Fällt Wacken 2021 wegen der Pandemie aus? „Es wäre sehr schade“
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Das Wacken Open Air im Jahr 2019.
© Quelle: ICS Festival Service GmbH
„Mal endlich wieder Wacken. Das wär’s!“, sagt Finn (20), angehender Kfz-Mechatroniker und Metalfan aus Hannover und im Besitz einer Karte für das Festival, das vorerst für den 31. Juli bis 1. August geplant ist. Noch hofft er, glaubt aber nicht recht, in zwei Monaten Judas Priest, Clawfinger und Thundermother live zu sehen. Die Headliner Judas Priest etwa haben ihre Deutschlandkonzerte in Stuttgart, München, Frankfurt, Halle (Saale) und Oberhausen schon auf das Jahr 2022 verschoben. Wie Finn blicken die Metalheads bang bis verzweifelt auf ihr Welt-Metal-Fest in Schleswig-Holstein. Im Vorjahr war es zum ersten Mal in seiner Geschichte abgesagt und durch ein Onlinefestival mit freien Streamingkonzerten ersetzt worden.
Die Inzidenzzahl im Kreis Steinburg ist gut: 37,4 am 19. Mai
Viele internationale Gäste können wahrscheinlich gar nicht anreisen wegen der Pandemie, die die Tage des Rockens auch ein zweites Mal gefährdet. Bis jetzt gilt freilich noch die Aussage des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU), der im Februar geäußert hatte, er „glaube, dass wir im Sommer diese Veranstaltungen (darunter das Wacken-Open-Air, Anm. der Red.) unter klaren Hygienekonzepten in Schleswig-Holstein realisieren.“ Und die Inzidenzzahl vor Ort zumindest ist gut – 37,4 im Kreis Steinburg am 19. Mai.
Gesprächig ist man in Wacken diesbezüglich derzeit eher nicht. Viele Einheimische des 1800-Seelen-Dorfes wollen nichts zu „ungelegten Eiern“ sagen. Auch beim lokalen Edeka-Markt, der nicht mehr – wie noch in Cho Sung-hyungs Wackendoku „Full Metal Village“ (2006) – in der Hauptstraße des Dorfes liegt, winkt man ab: „Was haben wir damit zu tun, wir machen doch gar kein Wacken, wir sind Edeka“, sagt der Geschäftsführer kurz angebunden gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Und ist überzeugt: „Das gibt doch sowieso kein Open Air dieses Jahr. Wo wollen Sie denn jetzt 100.000 Leute lassen?“ Über die Stimmung in Wacken und auch über alles andere zum Rockfest will er sich Medien gegenüber nicht verbreiten. „Nächstes Jahr anrufen, wenn’s wieder stattfindet.“
Walburga Meineke: „Sie können die Gäste ja nicht auf dem Festivalgelände einsperren“
Walburga Meineke, Inhaberin der Pension zur Tenne, zweifelt: „Gefühlsmäßig würde ich sagen Nein“, sagt die Wirtin gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Wie soll das vonstatten gehen? Bei der Impflage im Moment ist das für mich ausgeschlossen. Die Welt trifft sich jedes Jahr in Wacken – ich bin kein Experte, aber der reine Menschenverstand sagt mir, dass das nicht gutgehen kann. Sie können die Gäste ja nicht auf dem Festivalgelände einsperren.“ Freilich: „Wir wünschen uns das natürlich alle, dass es stattfindet.“
72 Jahre ist Meineke und bestätigt die alljährlichen Festivaltage als schöne Zeit und friedliches Miteinander von Metalheads und Einwohnern im Dorf und der ganzen Umgebung. „Ich habe nie Probleme mit den Gästen gehabt. Nie. Ganz im Gegenteil. Wir haben immer sehr gut verdient und sehr viel Spaß gehabt.“ Es gab auch Zeiten, als Einwohner für das Musikwochenende ihr Heimatdorf verließen, weil sie in den schwarzgekleideten Fans Satanisten vermuteten. „Das war ganz am Anfang“, lacht Meineke. „Das ist schon lange nicht mehr so.“
Das Festival ist auch ein Begegnungsort für die Einheimischen
Ruhig sei die Stimmung im Ort im Vorjahr gewesen, als das Festival wegen der Pandemie ausgerechnet zum 30-jährigen Jubiläum ausfiel. Verdienstmäßig sei hauptsächlich die Hauptstraße betroffen gewesen, die durch den ganzen Ort Wacken führt. „Denen, die Frühstück machen, ihre Stellplätze vermieten oder wie ich Übernachtungen anbieten, denen fiel schon eine Einnahme weg.“ Kurze Pause. „Musste halt so gehen.“
Wirtschaftlich angewiesen sei sie nicht auf das Festival, versichert Meineke. „Es ist ja auch bis vor 30 Jahren ohne gegangen.“ Würde sie das Open Air persönlich vermissen? „Wissen Sie, ich werde 73. Fehlen würde mir das nicht“, sagt sie. Überlegt dann kurz, und wird doch ein wenig schwärmerisch. „Man lustwandelt die Hauptstraße lang und alle, die sich lange nicht gesehen haben, treffen sich dann. Ist schon sehr schön.“
Bis auf die letzten paar Jahre sei sie auch immer auf dem Festivalgelände gewesen, sagt Meineke – auch wenn Metal nicht ihre Musik sei. Die Gefühlslage derzeit schätzt sie so ein: „Jeder denkt bei sich, das wird nix, und jeder fände das sehr schade. Das sind ja nicht nur die drei Tage mit Musik. Vom Aufbau bis zum Abbau ist das immer mit viel Spektakel verbunden.“ Ein „Riesenhighlight“ sei das Festival, fasst sie zusammen. Man hoffe noch darauf, dass der „Landesvater“ und der Veranstalter, die derzeit zusammensäßen, ein tragfähiges Konzept finden würden: „Da lassen sich jetzt alle überraschen.“
Die Staatskanzlei, die vor wenigen Tagen ihr Lockerungskonzept freigegeben hat, hat über Öffnungsschritte hinsichtlich Großveranstaltungen indes noch nicht abschließend beraten und will erst dann wieder über Wacken reden, wenn eine Entscheidung getroffen ist, so Staatskanzleisprecher Peter Höver gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.
Geredet wird erst wieder, wenn eine Entscheidung feststeht
Und auch Wacken-Open-Air-Macher Thomas Jensen steht erst dann wieder für Interviews zur Verfügung, wenn klar ist, was passiert. „Die weitere Entwicklung wird gemeinsam mit allen zuständigen Behörden beobachtet“, teilt eine Sprecherin der zuständigen Agentur dem RND mit. „Sobald es Neuigkeiten zu berichten gibt, werden die W:O:A-Fans und Medienpartner in Kenntnis gesetzt.“ Man bittet um etwas Geduld.