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Jahreswechsel

Ausblick auf 2023: Es gibt auch gute Nachrichten

Den einen reichen sie zu Silvester völlig aus – Wunderkerzen. Für andere hingegen müssen es Böller, Knaller und mehr sein.

Lass es funkeln: Zum Jahreswechsel gibt es auch gute Nachrichten.

Hannover. Wie wird das Jahr 2023? Wohl eher düster – wenn man Fachleute aus der Politik fragt: Der Krieg in der Ukraine kann noch unberechenbare Folgen für die ganze Welt haben. Es geht wohl bergab, bestenfalls sind wir auf einer Rüttelstrecke unterwegs – das sagen auch viele Experten aus der Wirtschaft: Die Explosion der Energiepreise kann noch weitergehen, und die Inflation ist auch in den kommenden Monaten keineswegs gebremst.

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Nichts als schlechte Stimmung wegen Krisen, Krieg und Katastrophen also auch im Jahr 2023? Nicht unbedingt, antworten viele Deutsche, wenn man sie selbst fragt.

In einer Allensbach-Umfrage aus dem Dezember stimmt eine Mehrheit der Befragten der Aussage zu, dass das abgelaufene Jahr das schlimmste seit langer Zeit gewesen ist. Aber die Stimmung hellt sich zunehmend auf. So finden aktuell „nur noch“ 73 Prozent, dass die Verhältnisse Anlass zur Beunruhigung böten. „Wir lernen offenbar, mit der Lage zu leben“, schreibt Thomas Petersen, Projektleiter beim Institut für Demoskopie Allensbach. „Der Pessimismus geht zurück.“

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Andere Meinungsforscher, die traditionell die Stimmung im Land zum Jahreswechsel ergründen, formulieren es positiver: Man sei zunehmend auf Optimismus gestoßen. Es gibt viele Sorgen und Befürchtungen mit Blick auf das kommende Jahr, es gibt aber auch Zuversicht.

Die große Mehrheit der Befragten im ZDF-„Politbarometer“ ist zum Beispiel der Meinung, dass Deutschland bei der Energieversorgung gut durch den Winter kommen wird. Viele Deutsche erwarten persönlich ein recht gutes 2023. Dass sie wegen der Inflation finanzielle Einbußen hinnehmen müssen, glaubt zwar gut ein Drittel der Befragten. Für eine Rückkehr der „German Angst“, also der besonders großen Sorge vor der Zukunft, gibt es keine Belege. So haben sich die Politiker auch verschätzt, als sie einen heißen Herbst auf den Straßen befürchteten. Die erwarteten Massendemonstrationen gegen die hohen Preise fielen aus.

Wie aber erklärt sich die Diskrepanz zwischen der eher negativen Einschätzung der Experten und der eher positiven Haltung der Bürger? Ist die Stimmung am Ende vielleicht sogar besser als die Lage?

Es kommt wohl einiges zusammen. Ein Faktor ist sicherlich die Ermüdung und die Abstumpfung bei den ständigen Warnungen aus Politik und Wirtschaft.

Deutschland lebt im Daueralarm

Deutschland lebt seit Beginn der Corona-Krise vor nunmehr fast drei Jahren im Daueralarm. Dabei lehrt die Erfahrung: Es tritt nicht jede Katastrophe ein, vor der gewarnt wird. Vielmehr bleiben viele der angekündigten Katastrophen gerade deshalb aus, weil rechtzeitig reagiert wird.

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Beispiel Corona: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wird nicht müde, erst vor einer Herbst- und dann vor einer Winterwelle des Coronavirus zu warnen. Für die meisten Deutschen allerdings ist Corona kein großes Thema mehr. Und das empfinden die meisten als großes Glück: Das erste Mal wieder in den Süden reisen, das erste Mal wieder ins Konzert, das erste Mal wieder eine Geburtstagsfeier mit vielen Gästen – der kollektive Stimmungsaufheller hat nachhaltig gewirkt.

Zum Jahreswechsel 2021/2022 sah die Lage noch ganz anders aus. Die Omikron-Variante war gerade in Südafrika entdeckt worden – und die Welt war in Sorge vor einer „Killervariante“ des Virus. Es kam anders: Omikron war, gemeinsam mit den Impfungen, eher der Ausweg aus Corona als der Beginn einer Katastrophe.

Nach zweieinhalb Jahren mit viel Leid und vor allem vielen Entbehrungen, Verunsicherungen und Einschränkungen atmet Deutschland auf. Und die Aussichten für 2023 sind gut – vorausgesetzt, es entwickelt sich nicht doch noch eine neue, gefährlichere Variante des Coronavirus.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist optimistisch, dass der globale Gesundheitsnotstand wegen der Corona-Pandemie im nächsten Jahr aufgehoben werden kann. „Die Welt hat die Werkzeuge – Impfstoffe, Medikamente und Verhaltensregeln –, um mit dem Virus fertig zu werden, betont WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Anders gesagt: Das Ende der Pandemie ist sehr nah.

