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Von Mickey Maus bis Marvel

„Disney 100″: Ausstellung zeigt die Geschichte des Unterhaltungsimperiums

Darf natürlich nicht fehlen: Das weltbekannte Disney-Märchenschloss ist in der Ausstellung „Disney 100“ in München zu sehen. Inspiriert wurde es von Schloss Neuschwanstein.

Darf natürlich nicht fehlen: Das weltbekannte Disney-Märchenschloss ist in der Ausstellung „Disney 100“ in München zu sehen. Inspiriert wurde es von Schloss Neuschwanstein.

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Angefangen hat das alles nicht erst vor 100 Jahren, als Walt Disney in Hollywood einen Vertag für die Produktion von Zeichentrickfilmen unterschrieben hat. Zwar wird der 16. Oktober 1923 als Geburtstag der Disney-Company angesehen, doch angefangen hat es wohl schon, als Walter ein kleiner Junge war, Papierblöcke bekam und sich für das Zeichnen des Pferds des Nachbarn fünf Cent verdiente.

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Nun würdigt und feiert sich das Disney-Imperium, einer der weltweit größten Unterhaltungskonzerne, zum 100-Jährigen mit einer großen Ausstellung in München. Mickey Mouse und Donald Duck, Bambi und Peter Pan, Star Wars und die ganzen 2009 zugekauften Marvel-Produkte – wer will und kann da noch den Durchblick bewahren?

Micky und Minnie Maus bei der Pressekonferenz zur Europapremiere von "Disney 100": München ist die einzige Stadt in Europa, in der die Jubiläumsausstellung zu sehen ist.

Micky und Minnie Maus bei der Pressekonferenz zur Europapremiere von "Disney 100": München ist die einzige Stadt in Europa, in der die Jubiläumsausstellung zu sehen ist.

„Jeder hat seine eigenen, persönlichen Disney-Momente“, sagt Ausstellungsmacher Christoph Scholz von Semmel Concerts. Disney als solches in seiner Gesamtheit ist kaum greifbar. Scholz‘ Momente indes sahen so aus: Als Junge, der in der damaligen DDR aufwuchs, bekam er von der Westverwandtschaft einige Bände von Disneys „Lustigen Taschenbüchern“. Da diese verboten waren, versteckte er sie gut und las sie immer wieder.

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In der Kleinen Olympiahalle auf dem Olympiagelände hat die Ausstellung „Disney 100″ einen würdigen Platz gefunden. Bald drei Jahre lang wurde getüftelt, um diesen Unternehmenskoloss irgendwie darzustellen. Das geschieht in zehn Stationen mit vielen historischen und neuen Plakaten, mit Originalzeichnungen, mit Artefakten jeglicher Art. In Europa wurde München als einziger Ort für die Ausstellung ausgewählt, nicht etwa Paris, London oder Berlin. In den USA ist es Philadelphia.

Die Ausstellung erzählt viel von der Geschichte des Konzerns: Anfangs hatte Walt Disney alles selbst gemacht – Comics gezeichnet, Trickfilme entworfen und produziert. Eine Skizze aus dem Jahr 1928 etwa ist die früheste erhaltene Zeichnung von Mickey Mouse und seiner Gefährtin Minnie. Die Besucher und Besucherinnen in München erfahren etwas über die ersten Farbfilme des Unternehmens von 1932 an. 1937 erschien „Schneewittchen“ – das Kostümmieder, das als Vorbild für die gezeichnete Version diente, ist ausgestellt. 1940 folgte „Pinocchio“. Damit die Zeichner Anregungen erhielten, ließ man Modelle bauen, zum Beispiel eine geschnitzte Uhr in der Werkstatt von Meister Geppetto. In München sind zahlreiche wunderschöne, kunstvolle Exponate und Illustrationen zu sehen.

„Star Wars“-Fans, die es verwunden haben, dass Autor, Regisseur und Produzent George Lucas seine Firma 2012 für 4 Milliarden US-Dollar an Disney verkauft hat, können Devotionalien der Sternenkriegereihe betrachten. So werden etwa Han Solos Glückswürfel gezeigt und das Kostüm eines Sturmtrupplers der Ersten Ordnung. Die Ausstellung verweist auch auf die Disneyparks, von denen 14 in Nordamerika, Asien und Europa existieren. Und es gibt einen Ausblick auf die nahe Zukunft: Ab dem 28. April ist „Peter Pan und Wendy“ streambar.

Ausblick auf die nahe Zukunft: Ab dem 28. April ist „Peter Pan und Wendy“ (hier ein Szenenbild aus dem Film) bei der hauseigenen Streamingplattform Disney+ abrufbar.

Ausblick auf die nahe Zukunft: Ab dem 28. April ist „Peter Pan und Wendy“ (hier ein Szenenbild aus dem Film) bei der hauseigenen Streamingplattform Disney+ abrufbar.

