Straßenausbau-Beiträge: Eine Übersicht für den Landkreis Peine

Dieses Thema erhitzt die Gemüter: Die Straßenausbau-Beiträge für Anlieger. Ob und in welcher Form sie erhoben werden, darüber entscheidet jede Kommune selbst. Und tatsächlich, im Landkreis Peine werden die Beiträge ganz unterschiedlich umgesetzt – oder eben gar nicht erhoben. Oder sie werden – wie jetzt in Lengede und Vechelde – wieder zur Diskussion gestellt. Der aktuelle Stand in Stadt und Landkreis im Überblick. Peine: Bürgerbefragung zur Strabs wird vorbereitet: Eine Bürgerbefragung zur Straßenausbau-Beitragssatzung (Strabs) hatte Bürgermeister Klaus Saemann im November vergangenen Jahres angekündigt. Die Kernfrage: Zahlen Bürger einmalig, wenn eine Erneuerung vor ihrer Haustür ansteht oder beispielsweise im Falle einer Gegenfinanzierung durch eine Grundsteuererhöhung, oder werden sie dauerhaft zur Kasse gebeten werden, auch wenn in ihrer Straße auf Jahre keine Arbeiten anstehen? Die Bürgerbefragung sei in der Vorbereitung, wie die Stadt mitteilt. Das Ergebnis soll dem Rat der Stadt als Entscheidungsgrundlage dienen. Lesen Sie auch Ortsdurchfahrt Gadenstedt: Bitte um Verzicht auf hohe Vorauszahlungen Edemissen: Gemeinderat entscheidet über Zukunft der Strabs Lengede: SPD möchte Straßenausbau-Beiträge beibehalten So wird in Peine berechnet: Derzeit werden die Beiträge für Straßen in Peine in drei Klassen gegliedert: Anliegerstraßen, Straßen für den innerörtlichen Verkehr und Straßen mit überwiegendem Durchgangsverkehr. „Bei Anliegerstraßen sind das in der Regel 75 Prozent, bei der zweiten Kategorie 50 bis 60 Prozent und bei Straßen mit überwiegend Durchgangsverkehr 25 bis 60 Prozent. Die Straßenausbaubeiträge werden unter allen Eigentümern, Erbbauberechtigten oder Nutzungsberechtigten aller an die Verkehrsanlage angrenzenden Grundstücke aufgeteilt“, so Stadtsprecherin Petra Neumann. Wie geht es weiter? Derzeit sei der Niedersächsische Städtetag darum bemüht, für betroffene Kommunen - wie zum Beispiel auch die Stadt Peine - eine Regelung herbeizuführen, die den Verzicht auf die Erhebung der Beiträge ermöglicht“, so Neumann. Denn, Kommunen, die Kredite zum Ausgleich ihres Haushaltes benötigten, wären gesetzlich dazu verpflichtet (zunächst) Straßenausbaubeiträge zu erheben. Ilsede: Es bleibt bei Vorauszahlungen für Gadenstedter Ortsdurchfahrt: Für die Gemeinde Ilsede wurde im Oktober vergangenes Jahres im Rat beschlossen, dass die Anlieger-Anteilssätze um zehn bis 15 Prozent gesenkt werden. Eine Abzahlung auf Raten ist „ohne Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse“, so Bürgermeister Otto-Heinz Fründt (SPD), möglich. Widerstand hatte sich zuletzt bei der Ortsdurchfahrt Gadenstedt geregt. Anlieger hatten den Rat den Ilseder Rat und die Verwaltung deshalb darum gebeten, von Bescheiden abzusehen und begründen dies mit der Corona-Krise. Der Verwaltungsausschuss der Gemeinde Ilsede hatte das Thema behandelt, mehrheitlich sei dafür gestimmt worden, dass von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden soll, Vorauszahlungen zu erheben, so der Bürgermeister zuvor. Nach dem Kommunalabgabengesetz können Gemeinden für den Ausbau öffentlicher Straßen, Wege, Plätze, selbständiger Parkflächen und Grünanlagen Beiträge von anliegenden Haus- und Grundbesitzern erheben. Der niedersächsische Landtag hatte Ende 2019 dazu Änderungen im Kommunalabgabengesetz (NKAG) beschlossen. Diese ermöglichen es den Kommunen, bei den Straßenausbau-Beiträgen die Anlieger finanziell zu entlasten. Zum Beispiel können die Beitragspflichtigen nun Ratenzahlungen über einen Zeitraum von bis zu 20 Jahren vornehmen. Aufgrund