Gut durch die Pandemie gekommen

Deutschland und Europa sind allen Schwierigkeiten zum Trotz relativ gut durch diese Pandemie gekommen – und am Ende steht noch eine erstaunliche Erkenntnis: Die westlichen Demokratien waren im Kampf gegen das Virus keineswegs so schwach, wie anfangs angenommen worden war. Im Gegenteil: Das totalitäre China zum Beispiel, das sich ganz der Null-Covid-Strategie verschrieben hatte, steht nach der Öffnung vor einem Desaster. Während der Rest der Welt aufatmet, kommen auf die Chinesen noch ganz harte Monate zu.

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Beispiel Weltpolitik: Der russische Angriffskrieg in der Ukraine wird noch unendlich viel Leid für die Menschen im Land bringen. Es werden weiter Zivilisten sterben, Familien auseinandergerissen und Existenzen zerstört werden. Und es werden wahrscheinlich noch Zehntausende russische Soldaten sterben, die von ihren Befehlshabern ohne Rücksicht in die Schlacht geschickt werden. Nur sehr wenige Experten haben den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zu Beginn des Jahres vorausgesagt. Und zum Ende des Jahres mag sich kaum jemand auf eine Vorhersage festlegen, wann dieser Krieg zu Ende geht. Dauert er noch Monate, vielleicht sogar Jahre?

Die Nato ist wiedererwacht

Viele Militärexperten sind der Meinung, dass sich der russische Präsident Wladimir Putin darauf einstellt, dass die Kampfhandlungen noch sehr lange dauern werden. Das mag sein – schon jetzt aber könnte sich abzeichnen, dass Putin zentrale Ziele dieses Krieges nicht erreicht hat und auch nicht mehr erreichen wird.

Der russische Präsident hatte es immer darauf abgesehen, Europa und die westliche Welt zu destabilisieren. Das Gegenteil aber ist im Jahr 2022 geschehen: Europa ist, soweit es in diesem komplizierten Staatengebilde möglich ist, enger zusammengerückt. Die Nato ist wiedererwacht.

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Die Gefahr, dass sich der Krieg in der Ukraine noch ausweitet, ist keineswegs gebannt. Auch ein Atomschlag Russlands ist immer noch möglich. Beides ist im Laufe der Monate aber eher unwahrscheinlicher geworden – weil Putin jetzt eine entschlossene Reaktion des Westens fürchten muss.

Beispiel Energiepolitik: Deutschland zahlt im wahrsten Sinne des Wortes einen hohen Preis dafür, dass es sich bei dem Wunsch nach billiger Energie extrem von russischem Gas abhängig gemacht hatte. Wer aber hätte noch im vergangenen Frühjahr geglaubt, dass Deutschland sich mit einem solch rasanten Tempo aus dieser besonderen Abhängigkeit befreien kann?

Noch ist nicht garantiert, dass uns in den kommenden Monaten nicht doch das Gas ausgeht. Wird der Winter nicht allzu hart, dann ist die Wahrscheinlichkeit einer solchen „Mangellage“ aber zumindest nicht allzu groß. Deutschland rettet sich auch mit dem Import von Flüssiggas über die Zeit – LNG ist sicher nicht die umweltfreundlichste Lösung, und der Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken ist klimapolitisch sicher falsch. In beiden Fällen aber geht es um eine Übergangslösung – und am Ende könnte die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Energiekrise den entscheidenden Anstoß gegeben haben, sich endgültig von fossilen Energieträgern zu verabschieden.

Vielen Menschen fällt es schwer, im täglichen Nachrichtenfluss über Krisen, Krieg und Katastrophen das Positive, das Konstruktive herauszufischen. Aber ist deshalb auch der Vorwurf berechtigt, dass die öffentliche Meinung zu sehr von negativen Nachrichten bestimmt wird? Die Welt werde in den Medien als dunklerer Ort dargestellt, als er tatsächlich ist, meint Charlie Beckett, früherer BBC-Nachrichtenredakteur und heute Professor für Kommunikation in London.

Konjunktur haben deshalb zunehmend Portale und Angebote, bei denen es angeblich nur gute Nachrichten gibt. Ihr Problem: Wirklich interessant sind sie auf Dauer nicht.

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Nachrichten werden nach Relevanz ausgewählt

Ob etwas zu einer Nachricht wird oder nicht, kann nicht von der Frage abhängen, ob es „positiv“ oder „negativ“ ist. Nachrichten werden ausgewählt nach den Faktoren Relevanz oder Besonderheit. Niemand interessiert sich zum Beispiel für die 100 Flugzeuge, die an einem Nachmittag sicher in Frankfurt oder München landen. Jeder aber möchte genau wissen, was passiert ist, wenn auch nur ein Flugzeug mit Feuer an Bord notlanden muss.

Gerade in Krisenzeiten gilt: Wer sich zurechtfinden will, muss über Risiken und Gefahren informiert sein. Auch 2023 werden die politischen Nachrichten von Krieg und Krisen bestimmt werden. Sich dabei aber immer auch wieder zu vergewissern, was gelingt und was gut ist – das dürfte nicht der schlechteste Vorsatz für das neue Jahr sein.

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