Die Formel für den sicheren Aufstieg: Worauf Sie beim Planen von Treppen achten müssen
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Als Treppe gilt alles, was mehr als drei Stufen besitzt.
© Quelle: imago images/Westend61
Wir begegnen ihnen auf Schritt und Tritt, sei es bei der Arbeit, beim Einkaufen oder zu Hause: Treppen gehören zu unserem Alltag. Doch so unterschiedlich sie aussehen können – alle Treppen unterliegen ähnlichen und sehr detaillierten Bauvorschriften. Trotzdem bieten sie viele Gestaltungsmöglichkeiten. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
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Was regeln die Vorschriften?
Maßgeblich ist die DIN 18065, erklärt Innenarchitektin Veronika Kammerer vom Studio Lot: „Hier werden unter anderem das Steigungsverhältnis, also die Steilheit, sowie die Laufweite, Durchgangshöhe, Stufenzahl pro Treppenlauf und Absturzsicherung durch Geländer geregelt.“ Festgelegt ist etwa die durchschnittliche Schrittlänge: Sie beträgt 63 Zentimeter. Ihr liegt folgende Berechnung zugrunde: Zwei Steigungen (s), also zweimal die Stufenhöhe, zuzüglich Auftritt (a), der den Bereich bezeichnet, auf dem der Fuß aufsetzen kann. Die Formel lautet: 2 x s + A = 63.
Als Treppe gilt alles, was mehr als drei Stufen besitzt. Unterschieden werden muss zwischen baurechtlich notwendigen und nicht notwendigen Treppen, zu denen Kellertreppen oder Dachbodenleitern zählen. Für sie gelten jeweils unterschiedliche Bestimmungen. Bei baurechtlich notwendigen Treppen muss die lichte, das heißt die tatsächlich nutzbare, Breite in Wohngebäuden mit zwei Wohnungen und innerhalb von Wohnungen mindestens 80 Zentimeter betragen. Der maximale Höhenunterschied liegt bei 19 Zentimetern.
Weitere Vorgaben finden sich in den Landesbauordnungen, sagt Walter Heinrichs vom Bundesverband Treppen- und Geländerbau (BVTG). Dort sind auch Ausnahmen geregelt. So muss die DIN 18065 nicht überall in Ein- und Zweifamilienhäusern sowie innerhalb von Wohnungen berücksichtigt werden, erläutert Kammerer: „Private Bauherren besitzen alle Freiheiten. Die Hausbesitzer sind aber haftbar, wenn etwas passiert.“ Auch Treppenbauer können in Haftung genommen werden, ergänzt Heinrichs. Sie sollten sich deshalb immer an die Norm halten.
Welche Sicherheitsaspekte müssen beachtet werden?
Vorschriften gelten vor allem für Geländer, um Kinder zu schützen. So dürfe der Abstand des Treppenlaufs zur Wand nicht mehr als fünf Zentimeter betragen, erklärt Kammerer. „Ansonsten kann ein Kinderfuß in den Spalt gelangen.“ Weil Kinder manchmal versucht sind, ihren Kopf zwischen die Geländerstäbe zu stecken, dürfen diese maximal zwölf Zentimeter auseinanderstehen. Geländer müssen zudem so hoch sein, dass sie nicht überklettert werden können. Außerdem sollte ein Leitereffekt etwa durch Querstreben vermieden werden.
Damit sich Menschen beim Treppensteigen nicht den Kopf stoßen, muss der Abstand von Stufenvorderkante zur Decke mindestens zwei Meter betragen. Für viele Seniorinnen und Senioren sei es wichtig, dass sie einen ausreichend großen Handlauf vorfinden, betont Heinrich: „Im Bedarfsfall ist auch sinnvoll, diesen beidseitig der Treppe einzubauen.“
Welche Materialien eignen sich für Treppen?
Vorwiegend kommen Metall, Holz, Beton und Naturstein zum Einsatz. „Mittlerweile gibt es auch schon Treppen aus Glas, Kunststoffen und Faserverbundwerkstoffen“, sagt Heinrich. Industrie- und Fluchttreppen bestehen oft aus Gitterosten.
