Wohnmobilboom

Trotz Produktionsengpässen: Miet-Camper bleiben stark gefragt

Das Verreisen mit dem Camper ist weiterhin sehr beliebt.

Das Verreisen mit dem Camper ist weiterhin sehr beliebt.

Die Reisemobilbranche steckt in einem Dilemma. Einerseits sind die Auftragsbücher prall gefüllt, hält sich die Kundennachfrage unverändert auf hohem Niveau. Andererseits belasten Lieferkettenprobleme als Folge von Corona und Ukraine-Krieg den gesamten Geschäftszweig. Fehlende Fahrzeugchassis sowie nicht lieferbare Bauteile und Komponenten vom Türrahmen bis zu Fenstern und Kühlschränken schränken die Produktion ein oder bringen sie sogar teilweise zum Erliegen. Lieferfristen dehnen sich auf ein Jahr und mehr aus, stellen die Kundschaft auf eine Geduldsprobe. Aber wie sieht das in der Vermietung aus? Müssen Urlaubshungrige hier ebenfalls mit Ausfällen, Verzögerungen oder ähnlichen Widrigkeiten rechnen?

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Roadsurfer-Chefin ärgert sich über das Verpassen der Wachstumsziele

Zur Beruhigung aller Besorgten: Eher nicht! Denn wenn Susanne Dickhardt, Gründungsmitglied und Geschäftsführerin der Vermieters Roadsurfer, klagt, dass „die Lieferschwierigkeiten uns vor einige Herausforderungen gestellt haben“, dann geht es nicht um die Geschäftsbeziehung zu den Mietwilligen. Schließlich sieht man die auffälligen VW-, Mercedes- und Ford-Campingbusse oft in der zweifarbigen Gute-Laune-Lackierung immer häufiger auf Camping- und Stellplätzen. Vielmehr ärgert die Roadsurfer-Chefin das Verpassen der ehrgeizigen Wachstumsziele in diesem Jahr.

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Das vor sechs Jahren gegründete Münchner Start-up Roadsurfer steht beispielhaft für den Boom der Caravaningbranche in den vergangenen Jahren. Das Unternehmen hat von dem durch die Corona-Pandemie zusätzlich befeuerten Run auf Reisemobile mit fast schon exponentiellem Wachstum profitiert. Die anfängliche Flotte von 25 Fahrzeugen wurde bis 2020 auf 1250 Mietcamper ausgebaut, binnen eines weiteren Jahres auf 2500 verdoppelt und sollte mit einer weiteren Verdopplung in diesem Jahr dem Unternehmen den Weg zum größten deutschen Wohnmobilvermieter ebnen. Was durch die millionenschwere Unterstützung einiger Investoren realisiert werden soll, ist zwar aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Die Vollzugsmeldung wird jetzt für 2023 erwartet.

Bei der Knaus-Tabbert-Tochter Rent-and-Travel, die ausschließlich die eigenen Fahrzeuge der Marken Knaus und Weinsberg zur Vermietung anbietet, sieht Pressesprecher Stefan Diehl ebenfalls keinerlei Nachteile für die Kundinnen und Kunden. Zwar habe auch sein Unternehmen mit den Lieferproblemen zu kämpfen, und es blieben etliche Fahrzeuge wegen fehlender Teile unfertig, aber diese Verzögerungen könnten in der Vermietung durch eine etwas längere Laufzeit kompensiert werden. Normalerweise würde die Flotte nach etwa einem Jahr erneuert. Wenn es jetzt einmal zwei, drei Monate mehr würden, sei das für die Mietkundschaft unerheblich.