dieser Gesetzesänderung konnten die Satzungen auch in Vechelde und Lengede neu gefasst werden. Vechelde: Strabs steht auf der Kippe: In Vechelde steht ein Kurswechsel an. Die Vechelder SPD will einen Antrag zur Abschaffung der Strabs in den Gemeinderat in der nächsten Sitzung im April einbringen – und revidiert damit ihre Entscheidung zu den Ausbaubeiträgen. Noch im Juni hatte der Gemeinderat mit SPD-Mehrheit beschlossen, die Straßenausbau-Beiträge beizubehalten. Die Vechelder Christdemokraten mit Bürgermeisterkandidat Tobias Grünert sehen im Handeln des Bürgermeisterkandidaten Olaf Marotz (SPD) ein „großes Glaubwürdigkeitsproblem“ und deklarieren das Vorgehen als „Wahlkampfmanöver“. Letzteres, „muss ich mir gefallen lassen, ist aber nicht der Beweggrund“, so Marotz. Die Meinung zur Strabs habe er zwar „damals mitvertreten müssen“, gleichwohl habe er in Gesprächen erlebt, dass dies nicht zu einem Konsens führe und einen Keil in die dörfliche Gemeinschaft getragen habe. Zu Bedenken gibt Marotz auch: „Viele Straßen in Vechelde halten noch viele Jahrzehnte -wir haben ein gutes Straßennetz.“ Für die CDU-Bürgermeisterkandidaten eine Argumentation dafür, dass die Straßenausbaubeiträge von der SPD nicht abgeschafft, sondern lediglich ausgesetzt würden. Die CDU zieht nach: Zur Gemeinderatssitzung reicht die Fraktionen einen Antrag zur sofortigen Abschaffung der Strabs ein. Die Verwaltung soll prüfen, welche Rückzahlungen für bereits erhobene Gebühren möglich sind. So oder so: Olaf Marotz geht davon aus, dass die Strabs auch bei den Landtagswahlen 2022 diskutiert, und womöglich gar niedersachsenweit abgeschafft wird. „Die Hildesheimer SPD hat dazu einen Initiativ-Antrag eingereicht“, sagt der Bürgermeisterkandidat. Dann würden die Straßen überwiegend über den Landeshaushalt finanziert, und nur ein kleiner Teil falle noch auf die Gemeinden. Der Haken an der Sache: Die Gemeinde müsste mit Landesvorgaben zum Straßenausbau rechnen. Edemissen: Mehr Etat im Haushalt für den Straßenausbau: In Edemissen wurden die Straßenausbau-Beiträge zum 1.Januar diesen Jahres im Gemeinderat einstimmig abgeschafft. „Gleichzeitig hat der Gemeinderat den Haushaltsansatz für die Straßenunterhaltung erhöht und anhand einer Prioritätenliste die Reihenfolge von Sanierungsmaßnahmen festgelegt“, so Gemeinde-Sprecher Oliver Völkening. Jährlich sollen 250 000 Euro für die Unterhaltung der gemeindeeigenen Straßen bereit gestellt werden. „Eine Erhöhung der Grundsteuer aufgrund des Wegfalls der Straßenausbaubeiträge ist aufgrund der soliden Finanzwirtschaft der Gemeinde Edemissen derzeit nicht erforderlich“, teilt Völkening mit. Umschwung in der Gemeinde Lengede: Nun doch alles anders in Lengede? Die Straßenausbau-Beiträge sind dort noch über Anlieger geregelt – und entwickelten sich zum Dauerstreitthema. Bislang gegen eine Abschaffung – und nun doch dafür sind die Lengeder Sozialdemokraten. Zur Gemeinderatssitzung am Dienstag reichte die SPD-Fraktion einen Antrag auf „Aufhebung der Satzung Straßenausbaubeiträge“ mit Wirksamkeit zum ersten Januar kommenden Jahres ein. Finanziert werden sollen Straßensanierung künftig über den Verwaltungshaushalt. Eine Begründung soll in der Ratssitzung erfolgen. Die Opposition spricht von einem „billigen Wahlakt“ der SPD. Mit Blick auf die Nachbarkommunen sei die SPD bislang „allein auf weiter Flur der Kompromisslosigkeit“, so der CDU/FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Kramer und fordert eine sofortige Abschaffung der Strabs. Und: Abrechnungen dürften in diesem Jahr nicht mehr erfolgen, Hauseigentümer müssten rückwirkend entschädigt werden. Von Nina Schacht