Vorzeitige Impfung von Einhaus und Heiß: Peiner machen ihrem Ärger Luft

Die Nachricht, dass Landrat Franz Einhaus und der Erste Kreisrat Henning Heiß (beide SPD) kurzfristig gegen Corona geimpft wurden, obwohl sie nach bundesweiter Regelung noch gar nicht dran gewesen wären, schlägt hohe Wellen. Herbe Kritik kam bereits von Kommunalpolitikern und Ärztevertretern. Auch zahlreiche PAZ-Leser bringen ihren Unmut erneut in Leserbriefen zum Ausdruck. „Vertrauen der Bevölkerung aufs Tiefste erschüttert“: Ulrike Laudien aus Edemissen schreibt: „Krisenstäbe sind vor Ort für die Bewältigung der Krise verantwortlich. Der Weg aus dieser ist momentan nur die Impfung. Weil nicht alle Menschen in Deutschland gleichzeitig geimpft werden können, gibt es eine Verordnung zur Reihenfolge der zu Impfenden, die auf einem breiten Konsens in unserer Gesellschaft beruht. Das ist elementar wichtig, um die nächsten Wochen und Monate, bis viele geimpft sind, zu überstehen, weil wir nicht wissen, was uns bis dahin noch abverlangt wird. Örtliche Krisenstäbe, die diese Verordnung zugunsten eigener Vorteile mit fadenscheinigen Argumenten aushebeln, handeln mehr als moralisch verwerflich. Wenn mehr Impfdosen als geplant zur Verfügung stehen, die schnell verimpft werden müssen, um nicht zu verfallen, ist es ureigenste Aufgabe eines Krisenstabes, schnell und unbürokratisch zu entscheiden, welche Personen hiervon im Geiste der Verordnung – etwa Pflegekräfte der ambulanten Dienste oder Erzieher in den Notbetreuungen – profitieren sollen. Dies ist nicht geschehen, von daher bedarf es der rückhaltlosen Aufklärung, wie viele solcher überzähligen Impfdosen im Landkreis Peine an wen bisher verimpft wurden. Was hier passiert ist, hat das Vertrauen der Bevölkerung in das Krisenmanagement aufs Tiefste erschüttert, und das in einer Zeit, in der gerade dieses Vertrauen zum Zusammenhalt der Gesellschaft so wichtig wäre. Das lässt sich nicht durch eine lapidare Entschuldigung wiederherstellen, und ganz bestimmt nicht, wenn ein derartiges Verhalten keine Konsequenzen hat. Leider gibt es aber nur eine Impfverordnung und kein Gesetz mit entsprechenden strafrechtlichen Folgen für derartige Vergehen.“ „Polizisten und Feuerwehrleute müssen warten“: Helga Wallner aus Vöhrum schreibt: „Unsere Politiker sollten sich schämen! Polizisten und Feuerwehrleute müssen warten, und Politiker drängeln sich vor. Übrige Dosen könnten auch zum Beispiel zur Polizeiwache gebracht werden. Dort ist immer jemand, der geimpft werden kann.“ „Schlag ins Gesicht für alle, die täglich ihre Gesundheit riskieren“: Corinna Keßler aus Peine schreibt: „Ich bin entsetzt über die Ausrede von Herrn Einhaus und Herrn Heiß, denn sie sind ihrer Vorbildfunktion nicht nachgekommen und haben egoistisch gehandelt. Beide sind nun geimpft, da können sie mal eben von Reue sprechen. Jetzt noch schnell die Absolution in der Kreistagssitzung abholen, damit die Gewissensbisse in Frieden ruhen können. Ich bin sicher, in der Nähe vom Gesundheitsamt und vom Impfzentrum wohnen viele Senioren oder Pflegekräfte, die schnell vor Ort gewesen wären, um mit den übrigen Dosen geimpft zu werden. Angeblich gab es keine Liste, aber anscheinend dann doch Absprachen, wer vom sogenannten ,systemrelevanten’ Krisenstab übrig gebliebene Impfdosen erhält und angerufen wird. 20 Personen zieht man nicht mal eben so aus dem Ärmel! Es ist beschämend, sich hinter der Aussage zu verstecken, der Impfstoff wäre sonst im Müll gelandet. Warum war der Krisenstab nicht in der Lage, eine ,Impfreste-Warteliste’ für Personen aus der Prioritäten-Gruppe 1 zu erstellen? Was ist das für ein Krisenstab, der sich selber für derart systemrelevant hält, dass er seine Position ausnutzt? Dies ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die in der Krise täglich an der Basis ihre Gesundheit riskieren.“ „Hoffe, dass dieses Verhalten politische Konsequenzen hat“: Regina Böhme-Lückefeld aus Bülten schreibt: „Mit fehlen die Worte. Der erste Impfstoff ist endlich da, und schon bedienen sich 20 Personen an dem raren Gut. Entgegen jeder Führungsverantwortung, Moral und jedem ethischen Handeln, von der in der Impfverordnung festgelegten Impfreihenfolge ganz zu schweigen. Die Begründung ,Reste sollten nicht in den Abfall’ ist lächerlich, und das wissen die Betroffenen auch. Wenn gewollt, hätte es immer Mittel und Wege gegeben, über 80-Jährige von der Warteliste, schwer Erkrankte, Krankenschwestern, Altenpflegerinnen, Polizisten, Erzieher oder Lehrer zeitnah zu erreichen und kurzfristig mit den ,Resten’ zu impfen. Im Zusammenhang mit diesem indiskutablen Vorfall stellen sich für mich aber weitere Fragen, unter anderem auf wessen Veranlassung, wann, wo und von wem wurden die Betroffenen geimpft? Was passiert künftig, wenn wieder ,was übrig’ ist? Dieses Handeln der Verwaltungsspitze des Landkreises Peine ist egoistisch, verantwortungslos und in keiner Weise zu entschuldigen. Ich hoffe sehr, dass dieses Verhalten politische Konsequenzen hat, denn sonst geht noch mehr Vertrauen in die Politik und deren Handeln in dieser Pandemie verloren.