Bewerbung: mit der richtigen Taktik zum Wunschgehalt – so geht’s
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Wie ermittle ich am besten meinen Marktwert? Zahlreiche Portale können dabei helfen.
© Quelle: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbi
Köln. Immer mehr Unternehmen fordern Bewerberinnen und Bewerber auf, schon im Anschreiben einen Gehaltswunsch anzugeben. Bernd Slaghuis, Karriereberater in Köln, bestätigt diesen Trend: „Es gibt kaum noch eine Stellenanzeige, in der diese Aufforderung nicht drin steht.“ Er selbst hält den Zeitpunkt für zu früh, mit Abgabe der Bewerbung über das Gehalt zu sprechen – „zumal das Preisschild an der ausgeschriebenen Stelle hängen und Arbeitgeber hierüber Transparenz schaffen sollten“.
Doch warum wollen Arbeitgeber das schon bei der Bewerbung wissen? „Das ist natürlich ein Selektionskriterium, hilft also beim Aussortieren“, sagt Slaghuis, der aus der Arbeit mit seinen Klientinnen und Klienten weiß, wie schwer sich die meisten mit diesem Thema tun.
Eigenes Gefühl entwickeln
„Viele fühlen sich in einer Zwickmühle: Verlangt man zu wenig, wirkt das vielleicht unsicher und ängstlich. Verlangt man zu viel, kommt das eventuell schnell anmaßend oder gar größenwahnsinnig rüber.“
Der Coach rät deshalb Bewerberinnen und Bewerbern, dass sie für sich ein Gefühl entwickeln: zum einen für die Position und die Branche, für die man sich bewirbt, zum anderen für den eigenen Wert. Und das müsse dann klar formuliert werden – zum Beispiel so: „Meine Gehaltsvorstellung liegt bei …“ Eine Zahl, keine Spanne.
„Dabei geht es bei dieser Angabe immer um das Brutto-Jahresgehalt“, erklärt Slaghuis, der dazu rät, ein wenig höher zu pokern. „Schließlich braucht man später unter Umständen noch einen Verhandlungsspielraum.“ Generell empfiehlt er aber, die Aufforderung, eine Gehaltsvorstellung anzugeben, nicht zu ignorieren.
Ausnahmen für keine Angaben
Es gebe allerdings auch Ausnahmen: „Manchmal sind die Stellenausschreibungen so schwammig formuliert, dass man nicht herauslesen kann, um welche Aufgaben bzw. wie viel Verantwortung es dabei geht“, weiß der Fachmann. „Dann sind Angaben zum Gehalt gar nicht möglich.“
Slaghuis würde in diesen Fällen den Aspekt indirekt im Anschreiben aufgreifen – und zum Beispiel abschließend formulieren: „Ich freue mich auf unseren Austausch sowie darauf, mehr über die Position zu erfahren und dann auch über meine Gehaltsvorstellung zu sprechen.“
Slaghuis kann verstehen, wenn Bewerberinnen und Bewerber bei diesem Thema verunsichert sind: „Vor allem Hochschulabsolventen oder Quereinsteiger, die die Branche wechseln möchten, sind da häufig ratlos, weil ihnen das Marktgefühl fehlt.“
Doch der Karriereberater sieht auch eine positive Seite: „Wer eine anspruchsvolle Position sucht und bestimmte finanzielle Vorstellungen hat, kann so herausfinden, ob die Stelle die richtige sein könnte. Hat der Arbeitgeber Vorstellungen, die weit unter den eigenen liegen, passt eventuell die Position nicht.“ Die Angabe der Gehaltsvorstellung dient damit auch als Selbstschutz, nicht im falschen Job zu landen.
Eigenen Wert ermitteln
Doch wie ermittelt man seinen Wert? Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Slaghuis erklärt die wichtigsten:
1. Gehaltsplaner von Stepstone
Mit den Angaben zu Branche, Position, Region, Unternehmensgröße, Verantwortungsbereich, Anzahl der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie weiterer Faktoren ermittelt der Gehaltsplaner von Stepstone eine Gehaltsspanne, die ein aktuelles Bild über das Gehaltsniveau vermittelt. Der Gehaltsrechner ist kostenlos, eine Registrierung mit der E-Mail Adresse ist erforderlich.
2. Datenbanken großer Jobbörsen
Zusätzlich zu den Stellenanzeigen bieten viele Jobbörsen auch Informationen zu Gehältern, die sie von den registrierten Mitgliedern abgefragt haben. So lassen sich auf Basis ausreichend großer Datenmengen Durchschnittswerte nach Beruf, Branche oder Region bestimmen. Ein gutes Maß für ein ungefähres Gehaltsniveau gibt es zum Beispiel hier:
- Indeed Gehaltsvergleich
- Stellenanzeigen.de Gehaltsvergleich
- Gehaltsvergleich.com (Berufe und Branchen A–Z)
- Absolventa.de
3. Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit
Hilfreich ist auch der Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit – eine Gehaltsdatenbank mit Suchfunktion nach Berufsbezeichnungen und mit Unterteilung nach Bundesländern, Altersgruppen und Geschlecht.
4. Gehaltstabellen der Verbände
Die Verbände der einzelnen Branchen führen regelmäßig Befragungen zu Gehältern und zum Gehaltsniveau sowohl unter ihren Mitgliedern als auch unter Mitgliedsunternehmen durch.
Eine Übersicht zu den meisten Berufsverbänden in Deutschland gibt es im Gründerlexikon.
5. Tariftabellen der Gewerkschaften
Handelt es sich um eine Stelle, die nach Tarif bezahlt wird, kann das Monatsgehalt auf den Cent genau ermittelt werden. Die meisten öffentlichen Tariftabellen geben das Gehalt nach Tarifgruppe und Jahren Berufserfahrung an.
Allerdings ist bei Ausschreibungen im öffentlichen Dienst in der Regel die Tarif-/Entgeltgruppe bereits aufgeführt. Die Frage nach der Gehaltsvorstellung ergibt hier also wenig Sinn.
Fast alle Gewerkschaften veröffentlichen die aktuellen Tariftabellen auf ihren Seiten, etwa hier:
„Nicht zuletzt sollte man sein eigenes Netzwerk nutzen“, rät Karriereberater Bernd Slaghuis. „Als Jobwechsler lohnt es sich auf jeden Fall, Kontakt mit Ex‑Kollegen, Freunden oder auch bisher gänzlich unbekannten Menschen etwa über Xing aufzunehmen, die sich in Sachen Gehalt in Ihrem künftigen Beruf oder Ihrer neuen Branche auskennen“, meint er.
„Vielleicht gibt es unter ihnen ja auch Personaler, Headhunter oder Recruiter, die auf Basis des konkreten Lebenslaufs und der Stellenausschreibung eine Einschätzung zum persönlichen Marktwert geben können.“