Wie barrierefrei ist Peines Einzelhandel? Arbeitsgemeinschaft „Barrierefreies Peine“ macht dem Praxischeck

Zusammen mit dem Peine Marketing hat die Arbeitsgemeinschaft (AG) „Barrierefreies Peine“ das Thema „Barrierefreiheit im Peiner Einzelhandel“ ins Bewusstsein gerufen. Geschäftsleute konnten kostenlos bei Peine Marketing Aufkleber bestellen und auf ihre barrierefreie Zugänglichkeit aufmerksam machen. Jetzt erfolgte der Praxischeck: sind die Geschäfte mit dem Aufkleber wirklich barrierefrei? Zwei Rollstuhlfahrer als Experten dabei: Als Experten mit an Bord sind die Rollstuhlfahrer Julian Drozdziol und Marlin Babatz, die beide mit ihren Erfahrungen und Anforderungen an Barrierefreiheit in der AG mitarbeiten. Exemplarisch wurden in der Innenstadt zwei Geschäfte ausgewählt. Bei Arko versucht Drozdziol mit dem Rollstuhl ins Geschäft zu kommen. Der Eingang ist knapp bemessen, aber er schafft es. „Klar, könnte immer mehr Platz sein, aber es funktioniert“, resümiert er. So ähnliche Situationen erlebt Drozdziol häufig. „Aber wenn ich etwas nicht erreichen kann, dann frage ich einfach, ob mir jemand helfen kann.“ Die Scheu davor, Fremde anzusprechen, hätte er längst abgelegt. Gänge in den Geschäften sind zu eng: Die Eingangstüren zu überwinden sei meist gar nicht das Problem, kann Marlin Babatz berichten. „Oftmals sind es die Gänge in den Geschäften, die nicht breit genug sind. Da stehen beispielsweise Werbeaufsteller im Weg, an denen ich mit dem Rolli einfach nicht vorbei komme.“ Das Waren in den oberen Regalen für sie unerreichbar scheinen, ist normal. „Da frage ich einfach, und meist sind die Peiner auch freundlich und helfen mir.“ Barrierefreiheit auf Umwegen schaffen: In der Peiner Innenstadt gibt es viele Einzelhandelsgeschäfte, bei denen es baulich nicht möglich ist, dem Anspruch an Barrierefreiheit gerecht zu werden, erklärt AG-Mitglied Brigitta Schubert von der Lebenshilfe. „Das ist beispielsweise beim Tee-Garten der Fall. Hier sind Stufen zu überwinden, und es gibt keine Möglichkeit eine Rampe zu installieren.“ Dennoch hat auch dieses Geschäft den „Barrierefrei-Aufkleber“ im Schaufenster. Mit dem Hinweis: „Klopfen Sie an die Schaufensterscheibe, wir kommen auch gerne zu Ihnen heraus!“. Geschäftsinhaber sollten sich Gedanken machen, wie sie Barrierefreiheit gewährleisten können: „Das ist eine sehr innovative Idee“, freut sich Schubert und appelliert an alle Geschäftsinhaber im Peiner Land, sich Gedanken zu machen, wie sie Barrierefreiheit vielleicht auf Umwegen gewährleisten können. Der Praxistest beweist es dann: Nur kurz nach dem Klopfen an der Fensterscheibe kommt jemand heraus und ist ein wenig verwundert über den Menschenauflauf. Mit auf Tour sind nämlich auch Stefanie Küster von der Verkehrsplanung der Stadt Peine, Holger Rust von der Teilhabeberatung und Anke Bode als Geschäftsführerin des Jugendbeirats – die, neben Hartmut Schatz vom Behindertenbeirat der Stadt, zur Arbeitsgemeinschaft gehören. Schnell aber wird die Situation aufgeklärt. Letzte Barrieren bestehen im Kopf: Abschließend bleibt festzustellen, dass die Peiner Innenstadt lange nicht barrierefrei genug, aber auf einem guten Weg ist. „Oftmals bestehen die letzten Barrieren dann nur noch im Kopf“, sagt Holger Rust und motiviert ebenfalls Peiner Geschäftsleute, sich den Aufkleber zu besorgen und Menschen mit Einschränkungen einen Zugang zu ermöglichen. Von Kathrin Bolte

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