. Nun zu sagen, für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen seien laut Verfassung die Kommunen zuständig, habe daher „einen höhnischen Unterton“. Ramelow betonte: „Die Kommunen sagen: Das sind die Geflüchteten des Bundes. Doch die Bundesregierung versteht nicht, wie groß der Druck im Kessel ist.“

Keine Lösung in Sicht

Am 10. Mai wird ein Flüchtlingsgipfel von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und den Ministerpräsidenten der Länder stattfinden. Vorangegangene Gespräche mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatten keine Lösung gebracht. Länder und Kommunen fordern seit Monaten mehr finanzielle Unterstützung des Bundes. Dieser ist dazu aber bisher nicht bereit. Die Bundesregierung verweist vielmehr darauf, dass Länder und Gemeinden zuletzt mehrheitlich finanzielle Überschüsse erwirtschaftet hätten, während der Bund auch wegen der Corona-Pandemie und der Energiekrise zum dritten Mal in Folge ein Defizit hinnehmen müsse und sich 2022 und 2023 mit jeweils rund 15 Milliarden Euro an den Flüchtlingskosten beteilige.

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So hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) der „Rheinischen Post“ gesagt: „Der Bund unterstützt die Länder bereits massiv. Wir haben die Flüchtlinge aus der Ukraine alle ins Bürgergeld übernommen, das heißt, der Bund zahlt für ihren Lebensunterhalt, obwohl eigentlich die Länder zuständig wären.“ Bisher zeichnet sich nicht ab, wie der Konflikt beigelegt werden könnte. Die Positionen sind auf allen Seiten ziemlich verhärtet.

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Die Grünen vertreten unterdessen bei dem Thema eine andere Haltung als SPD und FDP. „Die Herausforderungen in den Kommunen sind zu groß, um an ihnen vorbeizureden“, sagte der Parteivorsitzende Omid Nouripour der Deutschen Presse-Agentur. Besonders belastete Kommunen bräuchten Hilfe – „auch finanziell“.

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