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Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin

Giffey verspricht sich mehr „Gestaltungsmacht“ und „geringere Reibungsverluste“ von möglicher CDU-Koalition

Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) spricht bei einer Pressekonferenz.

Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) spricht bei einer Pressekonferenz.

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Berlin. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat den überraschenden Schwenk ihrer Partei zu einer möglichen Koalition mit der CDU verteidigt. Von den Grünen habe man „eher Signale bekommen, dass Ziele, die uns wichtig waren, relativiert werden“, sagte Giffey am Donnerstag im Deutschlandfunk. Zudem sei signalisiert worden, „das es ein sehr veritables Interesse gibt, mit der CDU in ein Bündnis zu gehen“.

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SPD: Chancen bei Wahl 2026 in neuer Koalition größer

Die Spitze der Berliner SPD verspricht sich von einem Wechsel zu einer Koalition mit der CDU mehr Erfolgschancen bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl im Jahr 2026. Das zeigt der interne Bericht der SPD-Sondierungskommission, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. In den vergangenen sechs Jahren habe es in der Koalition mit Grünen und Linken eine „hohe Anzahl ungelöster koalitionsinterner Konflikte“ gegeben, so dass eine Verbesserung der Bilanz bei für die SPD wichtigen Themen wie Wohnungsbau und Sicherheit „im derzeitigen Bündnis kaum glaubhaft darstellbar“ sei. Die Aussichten für die Wahlen 2026 seien besonders für die geschwächte SPD „in einem krisenbelasteten Bündnis kaum positiv“.

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In einem Zweierbündnis mit der CDU seien hingegen mehr „Gestaltungsmacht“ und „geringere Reibungsverluste“ bei koalitionsinternen Kompromissen zu erwarten. Mit Blick auf die Wahlen 2026 seien daher „eine bessere Umsetzung der eigenen Vorhaben und eine verbesserte Profilbildung“ möglich.

Der SPD-Linke und frühere Bildungs-Staatssekretär Mark Rackles nannte den Bericht „interessengeleitet“ und schrieb: „Das Ergebnis der Sondierungsgespräche stand schon vorher fest.“ Giffey wolle gezielt eine Koalition mit der CDU. Rackles hatte schon in der vergangenen Woche den Schritt Giffeys vorhergesagt.

Die SPD-Jugendorganisation Jusos will das Bündnis mit der CDU noch über den anstehenden Mitgliederentscheid stoppen. „Was jetzt folgen wird und muss, ist die größte parteiinterne Kampagne, die die SPD Berlin je gesehen hat“, twitterten die Jusos. „Wir haben im SPD-Vorstand unsere Haltung klar gemacht, leider ohne Erfolg.“

Giffey steht also unter enormem Rechtfertigungsdruck. In sieben Tweets erläuterte sie noch mal ihre Gründe, dass sie einem Bündnis als kleiner Partner der CDU den Vorzug gibt, und nicht einer SPD-geführten Regierung mit Grünen und Linken.

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Außerdem gab Giffey am Mittwochabend und Donnerstagmorgen zahlreiche Interviews, in denen sie sie die Entscheidung des SPD-Landesvorstandes verteidigte.

Giffey: Schnittmengen mit CDU größer

Die SPD war bei der Wiederholungswahl am 12. Februar mit 18,4 Prozent der Stimmen deutlich hinter dem Wahlsieger CDU (28,4 Prozent) gelandet. Am Mittwochabend hatte der SPD-Landesvorstand bekannt gegeben, dass die Partei Koalitionsverhandlungen mit der CDU führen will. Auch die Christdemokraten tendieren laut Parteikreisen zu Schwarz-Rot. Der CDU-Landesvorstand will an diesem Donnerstag darüber entscheiden. Sollten diese Verhandlungen erfolgreich sein, wären die derzeit noch mitregierenden Grüne und Linke raus aus der Regierung.

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Laut Giffey hat die SPD festgestellt, dass die Schnittmengen mit der CDU im Ergebnis doch größer gewesen seien. Die Entscheidung sei aber „sehr schwierig“ gewesen. „Wir haben uns das wirklich nicht leicht gemacht“, sagte Giffey. „Ein Bündnis einzugehen, bei dem wir das Rote Rathaus verlieren, ist keine leichte Entscheidung.“ Angesichts des schlechten Wahlergebnisses der SPD sei es aber auch um die Frage gegangen, wie ein echter Neubeginn aussehen könne. „Wo bekommen wir so viel wie möglich SPD.“

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Giffey räumte ein, dass es innerhalb der SPD „viel Skepsis“ gegenüber einer Koalition mit der größeren CDU gebe. „Das muss man ernst nehmen.“ In den Koalitionsverhandlungen werde es für die SPD daher auch um Themen wie Stadt der Vielfalt, Weltoffenheit, Anti-Diskriminierung und Gleichstellung gehen, zudem um Arbeitnehmerrechte, Mieterschutz und Klimaschutz. Bei manchen Themen werde die SPD keine Kompromisse machen. Zudem seien die SPD-Mitglieder gefragt, die letztlich über die Koalition abstimmen sollten.

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Linken-Vorsitzende zu Koalition in Berlin: SPD-Entscheidung „fatal“

Die Co-Vorsitzende der Partei Die Linke, Janine Wissler, hat die Entscheidung der Berliner SPD kritisiert, eine Koalition mit der CDU anzustreben. „Noch muss man die Koalitionsverhandlungen abwarten, aber ich halte das für eine fatale Entscheidung der SPD“, sagte Wissler am Donnerstag dem Radiosender SWR Aktuell. „Wie soll man denn mit der CDU in Berlin bezahlbare Mieten oder die Verkehrswende durchsetzen? Die CDU hat im Wahlkampf deutlich gemacht, dass sie genau dafür nicht steht.“

Auch die Auswirkungen auf die Konstellation im Bundesrat seien laut Wissler ein Problem, weil die CDU dann in dem Länder-Gremium eine „ganz andere Machtposition“ habe. Die SPD-geführte Koalition im Bund stelle sich damit selbst ein Bein.

Der frühere Neuköllner SPD-Bundestagsabgeordnete Fritz Felgentreu sprach hingegen schon am Mittwoch von einem richtigen Ansatz. „Der Frust über rot-grün-rot wurde bei der SPD abgeladen.“ Diese Koalition unter deutlich erschwerten Bedingungen fortzusetzen, sei keine gute Perspektive. „Es mit schwarz-rot zu probieren, ist, so wie die SPD Berlin gestrickt ist, ein mutiger, fast schon tollkühner Weg.“

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RND/dpa/ab

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