Elitärer Männerclub will unter sich bleiben: „Falsche Seite der Geschichte“
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Mit Anzug und Krawatte, aber ohne Frauen: Der frühere australische Premierminister Malcolm Turnbull ist Mitglied des elitären Männerclubs in Australien. (Archivfoto)
© Quelle: picture alliance / ASSOCIATED PRESS
Sydney. Eine ganze Reihe Reporter hatte sich vergangene Woche vor dem elitären Australian Club in der Innenstadt von Sydney aufgebaut. Wer dort Mitglied ist, hat es geschafft – er ist Richter im Obersten Gerichtshof, ehemaliger Premierminister oder in den obersten Rängen der wichtigsten Firmen im Land vertreten. Außerdem ist er männlich und meistens weiß.
Zumindest Ersteres sollte sich nun dringlichst ändern, fand eine rebellische Gruppe im Club, die jetzt im 21. Jahrhundert den „waghalsigen Vorschlag“ auf den Tisch brachte, künftig doch auch Frauen im Club aufzunehmen. Diese dürfen den Club bisher zwar betreten und sich unter die Elite des Landes mischen, jedoch nur in Begleitung eines bestehenden männlichen Mitglieds. Mitglied konnten sie bisher selbst nicht werden.
Dies hatte der Club bereits bei seiner Gründung 1838 so festgelegt. Auch für Männer ist die Aufnahme im Australian Club – dem ältesten Gentlemen’s Club der südlichen Hemisphäre – nicht einfach. Wer Mitglied werden möchte, muss offiziell dazu eingeladen werden. Es müssen mehrere Referenzen von bestehenden Mitgliedern vorliegen und zusätzlich dazu müssen sich Clubanwärter einem intensiven Interviewprozess unterziehen. Auch die Mitgliedschaft soll laut lokaler Medienberichte eine vierstellige Summe pro Jahr kosten. Zudem hat der Club eine strenge Kleiderordnung – Mitglieder müssen stets im Anzug mit Krawatte erscheinen.
Verschwiegenheit gehört dazu
Eine Wahl sollte nun jedoch entscheiden, ob nicht doch auch Frauen Mitglieder in den heiligen Hallen in der Macquarie Street im Herzen Sydneys werden dürfen. Eine kontroverse Abstimmung, die sich kaum ein Mitglied entgehen lassen wollte. Rund 700 Mitglieder machten vergangene Woche deswegen ihren Weg vorbei an neugierigen Journalisten und Journalistinnen, die gerne die Meinung des einen oder anderen erfahren hätten, doch Verschwiegenheit gehört zu dem geheimnisumwobenen Club genauso wie der Rest der strengen Regeln.
Eine gewisse Ironie blieb aber laut dem „Sydney Morning Herald“ auch den ehrwürdigen Herren auf ihrem Weg zur Abstimmung nicht verborgen. Denn sie alle mussten am Porträt der britischen Königin Elizabeth II. vorbei, die bekanntlich ja auch Australiens Staatsoberhaupt ist – ein Staatsoberhaupt, dem die Clubregeln die Mitgliedschaft jedoch verwehren würden.
Auf der „falschen Seite der Geschichte“
Laut der australischen Tageszeitung wurden letztendlich 693 Mitgliederstimmen abgegeben. 62 Prozent davon stimmten gegen die Zulassung weiblicher Mitglieder und nur 37 Prozent dafür. Ein Prozent enthielt sich der Stimme. Damit bleiben Frauen auch weiterhin draußen – eine Entscheidung, auf die viele Anwärterinnen mit Verärgerung reagierten. So sagte Daisy Turnbull, deren Vater Malcolm (ein früherer australischer Premierminister) wie auch andere Vorfahren der Familie seit Langem Mitglieder des Clubs sind, dass der Club sich damit auf die „falsche Seite der Geschichte“ stellen würde. „Ich würde es hassen, Mitglied zu sein und meinen Töchtern erklären zu müssen, warum nur ihre Brüder gut genug sind, Mitglied des Clubs zu werden“, sagte sie – mit einem Seitenhieb auf ihren prominenten Vater.
Auch die Kommentarspalten im Internet füllten sich nach der umstrittenen Entscheidung mit kritischen Stimmen. So schrieb eine Internetnutzerin, dies sei ein trauriger Tag für Australien und würde das Land zurück anstatt nach vorne blicken lassen. Ein weiterer User kommentierte mit den sarkastischen Worten: „Die Welt dreht sich weiter und Dinosaurier sterben aus.“
Sexismus tief in der Gesellschaft verwurzelt
Ein noch mal anderer Kommentator sah den Club als eine logische Konsequenz der Kultur, die durch die getrennten Mädchen- und Jungenschulen im Land geschaffen werde. Letzterem Bildungssystem geben auch viele die Schuld für den Sexismus und die zahlreichen sexuellen Übergriffe im Land, die zuletzt selbst noch aus dem Parlament in Canberra berichtet wurden. So behauptete eine junge Frau, 2019 von einem männlichen Kollegen im Büro einer Ministerin vergewaltigt worden zu sein.
Außerdem wurde der australische Justizminister in einem anonymen Brief einer Vergewaltigung bezichtigt, die er als Teenager begangen haben soll. Er wurde inzwischen in ein anderes Ministerium versetzt. Wie tief das Problem in der Gesellschaft verwurzelt ist, zeigte vor Kurzem auch eine Petition junger Frauen, die Tausende Geschichten junger Frauen ans Tageslicht brachte, in denen diese sexuelle Übergriffe auf sie beschrieben. Die mutmaßlichen Täter sollen vor allem Schüler teurer Privatschulen für Jungen sein.