HBOs großartige KI-Serie tritt in der vierten Staffel auf der Stelle
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Der großen Verschwörung der Maschinen auf der Spur: Die einstige Saloonfrau und Androidin Maeve (Thandiwe Newton) und der Kriegsveteran Caleb (Aaron Paul). Szene aus der vierten Staffel der Science-Fiction-Serie „Westworld“ (startet in der Nacht zum 27. Juni bei Sky Q/Wow).
© Quelle: Die Verwendung ist nur bei redaktioneller Berichterstattung im Rahmen einer Programmankündigung ab 2 Monate vor der ersten Auss
Alles wie gehabt: Die Roboter wollen an die Macht, infiltrieren die Menschheit. Andere – Maschinen wie Menschen – kämpfen, um genau das zu verhindern. Die lang erwartete vierte Staffel des Science-Fiction-Epos „Westworld“ ist da. Vier Folgen wurden den Medien vorab zur Ansicht gereicht – Episode drei und vier waren indes noch so unbearbeitet im Sound, dass von den handelnden Personen oft nur verwaschenes Geraune und Flüstern zu hören war.
Der erste Eindruck ist vornehmlich: Déjà vu.
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Gesellschaftskritik und Albtraum von der „erwachenden“ Maschine
Wir erinnern uns: „Westworld“ war 2016 das nächste große Ding des US-Bezahlsenders HBO. Ein möglicher Science-Fiction-Ablöser für den Fantasyüberhit „Game of Thrones“. Sechs, sieben Staffeln schwebten Produzent J. J. Abrams damals sogleich vor. Wie in Michael Crichtons gleichnamigem Film von 1973 wurde von den Serienschöpfern Jonathan Nolan (Bruder von „Tenet“-Regisseur Christopher Nolan) und Lisa Joy anhand eines Wildwest-Vergnügungsparks die liederliche moderne Zerstreuungsgesellschaft und ihre Verrohung angeprangert.
Die faszinierende, komplexe, zudem herausragend besetzte Serie fokussierte sich indes mehr noch auf den Albtraum einer künstlichen Intelligenz, die „erwacht“ und mit der Spezies Mensch so umgeht, wie diese das in ihren Ballermannauszeiten im „Westworld“-Park tat. Und weil einer der Robots, die Farmerstochter Dolores Abernathy (Evan Rachel Wood) gar so zart und unschuldig erschien, stand man damals sofort aufseiten der missbrauchten, zornigen und schließlich rebellierenden KI.
Zwei Jahre ist die letzte Staffel her, längst war das Themenparkszenario passé, waren die Menschmaschinen in die wirkliche Welt vorgedrungen. Wo der müde Kriegsveteran Caleb (Aaron Paul) ein ähnlich eintöniges Dasein in einer Tag-für-Tag-Schleife führte wie die Vergnügungsandroiden in ihren Parks – bis er der den Menschen mittlerweile äußerst abholden Maschine Dolores in allerhöchster Not beistand.
Was bei dieser das Bild der verdorbenen Spezies korrigierte und einen entscheidenden Sinneswandel zugunsten ihrer einstigen Peiniger herbeiführte. Dem auf Menschheitskontrolle ausgerichteten Supercomputer Rehabeam konnte schließlich durch Dolores’ dramatischen Opfergang die Selbstlöschung befohlen werden. Dolores starb – sehr zu unserem Bedauern.
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Boshafter und stärker denn je: Der Man in Black (Ed Harris) fackelt nicht lange.
© Quelle: Die Verwendung ist nur bei redaktioneller Berichterstattung im Rahmen einer Programmankündigung ab 2 Monate vor der ersten Auss
Dolores ist zurück und heißt jetzt Christina
Und ist wieder da. Sie heißt allerdings jetzt Christina, ist brünett und lebt mit ihrer Freundin Maya („West Side Story“-Oscargewinnerin Ariana DeBose) in einem Apartment in Wolkenkratzerhausen zusammen. Sieben Jahre später setzt die vierte Staffel der Serie ein. Christina erfindet für den Konzern Olympiad viel zu romantische Storylines für Spiele. Ihr Chef fordert dagegen Sex, Gewalt, Tragödien.
