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„So schön habe ich mir das zuvor nicht vorgestellt"

Ich wollt, ich hätt ein Huhn: So funktioniert das Halten der Tiere im eigenen Garten

Immer mehr Menschen halten Hühner.

Immer mehr Menschen halten Hühner.

„Pssssst … hier wird me(i)ditiert“, steht auf dem Blechschild an dem Holzunterstand in Na­dine Theilers Garten. Ruhe herrscht hier aber selten: Die Ladys, wie Theiler sie nennt, sind mit ihrem Gackern, Scharren und Flügelschlagen kaum zu überhören. Vor einigen Jahren entschieden sich die 46-Jährige und ihre Familie dafür, Hühner zu halten. „Ich bin sehr naturverbunden groß geworden“, erzählt die Tierliebhaberin, die nahe der Grenze zur Schweiz wohnt und ihr Leben mit den Tieren auf dem Blog „Hühnergeschichten“ teilt. „Meine Großeltern mütterlicherseits hatten einen Bauernhof, die Eltern meines Vaters besaßen eine Baumschule und hielten nebenbei Hühner und Gänse. Dadurch hatte ich schon immer Kontakt zu Tieren und Spaß daran.“

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Immer mehr misstrauen der Eierproduktion

Der Trend zeichnet sich seit zehn bis 15 Jahren ab. „Und gerade in den letzten drei Jahren hat sich das aufgrund der Corona-Pandemie noch einmal verstärkt“, sagt Michael von Lüttwitz, Biologe und Ehrenvorsitzender im Verband der Hühner-, Groß- und Wassergeflügelzüchtervereine zur Erhaltung der Arten- und Rassenvielfalt. Als eine Ursache für die Entwicklung sieht von Lüttwitz das wachsende Misstrauen gegenüber der Eierproduktion.

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Auch bei Theiler war das ein gewichtiger Grund: „Wir wollten uns neben unserem Gemüsegarten noch mehr selbst versorgen – und gleichzeitig ein bisschen dazu beitragen, dass weniger Hühner der Massentierhaltung ausgesetzt sind“, sagt sie. Dass es ausgerechnet Hühner sein sollten, lag an ihrer persönlichen Vorliebe für die Tiere und der unkomplizierten Haltung: „Die tägliche Routine schafft man locker in zehn bis 15 Minuten.“ Alle drei Wochen komme eine Großreinigung dazu, für die sie meist eine gute Stunde benötigt, manchmal Renovierungsarbeiten. „Aber grundsätzlich lässt sich das Versorgen gut einbauen, auch wenn man einen stressigen Alltag hat.“

Die Haltung sollte man langfristig denken

Von Lüttwitz bestätigt: „Die Haltung an sich ist nicht schwierig. Aber wer Hühner halten will, muss sich darüber im Klaren sein, was das bedeutet: Verantwortung übernehmen, jeden Tag für die Hühner sorgen und ihnen die Liebe angedeihen lassen, die sie brauchen.“ Romantische Idealvorstellungen haben dabei nichts zu suchen: Wer sich Hühner zulegt, muss mit weggescharrtem Gras und Kothäufchen im Auslauf, manchmal auch mit Geruch im Stall rechnen.

Und die Sache zu Ende denken: „Hühner werden normalerweise sechs bis acht Jahre alt, dann bekommen sie meist verschiedene Krankheiten“, sagt von Lüttwitz. „Schon wenn sie drei oder vier Jahre alt sind, legen sie weniger Eier.“ So stehen Halter vor der Wahl zwischen Gnadenbrot oder Schlachtung. Für Theiler, die vegetarisch lebt, kommt Letzteres nicht infrage: „Die Ladys in Rente bleiben bei uns, auch wenn sie keine Eier mehr legen“, sagt sie. „Daher ergänzen wir unsere Truppe jedes Jahr um junge Hühner, sodass wir immer mit Eiern versorgt sind.“

