Wortwitz und Sangeskunst: Liza Kos gastiert im ausverkauften Forum

Russische Türkin mit deutschen Sprachkenntnissen oder türkische Deutsche mit russischen Wurzeln? Kabarettistin Liza Kos weiß nicht so recht, was sie ist oder sein möchte. In ihrem Programm „Was glaub ich wer ich bin“ nimmt sie auf die höchst vergnügliche Suche nach sich selbst deshalb das amüsierte Publikum im ausverkauften Peiner Forum mit. Intelligenter Wortwitz mit lustigen Szenenwechseln: Dabei spart die 38-Jährige nicht mit intelligentem Wortwitz und lustigen Szenenwechseln. So eine Selbstfindung kann im Alltag auch ganz schön belastend sein – je nachdem, welche Aktivität gerade ansteht. Die in Russland geborene und im Teenageralter nach Deutschland gekommene Künstlerin nimmt bei ihrer Suche nach dem „Ich“ nicht nur sich selbst, sondern vor allem die banalen und auch größeren Kulturgegensätze und „eingebrannten Klischees“ aufs Korn. Ihre „integrationsbedingte Persönlichkeitsspaltung“ verdeutlicht Kos wunderbar, in dem sie auch Einur und Swetlana – ihre beiden „Mitschwestern im Geiste“ zu Wort kommen lässt. Dabei bedient die Komikerin wunderbar gängige Klischees, um sie im nächsten Moment mit einem koketten Augenaufschlag gleich wieder zu entkräften. „Deutschwerdung“ im Karnevalsverein: In wie weit ihr eigener Lebenslauf mit dem ihrer drei Bühnenfiguren tatsächlich übereinstimmt, wird zur Nebensache, wenn die Frau mit der Jazz-Stimme aus ihrer Vergangenheit als Kopftuch tragende Freundin von Achmed erzählt. Oder über ihre „Deutschwerdung“ durch Rainer und seinen Karnevalsverein Revue passieren lässt sowie ihre Beziehung zu Wladimir beleuchtet. Tiefgründig, gereimt, derbe – nie langweilig: Gekonnt nimmt die nun „voll integrierte“ Frau immer wieder ihre Gitarre zur Hand und singt mit einer wunderbaren Stimme überraschende Texte – mal etwas tiefgründiger, mal nur auf den Reim bedacht und mal etwas derbe, aber nie langweilig. Kos, die als 15-jährige nach Aachen kam und sich mit aller Kraft in die Integration stürzte, hat die deutsche Sprache mit all ihren Facetten grandios verinnerlicht: Wortspielereien, wild verknüpfte Sprichwörter und Pointen, die erst nach gewissem Nachdenken zünden können, machen ihr Programm aus. Dabei spielt die eher zurückhaltend wirkende Künstlerin mit verschiedenen sprachlichen Akzenten und setzt auf wenig Hilfsmittel, die dadurch umso mehr wirkten. Weiße Stiefel und Wallemähne setzen Swetlana in Szene, während sich Einur bescheiden im Kopftuch einwickelt. Die deutsche Liza dagegen lächelt durch ihre Zahnspange, die sie wegen Eisenmangels trägt. Kabarett der feinen Art: Kos’ Programm ist keines, bei der sich die Zuschauer permanent auf die Schenkel klopfen und vor lauter Lachen japsen. Vielmehr ist es ein leises, aber sehr intelligentes „auf-die-Schippe nehmen“ der verschiedenen Menschen und deren Weltsicht. Über sich und seine Ansichten lachen und diese Unverkrampftheit auch anderen vermitteln zu können, ist eine hohe Kunst, die die Künstlerin hervorragend beherrscht. So bleibt am Ende des Abends die Erkenntnis, trotz eifrigen Suchens nicht die eine wahre Persönlichkeit gefunden zu haben. Das war aber auch nicht die Absicht: Viel gelacht, tolle Musik gehört und ein bisschen was gelernt: Kabarett der feinen Art. Von Grit Storz

Kabarett - Wortwitz: Liza Kos begeistert im ausverkauften Forum