Salzgitters Museum widmet neue Ausstellung den Menschen aus Schlesien
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/DWJJICX2XYSWKK6XXYSPQHTHXQ.jpg)
Leckeres aus Schlesien: Himmelreich wird aus geräuchertem Schweinebauch hergestellt und ist ein Traditionsgericht.
© Quelle: Stadt Salzgitter
Salzgitter. Häckerle und Himmelreich, Kließla und Kattowitz – ein guter Teil der Menschen aus Salzgitter weiß, was diese Worte bedeuten. Denn sie oder ihre Eltern und Großeltern kamen einst aus Schlesien hierher. Sie kamen vor dem und während des Zweiten Weltkriegs als Arbeiter, gegen Kriegsende 1945 sowie in den Jahren danach als Geflüchtete oder Heimatvertriebene und schließlich als Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler. Außer den Schlesierinnen und Schlesiern blieben auch viele Menschen aus anderen Gebieten Deutschlands, Europas und der Sowjetunion in Salzgitter.
Die 70-jährige Patenschaft Salzgitters für die ehemals deutsche Stadt Kattowitz – das heute polnische Katowice – nimmt das Städtische Museum Schloss Salder zum Anlass, den Menschen aus Schlesien, die hier eine neue Heimat gefunden haben, die Sonderausstellung „Ein Stück Himmelreich?! – Schlesische Küche in Salzgitter“ zu widmen. Sie ist vom 9. Dezember bis 12. Februar im Sonderausstellungssaal zu sehen. Der Eintritt ist kostenlos. Der Zugang zum „Kuhstall“ ist barrierefrei.
1950: Fast jeder dritte Salzgitteraner kam aus Polen
Aus der ehemals deutschen Provinz Schlesien, die heute zu Polen gehört, kamen so viele Menschen, dass 1950 wohl fast jeder Dritte in der jungen Stadt Salzgitter seine Wurzeln dort hatte. Insbesondere in der Not der unmittelbaren Nachkriegszeit kam es dabei zu Konflikten, zu Überlebenskonkurrenz zwischen „Einheimischen“ und „Fremden“.
Doch mit Gründung der Bundesrepublik und der Wirtschaftswunderzeit verschwanden diese Gegensätze. Die Gruppen glichen sich an. So nachhaltig und wirkmächtig war schließlich die Präsenz vor allem der Oberschlesierinnen und Oberschlesier, dass Salzgitter 1951 eine Patenschaft für die Bevölkerung im polnischen Katowice übernahm.
Schlesische Küche schaffte Verbindung zwischen Menschen
Mit den Menschen kamen auch ihre Erinnerungen, ihre Identitäten und schließlich immaterielle Kulturgüter wie Traditionen und überkommenes Wissen. Das Essen, die heimatliche „schlesische“ Küche und ihre Rezepte und Spezialitäten, spielte dabei eine ganz wesentliche Rolle. Denn es erlaubte im Alltag eine einfache Verbindung zur Vergangenheit, ebenso wie eine Verbindung zu anderen Menschen mit ähnlichen Geschichten. So wurde dieser Aspekt der eigenen Biografie vielfach besonders gepflegt und auch innerhalb der Familien weitergegeben.
Die Ausstellung „Ein Stück Himmelreich?!“ zeichnet nach, was Schlesien und seine Küche ausmachte, als die Menschen von dort nach Salzgitter kamen – und was heute hier lebenden Menschen ihr schlesisches Essen noch bedeutet. Kurze, persönliche Geschichten von Menschen aus Salzgitter erlauben konkrete Einblicke in Lebensläufe und familiäre Überlieferungen. Nicht zuletzt durch diese Schlaglichter werden zwei Aspekte der Geschichte lebendig, die heute wieder ganz erheblich unsere Gegenwart bestimmen: Der Verlust von Heimat und der Neuanfang in der Fremde.
Von Roland Weiterer