Viel Text und noch mehr Improvisation: So arbeitet ein Amateurtheater in Wolfsburg

Kurz herrscht ein bisschen Aufregung am Bühnenrand: Eine der Schauspielerinnen ist noch nicht da. Doch bei der Theatergruppe SET („So ein Theater“) ist man das Improvisieren gewohnt – Leiterin Karin Heidenpeter springt kurzerhand auf und übernimmt die Rolle. Sie kennt das Stück nur zu gut, schließlich hat sie es selbst geschrieben. Super Rahmenbedingungen dank Mehrgenerationenhaus: Das SET ist eine von Wolfsburgs Amateurtheatergruppen: Die Darsteller sind Hobbyspieler, für die Leiterin gehört es zu ihrer Arbeit als Sozial- und Theaterpädagogin im Mehrgenerationenhaus. Dieser Rahmen bedeutet für eine Laienschauspielgruppe schon fast Luxus: Die Spieler können verlässlich jeden Dienstag die Bühne nutzen, es fällt keine Saalmiete an, Requisiten und Kostüme lagern sicher hinter der Bühne. Viele andere Hobby-Theatergruppen treffen sich in Dorfgemeinschaftshäusern, wo es oft keine erhöhte Bühne und schon gar keinen elektrischen Vorhang gibt. „Mit dem Mehrgenerationenhaus haben wir wirklich Glück“, weiß Karin Heidenpeter. Ein „VW Bulli“ zum Zusammenklappen: Und dennoch müssen auch die SET-Mitglieder noch viel Fantasie und Eigeninitiative zeigen, um die ganze Theatermaschinerie zum Laufen zu bekommen. Zum Beispiel zimmert Uwe Bracker, der Ehemann einer der Schauspielerinnen, an einem „VW Bulli“ aus Holzrahmen. Den gab es zwar schon vorher, doch Bracker hat ihn kurzerhand in Einzelteile zerlegt, mit Scharnieren und Rollen versehen und wieder zusammengesetzt – jetzt lässt sich der „Bulli“ zwischen zwei Szenen ganz schnell auf die Bühne und wieder runter bewegen. Ein Rollator wird zum Polizeiwagen: Eine weitere Herausforderung ist, dass eine der Spielerinnen, Britta Kempf, im Rollstuhl sitzt und nicht ohne Hilfsmittel laufen kann. Weil es keine Rampe zur Bühne gibt, krabbelt sie jedes Mal die Treppenstufen hoch und lässt sich den Rollstuhl nachreichen. Und auf der Bühne spielt sie Rollen, die Leiterin Heidenpeter extra für eine Figur mit Rollstuhl schreibt. Doch als das Team einmal ein fremdes Stück mietete, war Einfallsreichtum gefragt. „Wir haben einen Rollator mit Pappmache und Farbe als Polizeiwagen verkleidet“, berichtet Kempf. „Sogar Blaulicht hatte er.“ Hotel-Komödie um Pleiten, Pech und Pannen: Dieses Mal jedoch spielt sie eine Hotelbesucherin im Rollstuhl. Denn in „Wellness-Tempel Haferkorn“ geht es um drei zerstrittene Schwestern, die ein Hotel erben sollen – vorausgesetzt, sie leiten es ein Jahr lang gemeinsam. Dass es dabei eine Menge witziger Pannen gibt, versteht sich fast von selber. Aufführungen folgen im Oktober: Entstanden ist das Skript mit Hilfe der ganzen Gruppe. Bei Impro-Übungen und anderen Spielen kristallisieren sich jedes Jahr Ideen heraus, aus denen Karin Heidenpeter dann die Szenen baut. Die Hotel-Komödie proben die acht Darsteller seit Anfang des Jahres, aufgeführt wird am Samstag, 20. Oktober, um 19.30 Uhr und am Sonntag, 21. Oktober, um 16 Uhr. Der Vorverkauf läuft bereits. Angst vorm Scheitern: „Es ist jedes Mal ein einziger Horror“: Schon jetzt klappen viele Szenen auswendig und ohne Schwierigkeiten. Doch hat die Hobby-Autorin gar keine Angst, dass mal eines ihrer Stücke beim Publikum einfach nicht gut ankommt und die Witze nicht zünden? „Doch!“, nickt sie wild. „Es ist jedes Mal ein einziger Horror – bis der erste Lacher kommt.“ Lesen Sie auch: August 2018: SET – eines der Angebote im Mehrgenerationenhaus Oktober 2018: So ein Theater – SET präsentiert neustes Stück „Ungeladene Gäste“ Von Frederike Müller

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