“ „Jeder denkt nur an sich“: Renate Rapsch aus Peine schreibt: „Das Verhalten der Impf-Vordrängler im Krankenhaus oder Impfzentrum ist schon verwerflich, aber noch schlimmer finde ich es, wenn Impfstoff nicht genutzt und vernichtet würde. Jeder Geimpfte hilft uns weiter, die Pandemie zu bekämpfen. Aber sich aufgrund einer besonderen gehobenen Stellung vorzudrängeln, ist überhaupt nicht zu entschuldigen. Solche Menschen habe eine Vorbildfunktion. Das zeigt wieder ganz deutlich, in welchem Dilemma wir mittlerweile stecken: Jeder denkt nur an sich. Dass am Ende eines Tages Impfstoff übrig bleiben kann, liegt doch auf der Hand. Warum legt man nicht Listen mit Namen von Menschen an, die sich freiwillig melden und kurzfristig im Impfzentrum vorstellen können? Bei Angabe des Alters könnte man nach den Kategorien Alter oder Risikopatient vorgehen. Die Liste könnte im Impfzentrum geführt werden. Ich würde dort jederzeit vorbeigehen und mich eintragen lassen.“ „Die Herren müssen doch abrufbereit gestanden haben“: Petra Sadjadi Laridjani aus Denstorf schreibt: „Das Verhalten dieser egoistisch-opportunistischen Verwaltungsmenschen ist ein Skandal und ein Affront gegenüber allen, die nicht hinter dem Schreibtisch hocken, sondern an vorderster Corona-Front kämpfen. Die Herren müssen doch abrufbereit gestanden haben, um den Impfrest zu erhalten. Also eine geplante Aktion unter Ausnutzung der Ämter und Möglichkeiten, die nicht ohne Konsequenzen bleiben darf.“ „Meine 88-jährige Mutter ist bisher nicht geimpft worden“: Andreas Sokolowski aus Stederdorf schreibt: „Landrat und Erster Kreisrat lassen sich ,aus Resten gegen Corona impfen’, so jedenfalls habe ich es gelesen. Meine 88-jährige Mutter lebt im Pflegeheim Oelheim und ist bisher nicht geimpft worden – wie alle dort lebenden Senioren. Der Impftermin musste zweimal verschoben werden, da es keinen Impfstoff gab, und jetzt ein drittes Mal, da mittlerweile 37 Senioren mit Corona infiziert sind. Schade, dass die ,Reste’ dort nicht zum Einsatz gekommen sind, vielleicht wäre es dann gar nicht zu einem solchen Ausbruch gekommen. Meine besten Wünsche gehen jedenfalls ins Seniorenheim in Oelheim.“ „Begründung der so Geimpften wirkt meist unglaubwürdig“: Angelika Weintraub aus Ilsede schreibt: „Hier wird eine Handlungsweise sichtbar, die einmal mehr bestehende Vorurteile gegen Politiker untermauert. Man fragt sich, weshalb Kommunalpolitiker für die Restverimpfung mit der sechsten Dosis in Peine wie auch in anderen Städten jeweils gleich zur Stelle waren, während zum Beispiel Pflegepersonal anscheinend unerreichbar für eine solche Impfung blieb. Wahrscheinlich waren Letztere verhindert, da sie gerade Menschenleben retten mussten. Mitmenschen, die zu den Risikogruppen gehören, verzichten häufig seit Monaten auf persönliche Kontakte zu Kindern und Enkelkindern, um sich nicht zu gefährden, und warten sehnsüchtig auf eine baldige Impfung. Kein Problem für gut vernetzte Lokalgrößen, die auf der Überholspur an allen Wartenden vorbeiziehen. Die Begründung der so Geimpften wirkt meist unglaubwürdig, um nicht zu sagen abenteuerlich. Mit seiner Rechtfertigung stellt sich Herr Einhaus in seiner Bedeutung für das Land augenscheinlich über die Mitglieder der Bundesregierung, welche sich nicht impfen ließen. Besser wäre es natürlich gewesen, wenn die Öffentlichkeit das muntere Treiben nicht mitbekommen hätte. Aber auch so ist fast alles gut: Die Impfung hat man, den Shitstorm sitzt man aus und eine kleine Entschuldigung reicht man gerne nach. Der eigene Posten bleibt ungefährdet, die eigene Gesundheit ist geschützt, was schließlich Zweck der Übung war. Kleiner Nebeneffekt: Die Wertschätzung von Teilen der Bevölkerung dürfte verspielt sein, meine auch.“ Die unter dieser Rubrik veröffentlichten Leserbriefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Von der Redaktion