Ein Eigenheim aus dem 3-D-Drucker: Wulst auf Wulst statt Stein auf Stein
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Technisch hochkomplexes Verfahren: Im nordrhein-westfälischen Beckum steht Deutschlands erstes Wohnhaus, das im 3-D-Drucker entstanden ist.
© Quelle: Guido Kirchner/dpa
Unermüdlich verfolgt der Roboterarm seinen Weg. Wulst auf Wulst aus Beton legt er millimetergenau übereinander. In kürzester Zeit wachsen Hauswände heran. Akkurat ausgespart werden Freiräume für Leitungen und Teile des Interieurs. Ein wenig erinnert der 3-D-Drucker der Firma Peri an einen überdimensionalen Sahnespritzbeutel, der an einem Stahlgerüst aufgehängt ist. Doch im Unterschied zu einer Konditorarbeit handelt es sich um ein technisch hochkomplexes Verfahren, von dem sich insbesondere einige Unternehmen nicht weniger als eine Revolution des Bauens versprechen. „Der 3-D-Druck wird aus unserer Sicht eine feste Position in der Bauindustrie einnehmen“, ist Fabian Meyer-Brötz von der Peri AG überzeugt.
Weltweit wird beim Hausbau mit der Technik experimentiert. Erste Prototypen werden bereits bewohnt. In Deutschland wurde im nordrhein-westfälischen Beckum ein zweigeschossiges Einfamilienhaus errichtet, im bayerischen Wallenhausen entstand innerhalb weniger Wochen ein Mehrfamilienhaus. Einschränkend muss jedoch gesagt werden: Für die Häuser kam der 3-D-Druck nur teilweise zum Einsatz, weil damit bisher ausschließlich vertikale Elemente gefertigt werden können. Unter anderem Decken, Böden und Dächer entstanden in konventioneller Bauweise.
Prozesse vereinfachen und beschleunigen
Die Automatisierung spielt schon heute beim Bauen eine große Rolle: Viele Bauteile werden in Fabriken maschinell hergestellt. Gerade darin sieht Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB) das Potential des 3-D-Drucks: „Wenn man einzelne Bauelemente in der Produktionshalle vorfertigt und sie auf der Baustelle nur noch zusammenfügen muss, lassen sich viele Prozesse vereinfachen und beschleunigen.“ Allerdings sei insbesondere beim Wohnungsbau Individualität gefragt.
Gerade darin erkennt Ernst Uhing, Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, eine Chance. Er hofft darauf, dass die Technik kreative Möglichkeiten eröffnet: „Mit dem 3-D-Druck lassen sich zum Beispiel freie Formen ebenso günstig gestalten wie gestalterische Gliederungen und neue Ornamentik.“ Wünschenswert seien neue Perspektiven für „Kunst und Bau“ sowie gute, vielfältige und wertvolle Bauten.
3-D-Druck kann Uhing‘s Ansicht nach künftig vor allem dann sinnvoll zum Einsatz kommen, wenn nachverdichtet wird, indem Gebäude zum Beispiel aufgestockt werden. Auch schwer zu erschließende Baustellen könnten von der Technik profitieren. Allerdings fehlten noch baukonstruktive Erkenntnisse etwa zur Haltbarkeit oder zum Brand- und Wärmeschutz.
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Der Beton für die Wände wird Schicht für Schicht aufgetragen. Für einen Quadratmeter doppelschalige Wand benötigt der 3-D-Betondrucker rund fünf Minuten.
© Quelle: PERI GmbH
Häuserdruck ist effizient und ressourcenschonend
Eine Chance bietet die Technik auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Eine zunehmende Automatisierung ermögliche ein effizientes und ressourcenschonendes Bauen – etwa mit Holz oder Metall, erläutert Uhing: „In den Niederlanden wurde beispielsweise eine Brücke aus Stahl gedruckt.“ Auch Lehm mit Naturfasern wird bereits verarbeitet. In der Regel wird beim 3-D-Druck jedoch ein spezieller Beton verwendet, der sich gut verbindet, schnell aushärtet und sehr stabil ist. Das Material sei allerdings „kein Vorzeigeprodukt in Sachen Klimaneutralität“, gibt Pakleppa zu bedenken.
Beim Bauen im 3-D-Druck-Verfahren wird viel Zeit gespart. So entfallen Arbeitsschritte wie Schalungen für die Mauern oder das Aufstellen von Gerüsten. Die Anbieter hoffen zudem auf eine große Kostenersparnis: „Natürlich zielen wir darauf ab, mit Hilfe des 3-D-Drucks günstiger bauen zu können“, sagt Meyer-Brötz. Noch ist laut Pakleppa aber das Gegenteil der Fall: „Die ersten Gehversuche mit 3-D-gedruckten Gebäuden zeigen, dass der Ansatz weit entfernt von Kostenrentabilität ist.“
Roboter sollen Fachkräftemangel entgegenwirken
Auf dem Bau fehlen bereits heute Fachkräfte. Die Branche setzt deshalb künftig auf den verstärkten Einsatz neuer Technologien wie Automatik und Robotik. Andererseits muss eine 3-D-Druckmaschine programmiert und bedient werden. Personal wird also weiterhin benötigt, allerdings ändern sich die Anforderungsprofile. Die Hoffnung ist, dass der Einsatz von Hochtechnologie mehr Menschen für den Job auf der Baustelle begeistert. Für Architektinnen und Architekten bedeutet der 3-D-Druck ebenfalls ein Umdenken und eine neue Herausforderung: Sie müssen zusätzliche Qualifikationen erwerben.
Erst wenn das Verfahren in großem Stil zum Einsatz kommt, sind sinkende Ausgaben zu erwarten. Einige Start-ups in den USA hätten bereits gezeigt, dass kleinere und simple Gebäude im 3-D-Druckverfahren kostengünstig hergestellt werden können, sagt Uhing. „Dies lässt sich allerdings auf die baurechtlichen Bestimmungen und energetischen Anforderungen in Deutschland nicht eins zu eins übertragen.“