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Kanada greift besonders hart durch

Werbeverbote und Zuckersteuer: Wie andere Länder Kinder von Junkfood fernhalten wollen

Süße Getränke: Wie sinnvoll ist eine Zuckersteuer gegen Adipositas und Co.?

Süße Getränke: Wie sinnvoll ist eine Zuckersteuer gegen Adipositas und Co.?

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Berlin. Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) will an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel verbieten. Ein Blick ins Ausland zeigt: Deutschland wäre nicht der erste Staat mit einer verbindlichen Regulierung von Kindermarketing. Andere Regierungen greifen bereits zu noch weitergehenden Maßnahmen, um den Konsum von Zuckerbomben zu reduzieren.

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Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es bereits in 20 Ländern eine rechtliche Regulierung von Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder richtet. Aber nicht alle Regeln sind so weitreichend wie Özdemirs Gesetzentwurf. Der Entwurf des Bundesministers sieht nämlich vor, Werbung für Lebensmittel mit zu viel Zucker, Fett und Salz im Fernsehen grundsätzlich zwischen 6 und 23 Uhr zu verbieten. In allen anderen Medien wie Zeitschriften, Radio und in sozialen Netzwerken dürfte für solche Lebensmittel nur noch dann geworben werden, wenn sich die Werbung durch ihre Aufmachung nicht explizit an Kinder richtet.

„In der Abwägung zwischen Marktinteressen und dem Schutz der Gesundheit unserer Kinder habe ich eine klare Haltung“, sagte Özdemir dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Geld damit zu verdienen, indem man die Gesundheit der Kinder ruiniert, das halte ich für keinen guten Weg. Wir schaden damit unseren Kindern und der Gesellschaft, die die Folgekosten ungesunder Ernährung solidarisch zu tragen hat.“

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Cem Özdemir (Grüne) will mit einem neuen Gesetz Kinder vor Werbung für ungesunde Lebensmittel schützen.

Cem Özdemir (Grüne) will mit einem neuen Gesetz Kinder vor Werbung für ungesunde Lebensmittel schützen.

Kindermarketing: Freiwillige Selbstverpflichtung oder Werbeverbot?

Bei der Regulierung von Kindermarketing gibt es verschiedene „Härtegrade“, wie eine Untersuchung der Universität Hamburg herausfand. In vielen Ländern beschränkt sich die Regulierung auf eine freiwillige Selbstverpflichtung, so wie es sie auch in Deutschland bislang gibt. Länder wie Frankreich erlauben zwar Kindermarketing, verlangen aber beispielsweise zusätzliche Warnhinweise in Werbespots.

Mexiko und andere Länder greifen härter durch. Hier ist es seit 2014 nicht zulässig, in TV und Kino problematische Produkte an Kinder zu vermarkten. Kanada hat bereits 1980 ein Gesetz erlassen, das Werbung für Fast Food und Spielzeug an Kinder unter 13 Jahren in gedruckten und elektronischen Medien verbietet.

Laut einer Studie der University of British Columbia wurde infolge des Werbeverbots 13 Prozent weniger Fast Food konsumiert.

Zuckersteuer führt zu weniger Softdrinkkonsum

Erklärtes Ziel des geplanten Werbeverbots in Deutschland ist es, Unternehmen dazu zu bewegen, den Zucker-, Fett- und Salzanteil in ihren Produkten so weit zu reduzieren, dass sie nicht mehr unter das Werbeverbot fallen. Werbetreibende könnten laut Özdemir auch weiterhin gegenüber Kindern für Lebensmittel werben, die keinen zu hohen Gehalt an Zucker, Fett oder Salz hätten. „Und genau dahin sollte der Trend gehen: Weniger ist mehr!“

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Er setze auf die Bereitschaft der Lebensmittelwirtschaft, Rezepturen zu verbessern. Ähnliche Absichten verfolgt eine sogenannte Zuckersteuer. Laut der WHO haben mindestens 85 Länder bislang eine Zusatzsteuer auf stark zuckerhaltige Getränke eingeführt. In Großbritannien werden seit 2018 Getränke mit mehr als fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter mit einer Abgabe von 18 Pence (20 Cent) pro Liter belegt. Bei mehr als acht Gramm werden sogar 24 Pence fällig.

Große Hersteller wie Coca-Cola haben infolgedessen den Zuckeranteil in ihren Getränken gesenkt, wie eine Oxford-Studie herausfand. 4,6 statt 6,9 Gramm Zucker pro 100 Milliliter sind beispielsweise in der Fanta in Großbritannien. Zum Vergleich: Bei der Fanta in Deutschland sind es 9 Gramm.

Die Einnahmen aus der Zuckersteuer sollen in den Ausbau von Sportanlagen und -programmen an Schulen fließen. Durch die Einführung der Steuer ist der Konsum von Zucker über Softdrinks zurückgegangen – größtenteils, weil die Unternehmen die Rezeptur ihrer Produkte verändert haben, so die Ergebnisse der Studie.

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Was bringen die Steuern und Verbote?

Wie genau sich Zuckersteuern auf die Gesundheit der Bevölkerung in den betreffenden Ländern auswirken, ist laut der WHO nicht eindeutig klar, da es an Langzeitdaten fehlt. Simulationen würden jedoch zeigen, dass mit einer substanziellen Förderung der Gesundheit zu rechnen sei. Steuern und Werbeverbote können den Konsum von Zucker, Fett und Salz verringern, führen aber nicht zwangsläufig dazu, dass es bedeutend weniger Übergewicht gibt.

In Großbritannien hatten 2019 64,2 Prozent der Menschen Übergewicht oder Adipositas, in Kanada waren es 69,8 Prozent. Und Mexiko lag mit 75,3 Prozent an der Spitze der OECD-Staaten mit den meisten übergewichtigen Menschen.

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