Wie Millionen andere in Deutschland lebt Karl-Heinz Giese von Hartz IV. Er weiß auf den Cent genau, wie viel seine Jagdwurst vor ein paar Monaten gekostet hat und wie viel er jetzt, in Zeiten steigender Preise, zahlen muss. Was er nicht weiß: Wo er bei mehr als 7 Prozent Inflation noch sparen soll.
Leipzig. Karl-Heinz Giese betritt die Kaufland-Filiale am Lindenauer Markt in Leipzig ohne Einkaufszettel. Er weiß, was er braucht, und noch besser, was er nicht brauchen darf. Zügig schiebt er seinen Wagen an den Kisten mit Obst und Gemüse entlang. Da kauft er nur selten und heute nicht. Auch an der Theke mit frischem Fleisch und Käse am Stück geht Giese vorbei. Da kauft er nie. Vor den Minifrikadellen im Kühlregal, verpackt im Design der Kaufland-Eigenmarke, bleibt Giese stehen. „Die kamen mal 1,79 Euro“, sagt er. 2,99 Euro steht jetzt auf dem Preisschild. Giese nimmt die Frikadellen nicht, auch keine Salami. Den Bierschinken, 150 Gramm für 1,29 Euro, „Spitzenqualität“, legt er in seinen Wagen.
Auf 7,3 Prozent ist die Inflation in Deutschland im März gestiegen, der höchste Stand seit mehr als 40 Jahren. Etwas niedriger, bei 7 Prozent, lag der Wert in Sachsen. Mehr als die Hälfte des Preisanstiegs machten die Energiekosten aus, die Preise für Nahrungsmittel zogen so stark an wie zuletzt zur Finanzkrise 2008. Dass die Zahlen bald wieder sinken, ist wegen des Krieges in der Ukraine nicht zu erwarten. Zu alldem sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck, Politiker der Grünen, Anfang April in einem Fernsehinterview: „Wir werden ärmer werden.“ Eigentlich ist das eine Bombe, so ein Satz von einem, der qua Amt den Wohlstand des Landes mehren sollte. Doch die Reaktionen blieben teilnahmslos, jedenfalls bei den vielen, die sich das leisten können. Wenn aber alle ärmer werden, was ist dann mit denen, die es schon sind?