Peine: Verkehrschaos vor Silberkamp-Gymnasium sorgt für großen Ärger

Verkehrschaos herrscht morgens um 8 Uhr und mittags gegen 13 Uhr vor dem Silberkamp-Gymnasium. Viele Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule – und das führt zu teilweise dramatischen Szenen auf der Straße „Am Silberkamp“, wenn etwa 1200 Schüler zu Fuß, Radfahrer. Autofahrer und Busse dort zusammentreffen. Es drohen Unfälle – vor allem am Zebrastreifen. Und jetzt will der Landkreis Peine auch noch einen Zuschuss für das sogenannte „Elterntaxi“ zahlen – das versteht Schulleiterin Ulrike Bock überhaupt nicht. Es gibt weitere landesweite Kritik am „Elterntaxi“-Zuschuss des Kreises Peine. Die Kreiseltern- und Stadtelternräte Peine haben sich laut Roland Mainka getroffen und den „Alleingang des Landkreises“ kritisiert. Warum habe man die Eltern nicht vorher bei der Entscheidung eingebunden? „Es ist klar, dass wegen Corona voll besetzte Schulbusse vermieden werden müssen, aber eine Prämie ist der falsche Weg“, betont Mainka. Vielmehr fordere man sogenannte „Kiss and Ride“-Parkplätze nahe der jeweiligen Schulen, auf denen die Eltern ihre Kinder schnell und gefahrlos aus dem Auto lassen können – ohne den Verkehr zu stören. Diese beschilderten Parkplätze müsse man dann nur zu den Stoßzeiten zur Verfügung stellen. Aus Sicht der Polizei tragen Eltern, die ihre Kinder morgens mit dem Auto zu Schule bringen, nicht unbedingt zur Sicherheit bei. Zwar wollten die Eltern ihre Kinder vor Gefahren schützen. Es komme aber oft unbewusst vor, dass sie dem morgendlichen Stress ausgesetzt seien, ihre Kinder rechtzeitig zur Schule zu bringen und selbst pünktlich bei der Arbeit zu sein, warnt Hannovers Polizeipräsident Volker Kluwe bezüglich des Peiner Vorstoßes. „Durch Elterntaxis erhöht sich der Verkehr vor den Schulen, es wird zu schnell und hektisch gefahren. Einige Eltern lassen ihre Kinder auf der falschen Seite aussteigen. Durch die haltenden Fahrzeuge entstehen Sichtbehinderungen“, zählt er die Risiken auf. Und auch der Senioren-Schutz-Bund Graue Panther Südniedersachsen verurteilt aufs Schärfste die Ideen des Landkreises Peine zur Förderung der sogenannten „Elterntaxis“. Man fordere stattdessen: „Zu Fuß zur Schule und den Unterricht 15 Minuten später beginnen lassen. Schon Turnvater Jahn wusste, dass Bewegung die Gesundheit fördert“, sagt die stellvertretende Vorsitzende Ina-Maria Joost. Bock ist sehr verärgert: „Ich war total überrascht, als ich die diesbezügliche Ankündigung des Landkreises Peine in der PAZ gelesen habe. Warum hat man uns Schulen nicht vorher zu der Sinnhaftigkeit dieser Prämie befragt? Das ist verkehrs- und klimatechnisch eine Katastrophe!“ Hintergrund: Der Kreis will im September eine Kilometerpauschale für Eltern gewähren, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen. Solche sogenannten „Elterntaxis“ sollen die Busunternehmen entlasten, zudem will man mit weniger Kindern im Bus das Risiko von Corona-Infektionen senken. Bocks Stellvertreter Mathias Raabe wird noch deutlicher: „Das ist doch peinlich. Wir erklären unseren Schülern, dass sie möglichst mit dem Rad zur Schule kommen sollen und dann wird ein Zuschuss für Autofahrer ausgerufen. Das Geld könnte man doch viel sinnvoller einsetzen. Warum setzt man zum Beispiel nicht mehr Busse ein, um die Infektionsgefahr der Schüler zu senken?