Die Apps der Wohnmobil-Mietanbieter Yescapa und Paul Camper

Die Apps der Wohnmobil-Mietanbieter Yescapa und Paul Camper

Fahrzeuge eventuell eine zweite Saison vermieten

Bei McRent, dem Pendant zu Rent-and-Travel in der Erwin-Hymer-Gruppe (EHG) und mit 22 Stationen in Deutschland sowie weiteren 65 weltweit in Europa, Japan und Neuseeland einer der ganz Großen in der Vermietung, sieht das ähnlich aus. „Wir haben entsprechende Puffer bei den Lieferzeiten der Fahrzeuge eingeplant“, sagt Markenmanager Dirk Erasmy. „Bisher waren unsere Fahrzeuge im Durchschnitt neun Monate in der Vermietung und wurden über den Winter abverkauft. Wir werden die Situation im Winter erneut prüfen und eventuell die Fahrzeuge eine weitere Saison in der Vermietung behalten.“

Die immer noch steigende Zahl der Buchungen bei Rent-and-Travel, die dort sowohl online als auch über Reisebüros getätigt werden können, spiegelt für Stefan Diehl das große Zukunftspotenzial für die Branche wider: „50 Prozent aller Anfragen bei uns kommen von Neueinsteigern.“ Und ebenfalls bemerkenswert: „Das Durchschnittsalter sinkt beträchtlich. Bei den Campervans ist jeder Zweite unter 40 Jahre alt. 40 Prozent sogar unter 35 Jahre.“ Der Knaus-Tabbert-Pressesprecher sieht darin eine historische Gelegenheit, die nächste Generation dauerhaft für das Caravaning zu gewinnen.

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Die kompakten Fahrzeuge, aktuell der Megatrend schlechthin in der Branche, gewinnen auch bei McRent mehr an Gewicht. Mit der noch jungen Marke Crosscamp und neuen Campingbussen bei Bürstner und Dethleffs kann der Vermietableger der Erwin-Hymer-Gruppe endlich mit konzerneigenen Modellen bestückt werden und muss nicht mehr externe Modelle wie den VW California oder den Mercedes Marco Polo einsetzen.

Noch sind die Mietpreise stabil

Die saftigen Preissteigerungen in der Reisemobilszene haben auf die laufende Mietsaison noch keinen Einfluss. Nach wie vor muss ein Mietinteressent für einen Campingbus im California-Format in der Hochsaison mit Preisen ab rund 100 Euro pro Tag kalkulieren. Kompakte Campervans mit Toilette liegen knapp darüber. Für Teilintegrierte und größere Wohnmobile geht es ab etwa 130 Euro los. Außerhalb der Saison können beispielsweise bei Roadsurfer aber auch schon Vans ab 65 Euro pro Nacht gebucht werden. In der nächsten Saison dürften sich höhere Mietpreise allerdings kaum vermeiden lassen.

Wenn sich schon bei den Vermietern die Lieferproblematik nicht negativ im Kundenservice niederschlägt, sollte das bei den Sharingportalen, wo analog zu Airbnb Wohnmobile privat zur Vermietung angeboten werden, doch erst recht ohne Auswirkungen bleiben. So ganz stimmt das leider nicht. Zwar registrieren die wichtigsten Portale wie Yescapa und Paulcamper eine nicht minder stark wachsende Buchungszahl, Levin Klocker, der Countrymanager von Europas größter Camping-Sharing-Plattform Yescapa, sieht allerdings schon negative Einflüsse. Und zwar bei den Vermietern.

Beispiel eines Buchungsvorschlags in der Yescapa-App.

Beispiel eines Buchungsvorschlags in der Yescapa-App.

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„Viele Vermieter hatten mit einer Lieferung ihres Fahrzeugs gerechnet und für die Finanzierung bereits die Vermietung eingeplant. Die Lieferung verzögerte sich jedoch, und damit gingen auch die saisonalen Mieteinnahmen verloren“, schildert Klocker und erwähnt noch einen zweiten Punkt: „Wir spüren die Auswirkungen auch bei Schadensfällen in Form langer Reparaturzeiten aufgrund des Teilemangels.“ Lediglich das könnte sich tatsächlich auch auf die Mietverhältnisse auswirken.

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