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Sind die echt?

Das hat Sti(e)l: Wieso liegen Kunstblumen momentan so sehr im Trend?

Kunstblumen sind eine langlebige Alternative zu echtem Blumenschmuck.

Kunstblumen sind eine langlebige Alternative zu echtem Blumenschmuck.

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Der Strauß kann sich sehen lassen: Klatschmohn in verschiedenen Rotnuancen, strahlend weiße Margeriten und leuchtend blaue Kornblumen bilden ein kleines Kunstwerk. Das Bouquet sieht aus wie frisch von der Wiese gepflückt. Und dennoch ist es noch perfekter als ein akkurat gebundenes Exemplar aus dem Blumenladen: Blätter und Blüten sind makellos. Und das Beste: Ihre Schönheit wird nie verwelken. Nur duften diese Blumen nicht.

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Täuschend echt wirken viele der Kunstblumen der Manufaktur Deutsche Kunstblume Sebnitz in Sachsen. Dort werden seit 1834 jedes Jahr Tausende Pflanzen von Hand gefertigt. Das Repertoire der Werkstatt umfasst 280 Arten. Die Blumen werden mithilfe von Stoffen wie Baumwollsamt, Taft, Atlas, Flies und Seide, Kartoffelstärke und Draht nachgebildet. An der Herstellung hat sich im Laufe der Jahre nicht viel verändert: Die Stoffe werden mit Gelatine oder Kartoffelstärke gestärkt. Maserung und Form der Pflanzenteile entstehen mithilfe von Hitze, Druck sowie Stanz- und Prägeeisen. Die Kunstblumen stimmen am Ende bis ins kleinste Detail mit ihren natürlichen Verwandten überein – Blütenstempel und Staubgefäße werden aus winzigen Baumwollfäden und Kügelchen zusammengeklebt. „Wir können sehr viele verschiedene Blumen nachbauen“, sagt Manufakturleiterin Lisa Schmidt. „Aber es gibt auch Grenzen. Tannenzweige stellen wir beispielsweise nicht her – wir müssten jede einzelne Nadel prägen, einen Draht daran befestigen und das dann zu einem Ast zusammenfügen.“

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Pflanzen nachbilden, ohne Natur zu schädigen

Kunstblumen, wie man sie früher vor allem von den Fensterbänken alter Leute kannte oder in Form billiger Deko in drittklassigen Restaurants, haben längst kein verstaubtes Image mehr: In Inneneinrichtungsläden zählen sie wie selbstverständlich zum saisonalen Sortiment. Allergikerinnen, Allergiker und Menschen ohne grünen Daumen erfreuen sich an der immergrünen Pracht.

Zu den Kundinnen und Kunden der Manufaktur in Sachsen gehören außerdem Museen wie das Naturkundemuseum in Potsdam. Dort haben die Sebnitzer eine komplette Blumenwiese nachgebaut. „Der Vorteil für die Museen ist, dass wir gefährdete Pflanzenarten nachhaltig nachbilden können, ohne dass die Natur geschädigt wird“, sagt Schmidt.

Hält ewig: künstliche Wiesenblumen aus Stoff.

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Mischform aus echt und künstlich

Zwar punktet die Sebnitzer Kunstblume mit Nachhaltigkeit durch natürliche und weitgehend regionale Materialien, die Handarbeit hat allerdings ihren Preis. Ein Strauß Wiesenblumen aus der Manufaktur kann bis zu 450, eine einzelne Blume bis zu 30 Euro kosten. Deutlich günstiger sind industriell hergestellte Massenprodukte, die oft aus Kunst- und Polyesterstoffen im Spritzgussverfahren in Fernost gefertigt und nach Deutschland importiert werden. Immerhin: Reine Plastikblumen sind gegenüber Feuchtigkeit unempfindlich, können also auch im Bad oder gar draußen stehen. Eine Stoffblume ist dafür nicht geeignet.

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Ob Stoff oder Plastik – langlebiger als echte Blumen sind künstliche allemal. Darauf haben Blumenhändlerinnen und Blumenhändler mittlerweile reagiert und bieten mit sogenannten stabilisierten Pflanzen eine Mischform aus echt und künstlich an. Pflanzensaft und Wasser werden hier durch biologisch abbaubare Konservierungsstoffe ersetzt. „So entsteht ein trockenes, statisches Abbild der Natur, bei dem der Alterungsprozess angehalten wird. Die Produkte halten viele Monate oder sogar Jahre“, erläutert Andrea Kirchhoff, Sprecherin des Verbands des Deutschen Blumengroß- und Importhandels (BGI).

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Regionale und saisonale Produkte kaufen

Doch auch wenn Kunstblumen oft praktischer als echte Schnittblumen sind, ist die Vorliebe für frisches Grün ungebrochen. „Schnittblumen werden gekauft, um sich ein Stück Natur nach Hause zu holen“, sagt BGI-Sprecherin Kirchhoff. Dabei sei auch die Veränderung wichtig, die in einem Strauß frischer Blumen stattfindet – das Aufblühen und Wachsen und Reifen und auch das Welken in der Vase. „Diesen Prozess zu beobachten ist ein Naturerlebnis im eigenen Zuhause, und dafür nehmen viele Menschen gern ein wenig Aufwand wie das Anschneiden und das Auffrischen des Vasenwassers in Kauf“, ist sie überzeugt. Zudem spiele der saisonale Aspekt eine Rolle: „Viele Menschen lieben es, sich im Frühling frische Tulpen in die Vase zu stellen oder duftende Hyazinthen, Pfingstrosen und Freilandrosen zu bewundern“, sagt Kirchhoff.

Dabei lohnt es sich, auf regionale und saisonale Produkte zu setzen. Denn gerade Blumen, die hierzulande im Winter verkauft werden, stammen laut Corinna Hölzel, Pestizidexpertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) aus Afrika oder Südamerika. „Das bedeutet nicht nur lange Transportwege, sondern auch, dass beim Anbau hochgefährliche Pestizide zum Einsatz kommen, die in der EU gar nicht zugelassen sind“, berichtet Hölzel. So manche Kunstblume ist da grüner.

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