“ Vor der Schule würden jetzt schon Unfälle drohen, und die Gefahr werde durch noch mehr Autos weiter steigen. Außerdem seien wegen des großen Andrangs zum Schulstart und -schluss auch alle umliegenden Straßen verstopft – ein Vorankommen fast unmöglich. Und auch Markus Meyne aus Stederdorf betont: „Ich war gezwungen, unser Kind vom Silberkamp-Gymnasium abzuholen, da die Schüler jetzt ihre Schulbücher erhalten haben. Normalerweise fährt unser Kind mit dem Fahrrad. Was ich dabei erlebt habe, ist echt der Hammer!“ Da die Anfahrt über die gesperrte Ostrandstraße nicht möglich war, musste Meyne sich über den Heideweg bei Essinghausen und die Schäferstraße der Schule nähern. „Überall fuhren große Lastwagen, an die Umleitung hält sich kaum jemand. Auf den Straßen ,Am Silberkamp’, Eulenring und Hans-Gallinis-Straße ging dann gar nichts mehr“, so der Stederdorfer. Es hätte beinahe Unfälle gegeben, „weil die Autofahrer ungeduldig sind, nur an sich denken oder den Zebrastreifen ignorieren“. Eltern können bei der „Elterntaxi“-Regelung 30 Cent pro Kilometer für die einfache Fahrt geltend machen. Sie müssen dafür einen Antrag stellen, Ansprechpartner sind die Schulen oder Fachdienst Schule, Kultur und Sport beim Landkreis Peine. Es soll stichprobenartige Überprüfungen geben. Ihre Busfahrkarten müssen die Schüler nicht abgeben, man will keine Ausschließlichkeit erreichen. Um ein Verkehrschaos vor der Schule zu vermeiden, werden Eltern dringend gebeten, ihre Kinder nicht direkt vor dem Eingang aussteigen zu lassen, sondern im etwas weiteren Umfeld. Zudem weist man darauf hin, dass es wie schon in den Vorjahren auch eine Prämie in Höhe von zehn Euro pro Monat für Schüler gibt, die mit dem Fahrrad zur Schule fahren, anstatt den Bus zu nutzen. Nähere Informationen hierzu gibt es unter www.landkreis-peine.de/Soziales-Bildung/Schule-Kultur-und-Sport/Schule/Schülerbeförderung/Fahrradprämie. Eine andere Mutter, die namentlich nicht genannt werden möchte, hat sich hingegen das „Elterntaxi“-Formular beim Landkreis Peine besorgt – das Silberkamp-Gymnasium hat keine Exemplare erhalten. Sie sagt: „Wir wohnen in Edemissen, und mein Sohn, der sich verletzt hat, kann nicht täglich 24 Kilometer mit dem Rad fahren. Daher werde ich ihn mit dem Auto zur Schule bringen und den Zuschuss beantragen.“ Kreissprecher Fabian Laaß reagiert auf die Kritik und sagt: „Diese Testphase ist nicht dazu gedacht, Eltern, deren Kinder derzeit zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Schule kommen, dazu zu bewegen, den Schulweg künftig mit dem Auto zu bestreiten. Ganz im Gegenteil. Für Kinder, die die Schülersammelzeitkarte im Sekretariat abgeben, gibt es eine Fahrradprämie von monatlich zehn Euro.“ Zudem möchte er an die Vernunft der Eltern appellieren, ihre Kinder nicht direkt vor der Schule abzusetzen, sondern sich Nebenstraßen und Standorte in der Nähe im Umfeld von mindestens 200 bis 300 Metern zu suchen. Gefährliche Situationen vor den Schulen zu erzeugen, könne nicht im Interesse aller Beteiligten sein. Die Kilometerpauschale sei vor allem als finanzielle Entschädigung für die Eltern gedacht, die ihre Kinder aus Angst einer Corona-Infektion nicht mit dem Bus fahren lassen möchten und um überfüllte Busse mit damit einhergehendem, höheren Infektionsrisiko zu vermeiden. „Der Landkreis Peine steht zwar im Austausch mit den Busunternehmen, hat dieses aber nicht beauftragt. Der Aufgabenwahrnehmer ist der Regionalverband Großraum Braunschweig. Der Kauf von Bussen ist demnach nicht Aufgabe des Kreises“, erklärt Laaß.. Von Thomas Kröger