Stadtgebiet

Peiner Sozialverband schlägt Alarm: Verzweiflung über zu hohe Miete immer größer

Sozialer Wohnungsbau: Die Lage in der Baubranche macht es gerade nicht einfacher, Projekte zu günstigen Mietpreisen auf den Markt zu bringen.

Sozialer Wohnungsbau: Die Lage in der Baubranche macht es gerade nicht einfacher, Projekte zu günstigen Mietpreisen auf den Markt zu bringen.

Peine. Das ist inzwischen trauriges Tagesgeschäft in der Beratungsstelle des Sozialverbandes in Peine: Viele Mitglieder könnten sich steigende Mieten nicht mehr leisten und seien regelrecht „verzweifelt“ – da helfe auch nicht das neue Wohngeldgesetz, beschreibt Katharina Lorenz, Leiterin Abteilung Sozialpolitik des SoVD-Landesverband Niedersachsen, die aktuelle Lage.

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Und es könnte noch schlimmer kommen, nicht nur landesweit, sondern auch in Peine. Die Zahl der Sozialwohnungen werde sinken, weil immer mehr Sozialwohnungen aus der Sozialbindung fallen und dem sozialen Wohnungsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen, so die düstere Prognose des Sozialverbandes. Verlässliche Zahlen habe der Verband nicht für Peine.

Rückgang geförderter Wohnungen

Die hat aber Dieter Samieske, Stadtratsmitglied Die Linke Peine, bei der Stadt erfragt. Das Wohnraumversorgungskonzept der Stadt Peine aus dem Jahr 2017 weist für die Stadt Peine einen Rückgang der geförderten Wohnungen von 188 aus 2016 auf zwei Wohneinheiten in 2022 aus. Neben diesen öffentlich geförderten Wohnraumangeboten mit Belegungsrechten gebe es beispielsweise zahlreiche Angebote von Wohnungsbau-Gesellschaften im Bereich des bezahlbaren Wohnraums.

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Auch privat geförderter Wohnraum wie die Altenwohnungen der Gerhard-Lucas-Meyer-Stiftung nennt die Stadt. Im Zeitraum von 2017 bis 2022 wurden im Peiner Stadtgebiet Förderzusagen für insgesamt 119 geförderte Wohnungen beantragt und bewilligt. Davon entfallen 107 Wohneinheiten auf den Bereich Carl-von-Ossietzky-Platz und zwölf Wohneinheiten auf ein Bauvorhaben der Peiner Heimstätte im Knappenstieg in Telgte.

Peiner Heimstätte um Entspannung bemüht

Auch die städtische Gesellschaft Peiner Heimstätte bemühe sich um „Entspannung des Peiner Wohnungsmarktes“ und wolle das Angebot erweitern. Passende Grundstücke würden gesucht.

Aber selbst dann, wenn ein Grundstück gefunden sei, sei der Bau von Sozialwohnungen aktuell mehr als schwierig – „nicht nur in Peine“, weiß Andreas Otto, Geschäftsführer der Gifhorner Wohnungsbaugenossenschaft und Vorsitzender beim Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Niedersachsen und Bremen. Wenn mit öffentlichen Mitteln gebaut werde, sei damit in Stufe eins ein reduzierter Quadratmeterpreis von 5,40 Euro und in Förderstufe 2 von 7,20 Euro definiert. Trotz aller Fördermittel – „am Markt ist das nicht wirtschaftlich“, sagt Otto. Er nennt die Gründe: Hohe Grundstückspreise, teure Materialien, Handwerkerknappheit. Ganz abgesehen vom Fachkräftemangel, der Bauprojekte obendrauf zu einem unsicheren Unterfangen werden lasse.

Auch Familien mit mehreren Kindern suchen oft Hilfe

„Im Moment ist das alles nicht so einfach, eine Planung kann in vier Wochen schon überholt sein.“ Auch sozialer Wohnungsbau müsse wirtschaftlich sein, betont er. Wirtschaftlich wäre etwa, mehrgeschossig zu bauen, um möglichst viel Wohnraum zu schaffen. „Aber dann stellt sich wieder die Frage der Ghettoisierung. Da alle Belange abzuwägen, ist kompliziert und träge.“ In anderen Ländern gebe es diese Abwägungsprozesse kaum. „Da werden dann eben einfach Wohnklötze hingestellt“, so Otto. Ob solche Vorgehensweisen zielführend seien, mag er mal dahinstellen. Aktuell gebe die Lage auf dem Baumarkt keine schnellen Lösungen her, Wohnraum mit sehr günstigen Mieten zu schaffen. „Da haben alle Kommunen die gleiche Problematik. Aus dem Ärmel schütteln kann da niemand was.“

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Will heißen: An verzweifelte Mitglieder, die sich kaum noch in Peine die Miete leisten können, wird sich das Team des Sozialverbandes noch länger gewöhnen müssen. An das Beratungszentrum wenden sich insbesondere Familien mit mehreren Kindern, Alleinerziehende, Geringverdienende, Sozialleistungsbezieher und Rentner mit niedrigen Renten, aber auch Menschen mit Behinderung oder Pflegebedürftigkeit. Letztere hätten es auf dem Wohnungsmarkt auch deswegen besonders schwer, weil es zu wenige barrierefreie Wohnungen gibt.

Stadt Peine möchte Klarheit schaffen

Das Thema Wohngeld sei angesichts der steigenden Mieten auch in der Sozialberatung in Peine ein sehr wichtiges Thema. Bereits seit Jahren werde ein stetiger Anstieg an Beratungen und Verfahren zum Wohngeld verzeichnet. Seit Anfang des Jahres hätten sich die Anträge auf Wohngeld sogar verfünffacht. Das löse aber nicht das „eigentliche wohnungspolitische Problem. Wir benötigen eine entschlossene Wohnungspolitik, die echte Veränderungen bringt und dazu muss mehr barrierefreier und bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden“, fordert der Sozialverband.

In einer Sache möchte die Stadt Peine schon einmal Klarheit schaffen. Der Wohnraumbedarf soll durch die geplante Aktualisierung des Wohnraumversorgungskonzeptes ermittelt werden. Hierzu sei derzeit die Beauftragung eines Fachbüros in Vorbereitung. Wie viele Menschen in Peine Bedarf an einer Sozialwohnung haben, kann die Stadt nicht benennen. Der Grund: Sie verfügt nicht über Daten zum Einkommen.

PAZ

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