Und sie wird von einem Fremden gestalkt, der behauptet, sie hätte sein Leben und das seiner Familie zerstört. Wie ihr Ebenbild Dolores geht Christina auf die Suche nach Antworten und entdeckt etwas, das sie fast um den Verstand bringt. Wie sie dabei jeden Tag aufs Gleiche erwacht und wie ihr eines Tages ein attraktiver Mann (James Marsden) einen heruntergefallenen Lippenstift reicht, erinnert eins zu eins an Szenen aus der ersten Staffel. Klar, Christina muss ein Kunstwesen sein, ein Duplikat von Dolores und der nette Typ im Diner ist eins von Teddy, dem heroischen Cowboy der ersten Staffel.
Und noch andere vertraute Gesichter begegnen uns: Bernard (Jeffrey Wright, der Felix Leiter aus Daniel Craigs Bond-Filmen), der Mann, der Dolores einst den genialischen Funken gab, wird nach Jahren im Robokoma von Ashley (Luke Hemsworth) geweckt und stößt auf eine junge Frau und deren Widerstandsgruppe, die starkes, ja tödliches Misstrauen gegenüber Neuzugängen hegt, die vorgeben helfen zu können.
„Dieselbe alte Geschichte“ – Maeve könnte es nicht besser ausdrücken
Die einstige „Westworld“-Saloon-Madam Maeve (Thandiwe Newton) kommt in letzter Sekunde beim liebenden Familienvater Caleb vorbei, um ihn und Töchterchen Frankie vor einem Attentäter zu schützen, den William (Ed Harris) geschickt hat. Der grausame Man in Black spürt zusammen mit Charlotte Hale (Tessa Thompson) all jene Menschmaschinen von damals auf, die sich gegen die Roboherrschaft sperren oder unpolitisch abgetaucht sind.
Ihre Mission Menschenrettung führt Maeve und Caleb dann noch in einen neuen Park namens „Golden Age“ – in die Zeit der Prohibition, der Gangster, der singenden Maschinenpistolen. Hier spielt das Pianola wieder Popsongs wie einst im Saloon, und Maeve erkennt direkt Handlungsfäden und Dialoge aus ihrer Westernsphäre wieder. „Dieselbe alte Geschichte“, befindet sie mit einem Früher-war-alles-viel-besser-Gesicht.
Genau das ist das Problem. Zwar ist auch der Gangsterpark mit seinen Schnauferlautos und den von Glühbirnen illuminierten Clubfassaden so aufwendig realisiert worden, wie man es von dieser Serie gewohnt ist. Und das mähliche „Austauschen“ einflussreicher Menschen durch künstliche Doubletten – „ich bin ein Emissär der neuen Weltordnung“ – evoziert auf ganz ähnliche Weise Gänsehaut wie weiland Don Siegels Alien-Invasion-Film „Die Dämonischen“ (1956).
Das Niveau ist hoch, aber es gibt zu wenig Neues
Aber bis zur vierten Episode will sich kontinuierliche Spannung nicht so recht einstellen. Man versucht, sich an all das in der Serie zuvor Geschehene zu erinnern, um Gegenwärtiges zu verstehen (und scheitert oft). Und fragt sich bei „alten“ Figuren, wer schon Robot ist und wer nicht, sucht bei Neuzugängen nach Anzeichen für das Innenleben – Fleisch und Blut oder Draht und Kunststoff?
So will es scheinen als seien nicht mehr Nolan und Joy die Kreativzelle der Serie, sondern als hätte man einen revolutionären Chatbot wie Googles Lamda mit sämtlichen Zeilen aus und Informationen über das Bisherige gefüttert und ihm so ein Skript abgerungen. Selbst der „Zeittrick“, der verblüffendste Clou aus der ersten Staffel, bekommt hier seine zweite Chance. All das ist zweifellos auf hohem Niveau und man hofft auf die noch ausstehenden vier Episoden. Muss aber einstweilen bedauernd feststellen: In „Westworld“ nichts Neues.
„Westworld“, vierte Staffel, acht Episoden, von Jonathan Nolan und Lisa Joy, mit Evan Rachel Wood, Thandiwe Newton, Aaron Paul, Jeffrey Wright, Ed Harris, Ariana DeBose, Tessa Thompson (ab 26. Juni bei Wow und Sky Q)
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