Das Ganze ist zwar schon etwas her, die Ergebnisse sind aber dennoch spannend. Im Vöhrumer Baugebiet „Nördlich Hainwaldweg“ hatte der Peiner Archäologe Thomas Budde 2016 und 2017 Flächen von insgesamt weit über einem Hektar Größe archäologisch erfasst – eine der größten Ausgrabungen im Landkreis Peine.
„Nun kann resümiert werden“, sagt Budde. „Es ergaben sich drei gut unterscheidbare Ergebniskomplexe: die mittelalterliche Landwehrbefestigung, die spätbronze- bis früheisenzeitliche Siedlung und Feuersteinfunde nicht sesshafter Jäger und Sammler.“
An der Landgrabenniederung wurden Feuersteinwerkzeuge gefunden
Es gab durchaus bemerkenswerte vorgeschichtliche Funde. Auf dem unteren Hang an der Landgrabenniederung etwa wurden Feuersteinwerkzeuge gefunden. Es handelt sich um Klingengeräte, darunter Kratzer und eine querschneidige Pfeilspitze, die an den Übergang von der Mittel- zur Jungsteinzeit gehört. Die Werkzeuge stammen von Jägern und Sammlern oder frühen Ackerbauen, die dort aber nicht sesshaft waren.
Eindeutige Siedlungsfunde stammen dagegen aus der späten Bronze- bis älteren Eisenzeit. Es handelt sich um 77 vollständig ausgegrabene Siedlungsgruben und 243 Einzelfundstellen sowie sogenannte Scherbennester von Gefäßen.
Budde: „Es bestätigte sich, dass die direkte Nähe der Bachniederung nicht gesucht wurde, sondern eher eine erhöhte Position. Wir können wohl von vier bis sechs ehemaligen Hofstellen im jetzigen Baugebiet ausgehen.“ Es spricht viel für eine weite Fortsetzung der Siedlung, die man sich als lockere Aneinanderreihung von Höfen vorstellen muss, auf dem oberen Talhang des Landgrabens.
Bei den Gruben handelt es sich vor allem um Vorrats- und Abfallgruben. Daneben gibt es einige Pfostengruben und drei Herdgruben, angefüllt mit Holzkohle und brandrissigen Feldsteinen. Budde: „Gebäudegrundrisse können nicht rekonstruiert werden.“ Deren Spuren wurden durch spätere Beackerung zerstört. Aber: Durch eine Grube mit einst hineingehängten Webgewichten konnte jedoch ein Gewichtswebstuhl nachgewiesen werden, zu dem ein Webhaus gehört haben muss.
Unter den Funden dominiert naturgemäß die Keramik, daneben Schlachtviehknochen und weiterhin Feuersteinwerkzeuge. Die Keramik stammt häufig von großen Vorratsgefäßen sowie gewöhnlichen Schalen. Als Verzierung treten häufig Fingerkuppeneindrücke als umlaufende Bänder oder auf der Gefäßmündung auf. „Statt Henkeln dominieren einfache Handhaben wie Knubben, Griffleisten und Ösen“, berichtet der Archäologe.
Die Datierung der Keramik in die späte Bronze- bis frühe Eisenzeit wird durch ein Gewandnadel-Fragment mit bronzenem Kugelkopf gestützt, das in das 7./8. Jahrhundert vor Christus gehört. Zweiter bedeutender Metallfund ist ein eiserner Sporengürtelhaken. Diese aus dem süddeutschen keltischen Gebiet stammende Form der Gürtelschließe stammt aus der Frühphase der jüngeren vorrömischen Eisenzeit (5./4. Jahrhundert vor Christus).
Aus derselben Siedlungsgrube wie der Sporengürtelhaken stammt der sicher bedeutendste Fund der Grabung: Eine Tonplastik, die ein menschliches Ohr in stilisierter Form darstellt. An der Rückseite befindet sich ein kleiner rechteckiger Griff. „Dieser in den kultischen Bereich einzuordnende Fund ist einzigartig für die eisenzeitlichen Siedlungen unserer Region“, sagt Budde nicht ohne Stolz.
Weiterhin erwähnenswert ist der mehrfache Nachweis von Textilherstellung durch den Webstuhlbefund und mehrere tönerne Spinnwirteln. In zwei Gruben lagerten größere Mengen weißen Kalkmergels, der aus der Schwicheldter Gegend stammen dürfte. Wozu er verwendet wurde ist unklar – eventuell als Fussbodenestrich.
Warum keine Eisengewinnung?
Auch Eisenverhüttungsreste sind Budde aufgefallen. Obwohl in der Nähe der Fuhseniederung eine Beschaffung des Rohstoffes Raseneisenerz möglich war und die Lage ideal für den Betrieb von Schmelzöfen gewesen wäre, „hat man darauf verzichtet oder die Eisengewinnung noch nicht beherrscht“, so Budde.
Von Alex Leppert