Welche Arten von Treppen gibt es?
Üblich sind einläufige Treppen, die zwei Geschosse miteinander verbinden. Müssen mehr als 18 Stufen überwunden werden, ist ein Zwischenpodest erforderlich. In längerer Reihung entsteht eine sogenannte Himmelleiter. Treppen können um die Ecke gehen, gegenläufig, gebogen oder umlaufend sein. Besonders platzsparend sind Spindeltreppen, bei denen alle Stufen an einem Kern angebracht sind. Wendeltreppen besitzen ein sogenanntes Auge, also einen Luftraum in der Mitte. Stufen, die in der Wand befestigt werden, lassen Treppen schwebend erscheinen. Das Geländer wird meist rechts und links von den Treppenstufen angebracht oder als Handlauf an der Wand befestigt.
Eine Wissenschaft für sich
Treppen sind ein eigener wissenschaftlicher Forschungszweig: Die Scalalogie beschäftigt sich mit den Eigenarten von Treppen und deren Wirkungen auf Menschen. Beobachtungen haben unter anderem ergeben, dass beim Treppensteigen meist der Fußballen in der zweiten Hälfte der Stufe aufgesetzt wird. Beim Absteigen berührt dieser in der Regel die Stufenkante. Wer unsicher ist, kommt hingegen mit dem ganzen Fuß auf. Bei geraden Treppen wird oft nur die erste Stufe bewusst anvisiert. Die weiteren Stufen werden vom Auge beiläufig erfasst. Beim Absteigen werden mehr Stufen in den Blick genommen, und es dauert etwas länger, bis ein Gehrhythmus gefunden wird. Ein Handlauf wird von etwa jeder vierten Person genutzt, beim Absteigen sind es deutlich mehr. Nach einigen Stufen wird der Handlauf oft wieder losgelassen.
Können Treppen nachträglich eingebaut werden?
Das hängt nicht zuletzt von der Statik ab. Unter Umständen müssen zum Beispiel Bauteile verstärkt werden. Soll ein neues Geschoss, zum Beispiel ein Dachboden, erschlossen werden, müssen oft brandschutzrechtliche Belange geklärt werden. „Im mehrgeschossigen Wohnungsbau ist ein zweiter Fluchtweg vorgeschrieben“, erläutert Kammerer. Bei denkmalgeschützten Gebäuden kann das Denkmalamt ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Die gestalterische Freiheit sei beim nachträglichen Einbau zudem oft eingeschränkt, weil die Treppenausmaße bereits vorgegeben seien, ergänzt Heinrich.
Welche gestalterischen Möglichkeiten bestehen?
Laut Heinrich haben Treppen sich vom einfachen Gebrauchsgegenstand zum Hingucker entwickelt. „Fakt ist, dass Lage und Ausführung der Treppe große Auswirkung auf die Qualität der Raumgestaltung haben und daher ein wichtiger Aspekt der Planung sind“, sagt Kammerer. Treppen wirkten sich meist auf die weitere Grundrissplanung aus. Manchmal seien sie gar „skulpturale Elemente“, die zur Qualität des Gebäudes beitrügen.
Eine einfache gestalterische Möglichkeit sei die Verzierung von Stufen, erklärt Heinrich. Dafür sind Aufkleber erhältlich. Das Treppenhaus kann unter anderem mit Farben, Tapeten, Bildern oder Möbeln aufgewertet werden. Treppen können multifunktional genutzt werden, indem beispielsweise unter den Stufen separate Stauräume entstehen, die mit Schubladen versehen oder als Schrank oder Garderobe genutzt werden. Selbst Sitzgelegenheiten sind laut Kammerer denkbar.
Ein wichtiger Faktor ist die Beleuchtung: In großzügigen Treppenhäusern bieten sich großformatige Pendelleuchten an. Wo wenig Platz besteht, können indirekte Wandlichter, integrierte Stufenspots und integrierte LED‑Bandleuchten im Handlauf für ausreichend Helligkeit sorgen und optische Akzente setzen.