Mehr Eier aus Freilandhaltung

In Deutschland wurden 2022 laut dem Statistischen Bundesamt rund 13,2 Milliarden Eier in Betrieben mit mindestens 3000 Hennenhaltungsplätzen produziert. Damit stieg die Produktion um 1,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Bodenhaltung war mit 59,7 Prozent der produzierten Eier die dominierende Haltungsform. Vor fünf Jahren lag ihr Anteil noch bei 65,4 Prozent. Die Anteile von Eiern aus Freilandhaltung erhöhten sich im selben Zeitraum von 15,9 auf 21,5 Prozent sowie von Eiern aus ökologischer Erzeugung von 10,7 auf 13,8 Prozent. Der verbleibende Anteil entfiel auf die Haltung in Kleingruppen. 2022 hat jeder Deutsche durchschnittlich 230 Eier gegessen.

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Überprüfen, ob sich der Garten für die Tiere auch eignet

Überhaupt sollten sich Hühnerfans gut vorbereiten und überprüfen, ob sich der Garten für die Haltung eignet. Denn Hühner brauchen Platz: „Wie viel, hängt natürlich von der Rasse ab“, sagt von Lüttwitz. „Geht man von mittelgroßen, etwa zwei Kilogramm schweren Hühnern aus, würde ich pro Huhn einen halben Quadratmeter Stallfläche rechnen. Im Auslauf empfehle ich mindestens einen Quadratmeter pro Huhn.“ Damit die Tiere nicht vereinsamen, sollten sie dem Experten zufolge mindestens zu zweit in den Garten einziehen. Ein Hahn ist kein Muss, da die Hennen auch ohne gut zurechtkommen. „Wer einen dazunehmen will, sollte das mit den Nachbarn absprechen“, empfiehlt von Lüttwitz – schließlich sei es nicht jedermanns Sache, morgens schon vor Sonnenaufgang von einem Krähen geweckt zu werden.

Als Rückzugsort und Schutz in der Nacht dient der Stall: „Dieser braucht freie Bodenfläche, die mit Stroh, Heu, trockenem Laub, Hobelspänen oder Sand bedeckt wird, damit die Hühner scharren können“, sagt von Lüttwitz. „Dann sollte es ein Legenest geben und oberhalb davon ein Kotbrett mit Sitzstangen darüber.“ Tagsüber nutzen die Hühner einen Auslauf. Ein Zaun bietet Schutz vor Hunden, Katzen und Füchsen. „In manchen Regionen sind zudem viele Habichte und andere Raubvögel unterwegs, sodass auch die Oberseite des Auslaufs mit einem stabilen Netz abgezäunt werden muss“, sagt von Lüttwitz. Ein Wassernapf und eine Futterraufe dienen der Versorgung, ein Staubbad unter einem regengeschützten Unterstand der Hygiene und dem Komfort.

Unterhaltsame und zutrauliche Tiere

Nadine Theiler und ihr Mann nutzten Herbst und Winter 2016, um zur Haltung zu recherchieren und sich einzulesen. „Im darauffolgenden Februar haben wir angefangen, den Hühnerstall zu bauen“, erzählt sie. Zunächst wohnten dort sechs Hühner, jetzt sind es bereits 18. Mit der Größe der Hühnerschar wuchs auch die Erfahrung: „Gerade am Anfang haben wir schnell dazugelernt“, sagt die Bloggerin, „zum Beispiel, dass wir vielleicht den Zaun etwas höher machen oder wir den Auslauf vergrößern müssen, weil die Hühner sehr schnell jeden Grashalm vernichten. So haben wir jedes Jahr immer etwas optimiert.“

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Bei Theiler übertraf das Leben mit Hühnern ihre Erwartungen: „So schön habe ich mir das zuvor nicht vorgestellt“, sagt sie. „Man arbeitet viel draußen, hat tollen Kontakt zu den Tieren und eigene Eier, die nicht zu übertreffen sind.“ Die Tiere seien unterhaltsam und oft zutraulich: „Dann fressen sie aus der Hand oder hüpfen uns auf den Schoß.“

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