Mindestpreis für Alkohol könnte Todesfälle reduzieren
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Rund eine Million Menschen sterben laut WHO in Europa jährlich an den Folgen ihres Alkoholkonsums – ein Mindestpreis für alkoholische Getränke könnte die Zahl der Todesfälle verringern.
© Quelle: Finn Winkler/dpa
Unzählige Studien warnen vor den Gefahren des Alkoholkonsums: von gesundheitlichen Schäden wie Krebs bis hin zu einem höheren Sterberisiko. In Europa sterben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge jährlich fast eine Million Menschen an den Folgen des Konsums. Ein Teil des Problems seien günstige Preise für alkoholische Getränke – und die WHO sieht daher mit einem Mindestpreis für diese die Chance, Leben zu retten.
Tatsächlich könnte sie mit ihrer Annahme richtig liegen, wie eine aktuelle Studie nahelegt: Der 2018 eingeführte Mindestpreis für Alkohol in Schottland könnte demnach die Zahl der Todesfälle durch Alkoholkonsum um 13 Prozent verringert haben.
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150 Todesfälle pro Jahr verhindert
Schottland ist eines der wenigen Länder auf der Welt, in denen eine solche Maßnahme gilt. Dort kostet eine Alkoholeinheit, das entspricht zehn Millilitern oder acht Gramm reinen Alkohols, mindestens 50 Pence – umgerechnet also 57 Cent. Eine Ein-Liter-Flasche Wodka mit 40 Einheiten muss also umgerechnet mindestens 22,80 Euro kosten. In Deutschland kostet eine Flasche Wodka teilweise weniger als zehn Euro. Die WHO kritisiert, dass die Preise für Alkohol vielerorts auf der Welt trotz Inflation in den vergangenen Jahrzehnten im Vergleich zu anderen Produkten kaum angestiegen sind.
Die Forschenden verglichen für die Studie Daten aus Schottland mit denen aus England, da dort kein Mindestpreis für Alkohol gilt und die Daten daher als Kontrollgruppe geeignet sind. Sie verglichen jeweils zwei Zeiträume: 2012 bis April 2018, in dem in Schottland noch kein Mindestpreis festgelegt worden war, mit den zweieinhalb Jahren nach der Implementierung der Maßnahme. Die Forschenden schätzen, dass die Zahl der Todesfälle durch Alkoholkonsum in Schottland um 13 Prozent reduziert werden konnte, die es ohne den Mindestpreis gegeben hätte. Das entspricht rund 150 Todesfällen pro Jahr.
Studie: Weniger Tote durch alkoholbedingte Lebererkrankungen
Die Auswertung der Daten suggeriert, dass infolge der Maßnahme knapp 12 Prozent weniger Menschen an alkoholbedingten Lebererkrankungen und 23 Prozent weniger an Alkoholabhängigkeit gestorben sind. Vor allem bei den Menschen, die in den 40 Prozent der am stärksten sozioökonomisch benachteiligten Teilen Schottlands leben, war der Rückgang an Todesfällen hoch.
Die Zahl der Hospitalisierungen aufgrund von Alkoholkonsum sank zudem um 4,1 Prozent, jedoch ist dieser Wert den Forschenden zufolge statistisch nicht signifikant – ebenso wie der ermittelte Anstieg an Todesfällen und Krankenhausaufenthalten durch kurzfristige Folgen. Damit sind Folgen gemeint, die nicht erst nach jahrelangem Trinken, sondern direkt nach dem Alkoholkonsum entstehen können – zum Beispiel eine Alkoholvergiftung. Anders als bei langfristigen Folgen wie Lebererkrankungen war die Zahl der Todesfälle und Hospitalisierungen durch kurzfristige Folgen nach Einführung des Mindestpreises gestiegen, heißt es in der Studie.
Todesfälle vor allem in benachteiligten Gegenden hoch
Schottland hat die höchste alkoholbedingte Sterblichkeit im Vereinigten Königreich. Dort haben Menschen aus sozioökonomisch benachteiligten Gegenden im Vergleich zum privilegierteren Teil der Bevölkerung ein fünfmal höheres Risiko, an den Folgen des Konsums zu sterben. „Unsere Studie liefert die bislang besten Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen einem Mindestpreis für Alkohol in Schottland und einem signifikanten Rückgang an Todesfällen durch Alkoholkonsum bei Menschen, die in sozioökonomisch benachteiligten Gegenden leben“, sagt die Studienautorin Lucie Giles.
Auch die australischen Forscherinnen Sarah Callinan und Amy Pennay, die nicht an der Studie mitarbeiteten, bezeichnen die Maßnahme aufgrund der Studienergebnisse als eine „gute, zielorientierte Richtlinie“. Jedoch sei es wichtig, auch die Gründe der sozioökonomischen Benachteiligung zu erforschen, die zu solch großen Gesundheitsrisiken wie starkem Alkoholkonsum führen.
Bei der Studie gilt es zu beachten, dass sie auf Beobachtungen beruht – es gibt also noch keinen eindeutigen Beweis dafür, dass der Rückgang der Todesfälle auf den Mindestpreis zurückzuführen ist. Die Forschenden räumen zudem ein, dass die Corona-Pandemie die Aussagekraft in Bezug auf Hospitalisierungen eingeschränkt haben könnte, weil die Krankenhauskapazitäten während des Untersuchungszeitraums im Jahr 2020 begrenzt waren.
Andere jüngere Studie zeigten zudem, dass sowohl in Schottland als auch in England die alkoholbedingte Sterblichkeit zuletzt gestiegen ist. Doch laut der Studienautorinnen und ‑autoren war der Anstieg in Schottland niedriger als in England – dadurch hätten die Daten höchstwahrscheinlich ohnehin keinen Einfluss auf die zentralen Ergebnisse ihrer Studie gehabt.