Hinter Disney – 75 Milliarden Dollar Umsatz, weltweit 223.000 Beschäftigte im Jahr 2019 – stehen Menschen. Und einige von ihnen sind nach München zur Ausstellungseröffnung gekommen. Andreas Deja etwa war 31 Jahre lang Disney-Zeichner. „Das ist eine ganz tolle Art, durchs Leben zu gehen“, erzählt er. „Als Trickfilmzeichner beobachtet man immer, hat immer die Augen auf.“ In den Filmen ist ein Zeichner nur für eine Figur verantwortlich. „Man arbeitet sich rein in die Anatomie, in die Gesten.“ Ein Zeichner, berichtet Deja, sei das Gegenteil von einem exakten Schablonenabmaler. „Ich gestalte die Figuren ganz anders, als ein anderer das machen würde.“ Einmal habe er etwa Züge seines Vaters für eine Figur übernommen.

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Seit 2009 gehört Marvel zu Disney. Aus den erfolgreichen Comic-Verfilmungen gibt es ebenfalls einiges in München zu sehen, hier etwa den Helm von Star Lord aus dem Film "Guardians of the Galaxy".

Seit 2009 gehört Marvel zu Disney. Aus den erfolgreichen Comic-Verfilmungen gibt es ebenfalls einiges in München zu sehen, hier etwa den Helm von Star Lord aus dem Film "Guardians of the Galaxy".

Disney ist ein Konzern, der wie kaum ein anderer für die USA steht. Und doch funktioniert er global. „Emotionen und Unterhaltung kommen in jedem Land, in jeder Kultur an“, meint Deja. Der Filmproduzent Don Hahn hat noch eine andere Erklärung: „Walt Disney selbst ist viel gereist, er kam auf der ganzen Welt herum, war an anderen Ländern und Kulturen sehr interessiert.“ Und fasziniert von neuen Möglichkeiten der Technik. Die Firma produziere „internationale Geschichten von überall“. Aktuelle gesellschaftliche Themen greife Disney nur zurückhaltend auf, so Hahn. Klimawandel und Umweltschutz seien zwar auch für die Firma bedeutsam – „aber in erster Linie machen wir Unterhaltung“.

Der bayerische Ministerpräsident und Tassen-Sammler Markus Söder (CSU) mit einem "Stormtrooper" in der Disney-Ausstellung in München. Söder ist selbst bekennender Star-Wars- und Marvel-Fan.

Der bayerische Ministerpräsident und Tassen-Sammler Markus Söder (CSU) mit einem "Stormtrooper" in der Disney-Ausstellung in München. Söder ist selbst bekennender Star-Wars- und Marvel-Fan.

Der umtriebige Walt Disney, der Ende 1966 starb, wird in der Schau als Säulenheiliger gepriesen. Seine an vielen Stellen ausgestellten Zitate erinnern an erbauliche Kalendersprüche. „Anfangen heißt, aufhören zu reden und beginnen zu handeln“, ist da etwa zu lesen. Oder: „Nach wie vor ist zum Leben erweckte Fantasie der Anstoß für meine Arbeit.“

Ausstellung "Disney 100"
 
Bis 3. September in München zu sehen

Disney 100 – Die Ausstellung: Täglich bis 3. September 2023 in der Kleinen Olympiahalle München, Spiridon-Louis-Ring. Tickets 24,90 Euro, ermäßigt 19,90 Euro, Kinder bis neun Jahre 12,90 Euro. Samstag und Sonntag je 4 Euro teurer.

In den vergangenen Jahren gab es allerdings reichlich Kritik an dem Konzern, etwa an der rassistischen Darstellung von Schwarzen Menschen in der Vergangenheit. Oder an den stereotypen, wenig gleichberechtigten Geschlechterzuschreibungen: Männliche Figuren sind die guten oder auch bösen Macher, weibliche zeichnen sich durch Schönheit, Glitzer und viel Augenblinzeln aus.

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Dem stimmt Becky Cline grundsätzlich zu. Sie ist Leiterin des Disney-Archivs und hütet damit auch all jene Filme und Comics, die man heutzutage nicht mehr zeigen könnte. „Man sollte das als geschichtliche Entwicklung sehen“, sagt sie. „Was vor 50, 60 oder 70 Jahren als akzeptabel galt, ist es heute nicht mehr.“ Natürlich würde Disney jetzt solche Werke nicht mehr produzieren. Schade nur, dass dieser kritikwürdige Teil der Geschichte in der Ausstellung nicht einmal angerissen wird.

Die Ausstellung wirft einen Blick auf die lange Geschichte von Disney.

Die Ausstellung wirft einen Blick auf die lange Geschichte von Disney.

Dafür gibt es überreichlich Musik aus Disney-Filmen: Bei der in der Dauerschleife abgespielten Filmmusik würde man sich über die eine oder andere akustische Ruhephase freuen, wenn man durch die stark abgedunkelten Räumen geht.

Nun, jeder hat seine Disney-Momente. Wer etwa vor allem in Entenhausen bei Donald Duck und der Verwandtschaft daheim war oder ist, der erhält diesbezüglich ein nur recht schmales Angebot. Eingefleischten Donaldisten dürfte das nicht reichen.


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